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Politik

Frontex-Chef Leggeri tritt zurück

29. April 2022

Hat die EU-Grenzschutzagentur Frontex illegale Praktiken im Umgang mit Migranten gedeckt oder sich sogar daran beteiligt? Der Chef zieht nun die Reißleine.

EU-Frontex-Direktor Fabrice Leggeris | Rücktritt
Fabrice Leggeri übernahm 2015 die Führung der EU-Grenzschutzagentur Frontex (Archivbild)Bild: Virginia Mayo/AP Photo/picture alliance

Der Leiter der EU-Grenzschutzagentur Frontex, Fabrice Leggeri, tritt mit sofortiger Wirkung zurück. Übergangsweise werde seine Stellvertreterin Aija Kalnaja die Amtsgeschäfte übernehmen, teilte der Frontex-Verwaltungsrat mit, in dem auch Deutschland einen Sitz hat. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums begrüßte Leggeris Schritt. Dies eröffne die Möglichkeit eines "Neuanfangs".

Der 54-jährige Franzose war im Zusammenhang mit Berichten über Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen massiv unter Druck geraten. Auch Frontex-Einheiten sollen darin verwickelt sein. Konkret geht es um sogenannte Pushbacks, die völkerrechtswidrig sind. Dabei handelt es sich um das gezielte Abdrängen von Migranten, die über die EU-Außengrenzen kommen wollen, oder um deren heimliche Abschiebung. Vor allem aus Griechenland gab es immer wieder solche Berichte, aber auch aus Polen.

Vorwurf der Vertuschung

Zuletzt hatten der "Spiegel" und das niederländische Recherchenetzwerk "Lighthouse Reports" berichtet, Frontex sei in Menschenrechtsverstöße gegen Schutzsuchende in der Ägäis verwickelt. Dort sollen die europäischen Grenzschützer Flüchtlingsboote erspäht und gestoppt haben. Den illegalen Pushback überließen sie demnach den griechischen Grenzschützern. Leggeri habe über Monate hinweg versucht, das Vorgehen zu vertuschen.

Protest in Athen gegen mutmaßliche Pushbacks (Archivbild)Bild: Louisa Gouliamaki/AFP/Getty Images

Die deutsche Hilfsorganisation Sea Watch, die sich für die Rettung von Bootsflüchtlingen im Mittelmeer einsetzt, nannte den Rücktritt "überfällig, aber nicht ausreichend". Die Grenzagentur breche "systematisch Menschenrecht" und sei ein "Symbol tödlicher europäischer Abschottung". Sie müsse deshalb abgeschafft werden.

Sprecher der EU-Kommission in Brüssel wiesen Rufe nach einer Auflösung von Frontex zurück. Die Agentur erfülle eine zentrale Rolle, indem sie die Mitgliedstaaten beim Schutz der Außengrenzen unterstütze und "zugleich die Grundrechte hochhalte". Dafür müsse Frontex aber stabil sein und gut funktionieren.

OLAF macht Druck

Leggeri steht seit 2015 an der Spitze der EU-Behörde mit Sitz in Warschau. Zuletzt war der gebürtige Korse wegen der Vorwürfe ins Visier des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung (OLAF) geraten. Dieses werfe ihm in einem bisher unveröffentlichten Bericht vor, Verfahrensregeln nicht eingehalten und sich "illoyal gegenüber der Europäischen Union" verhalten zu haben, schreibt das französische Magazin "Le Point". OLAF will in Kürze die Ergebnisse der langjährigen Untersuchung vorstellen.

Frontex war 2004 im Zuge der EU-Osterweiterung ins Leben gerufen worden. Für den eigentlichen Grenzschutz sind weiterhin die Mitgliedstaaten zuständig. Die Agentur soll für ein gemeinsames Management der Außengrenzen sorgen und nationale Grenzschutzeinheiten bei Bedarf effektiv unterstützen.

jj/uh (dpa, afp, epd, kna)

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