"Friends": Die US-Kultserie kehrt zurück
27. Mai 2021Als Monica, Rachel, Phoebe, Chandler, Ross und Joey am 22. September 1994 das erste Mal auf der orangefarbenen Couch im fiktiven New Yorker Café "Central Perk" Platz nahmen, ahnte keiner, welchen Kultstatus diese Serie einmal erlangen würde. Schnell gewann die Sitcom Fans auf der ganzen Welt - und so kennt heute fast jeder Mittdreißiger die Höhen und Tiefen der sechs Charaktere. Eingefleischte Fans können sogar ganze Dialoge mitsprechen, haben die DVD-Sammlung mit allen 236 Folgen im Schrank stehen und gucken jedes Jahr die 10 Staffeln wieder aufs Neue. Was war das Besondere an dieser Serie und wieso hat sie so eine große Anhängerschaft? Der Versuch einer ausgewogenen Analyse eines absoluten Friends-Fans.
Die Serie war ihrer Zeit weit voraus
Für die wenigen, die die Serie nicht kennen, hier eine sehr kurze Synopsis: Sechs Freunde, Mitte Zwanzig mit unterschiedlichsten Hintergründen und Interessen, verbringen viel Zeit im Café "Central Perk". Da ist Monica, gespielt von Courtney Cox, die vor ihrem 18. Lebensjahr übergewichtig war, einen ausgeprägten Ordnungs- und Putzzwang hat und zum Schluss der Serie mit Unfruchtbarkeit zu kämpfen hat. Rachel, gespielt von Jennifer Aniston, ist Monicas beste Freundin, sie kommt aus reichem Elternhaus und tauscht die scheinbar perfekte Ehe gegen harte Arbeit und Unabhängigkeit ein. Phoebe (Lisa Kudrow), die Schrägste im Bunde, ist das komplette Gegenteil von Rachel - als Waisenkind auf der Straße aufgewachsen, Vegetarierin und Leihmutter für die Drillinge ihres Halbbruders. Ross (David Schwimmer), der Bruder von Monica, ist Doktor der Paläontologe, seine drei Ehen gehen in die Brüche, seine erste Frau, mit der er ein Kind hat, outet sich als lesbisch und zieht zu ihrer Freundin.
Dann ist da Chandler (Matthew Perry), Ross' bester Freund, er verliebt sich in Monica und beide heiraten und adoptieren zwei Kinder. Er hat Angst, Beziehungen einzugehen, was unter anderem daran liegt, dass seine Eltern geschieden sind und er eine einsame Kindheit hatte; zu seinem Vater, einer transsexuellen Drag, knüpft er erst später im Leben wieder Kontakt. Und schließlich noch Joey (Matt LeBlanc), mit italienischen Wurzeln, ein mediokrer Schauspieler, der weniger durch Intelligenz als durch Charme überzeugt. Er liebt Frauen und Essen und nimmt das Leben mit Leichtigkeit und naiver Gelassenheit.
Was ist also das Erfolgsrezept, wo doch in den 1990ern so viele Sitcoms mit ähnlichem Setting und vergleichbaren Erzählsträngen im Fernsehen liefen. Was unterscheidet "Eine schrecklich nette Familie", "Full House" und "Die Nanny" von "Friends"?
Für ihre Zeit war die US-Kultserie progressiv und bediente sich nicht der üblichen Klischees, die anderen Sitcoms die gewünschte Aufmerksamkeit bescherten. In dieser Hinsicht war "Friends" revolutionär, mehr als eine reine Sitcom - sie war Popkultur.
Um dies unter Beweis zu stellen, hier ein paar Beispiele aus der Serie: Dass Ross' erste Frau in einer homosexuellen Beziehung lebt, wird von vornherein als eine Selbstverständlichkeit dargestellt. Generell werden den Frauen in der Serie starke Charakterzüge zugesprochen - so macht Monica ihr eigenes Catering-Business auf und Phoebe ist schon seit jungen Jahren, nachdem sich ihre Mutter das Leben genommen hat, sehr selbstständig.
Auch Rachel, die anfangs sehr verzogen ist und von dem Geld ihrer Eltern lebt, lernt im Laufe der Serie, sich im Beruf durchzusetzen und steigt die Karriereleiter nach oben. Für die 1990er-Jahre, als Feminismus noch nicht so laut und mainstream war, eine ziemlich fortschrittliche Darstellung. Wie Chandler sagen würde: Could it be more progressive? Und so sprechen "Friends” Themen an, die damals noch kaum Akzeptanz in der Gesellschaft hatten oder nicht so präsent in den Medien waren: alleinerziehende Mütter, homosexuelle Frauen, die ein Kind gemeinsam großziehen, Leihmutterschaft und Adoption sowie Männer, die mit ihrer Männlichkeit hadern.
Kritische Stimmen von jüngeren Generationen
Doch während die Fans euphorisch die Serie für ihre Fortschrittlichkeit feiern, werden auch kritische Stimmen laut. Vor allem die Millenials, die sogenannte Generation Z, übt laut Kritik an der Sitcom. So finden einige Zuschauer den Anmachspruch von Joey "How you doin'" sexistisch und frauenfeindlich. Auf Unverständnis stoßen auch die Gags, die über Monica gemacht werden, als sie noch fettleibig ist. Sicherlich kann das Schönheitsideal, das in der Serie vorgelebt wurde, kritisiert werden - das Thema Bodypositivity hatten die Macher von "Friends" noch nicht auf dem Radar und so tappt mancher Gag ins Fettnäpfchen. Auch dass alle Hauptdarsteller weiß waren, ist für einige Zuschauer nicht akzeptabel, obwohl es mehrere Nebenfiguren gab, wie zwei Freundinnen von Ross, die asiatisch bzw. schwarz waren.
Für Millennials geht die Serie also nicht weit genug, aber welche Serie von damals würde überhaupt den heutigen Maßstab erfüllen?
Ob es korrekt ist, eine Serie aus dem kulturellen zeitlichen Kontext zu reißen und an dem heutigen politisch korrekten Maßstab zu messen, ist fragwürdig.
Und wie geht es weiter?
Obwohl die Serie bereits 2004 zu Ende ging, bleibt ihre Popularität jedenfalls ungebrochen. Das Erfolgskonzept von Friends wurde vielfach kopiert und gilt als Basis für weitere bekannte Serien wie "How I met your mother" oder "Big Bang Theory". Am 27. Mai zeigt HBO Max (in Deutschland Sky) nun die langersehnte "Reunion”. Ein Special, in dem die sechs Freunde wieder zusammenkommen und an die alte Zeit denken. Nicht viel ist durchgesickert, der Trailer ist vielversprechend und emotional. Und die Schauspieler: aufgeregt. Es fühle sich an wie eine Familienreunion, sagt Jennifer Aniston. "Ich habe keine Schwestern. Das ist für mich, was Schwestern sind", sagt die Schauspielerin in Bezug auf ihre beiden Kolleginnen. "Es ist witzig, wenn wir zusammenkommen und fühlt sich an, als ob die Zeit nie vergangen wäre. Wir haben da weitergemacht, wo wir aufgehört haben", sagte Matt LeBlanc (Joey).
Die Stars von Friends waren eigentlich nie weg, sie waren nur "on a break".