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Fukushima: Kein Schadenersatz vom Staat

17. Juni 2022

Japans höchstes Gericht hat geurteilt: Die Opfer der Atomkatastrophe von Fukushima können nicht den Staat zur Verantwortung ziehen. Der Rechtsweg ist ausgeschöpft, die Enttäuschung bei den Betroffenen groß.

Explosion im Atomkraftwerk Fukushima (im März 2011)
Explosion im Atomkraftwerk Fukushima (im März 2011): Lebensgrundlage von Anwohnern zerstörtBild: ABC TV/dpa/picture alliance / dpa

Der Oberste Gerichtshof Japans hat entschieden, dass der Staat nicht für die Atomkatastrophe von Fukushima im Jahr 2011 haftbar ist. Japans Regierung müsse keine Zahlungen an Menschen leisten, deren Lebensgrundlage zerstört wurde, urteilten die Richter in einem Präzedenzfall. Sie wiesen damit eine Forderung Tausender Bürger zurück, die ihre verstrahlte Heimat rund um den Reaktor verlassen mussten.

Es ist das erste letztinstanzliche Urteil in einer Reihe von ähnlichen Rechtsfällen. Mehr als zehn Jahre nach dem durch einen Tsunami ausgelösten Reaktor-Unglück ist damit der Rechtsweg erschöpft.

Vorhersehbare Katastrophe?

Das Gericht musste entscheiden, ob der Staat die Katastrophe vorhersehen konnte oder fahrlässig gehandelt hat. Die vier Richter unter dem Vorsitz von Hiroyuki Kanno urteilten, dass die Regierung nicht haftbar gemacht werden kann, da die Schäden durch einen massiven Tsunami, der das Kraftwerk traf, nicht hätten verhindert werden können. Und zwar auch dann nicht, wenn der Industrieminister von seiner Regulierungsbefugnis Gebrauch gemacht und den Kraftwerksbetreiber angewiesen hätte, auf der Grundlage einer damaligen Tsunami-Gefahrenabschätzung den Schutzdamm zum Meer hin zu verstärken.

Opfer-Anwalt Managi: "Absolut inakzeptabel"Bild: Eugene Hoshiko/AP Photo/picture alliance

Die aktuelle Entscheidung des höchsten Gerichts könnte sich auf etwa 30 ähnliche Klagen auswirken, die im ganzen Land anhängig sind. "Die Entscheidung ist absolut inakzeptabel", sagte Opfer-Anwalt Izutaro Managi. Das Gericht habe sich den von den Klägern aufgeworfenen Fragen nicht gestellt und habe diese nicht beantwortet. Das Urteil gehe nicht angemessen darauf ein, ob die Katastrophe vorhersehbar war und hätte vermieden werden können, wenn die Regierung geeignete Maßnahmen ergriffen hätte.

Enttäuschung und Empörung bei den Opfern

Zu den Klägern gehörte auch Seiju Nanbara. Er musste sein Haus in Minamisoma verlassen, das nördlich der Atomruine liegt. Er und andere Kläger seien angesichts des Urteils sprachlos, weil sie so enttäuscht seien. Hunderte Fukushima-Geschädigte und deren Unterstützer zeigten sich vor dem Gerichtsgebäude verärgert. Viele machten deutlich, dass sie ihren Kampf in den anhängigen Verfahren fortsetzen werden. "Wir dürfen nicht zulassen, dass dieses Urteil die anhängigen Verfahren beeinträchtigt", sagte Anwalt Managi.

Demonstrationen vor dem Obersten Gericht: "Wir kämpfen weiter"Bild: Shuhei Yokoyama/AP Photo/picture alliance

Im März hatten die Kläger in einem anderen Verfahren gegen den Kraftwerksbetreiber TEPCO gewonnen. Der Oberste Gerichtshof hatte damals bestätigt, dass TEPCO Schadenersatz in Höhe von 1,4 Milliarden Yen (umgerechnet knapp 10 Millionen Euro) an etwa 3700 Betroffene zahlen muss. "Unabhängig von der Entscheidung werden wir die von der Katastrophe betroffenen Menschen unterstützen", sagte der japanische Regierungssprecher Hirokazu Matsuno damals zu diesem Urteil.

Ein Erdbeben und ein anschließender Tsunami hatten 2011 in Fukushima einen GAU (größter anzunehmender Unfall) verursacht. In der Folge mussten Hunderttausende Menschen ihre Heimat verlassen. Es war die schwerste Atomkatastrophe seit dem Reaktor-Unglück im ukrainischen Tschernobyl im Jahr 1986.

AR/jj (rtr, ap)

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