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Politik

"Furcht vor Hardlinern trieb viele Iraner an die Urnen"

20. Mai 2017

Die hohe Wahlbeteiligung im Iran kam vor allem den Reformern zugute, berichtet DW-Korrespondentin Theresa Tropper. Nach seinem Wahlsieg steht der moderate Reformer Hassan Rohani nun unter hohem Erwartungsdruck.

Iran Präsidentscgaftswahl
Eine Anhängerin des moderaten Reformers Rohani Bild: jamnews.ir

Hassan Rohani hat die Wahlen gewinnen. Haben Sie das Ergebnis erwartet?

Vor ein paar Monaten sind die allermeisten Menschen - im Iran wie auch weltweit - davon ausgegangen, dass Rohani auf jeden Fall wieder gewählt würde. Dann aber hatte die Kampagne des konservativen Gegenkandidaten Ebrahim Raeissi enorm an Schwung gewonnen. Er hatte sich stark auf die Wirtschaft konzentriert und viele Versprechen gemacht. So hat er etwa versprochen, dass Wasser und Elektrizität kostenlos sein würden. Auch wollte er die Geldgeschenke an die Armen verdreifachen. Das kam natürlich gut an in einer Zeit, in der die Wirtschaft schlecht läuft und die Arbeitslosigkeit bei über zehn Prozent liegt. Darum war die letzte Phase des Wahlkampfes dann wieder sehr spannend.

Dass Rohani es schaffen könnte, hatte ich erst am Wahltag wieder angenommen, als ich in den Wahllokalen sah, wie hoch die Wahlbeteiligung ist. Denn normalerweise gehen die Anhänger der Konservativen grundsätzlich zur Wahl, während die Anhänger der Reformer das nicht unbedingt tun. Denn viele von ihnen sind der Ansicht, dass das Ergebnis ohnehin keinen Unterschied macht. 

Was könnte die Anhänger der Reformer bewegt haben, nun doch an der Wahl teilzunehmen?

DW-Korrespondentin Theresa Tropper berichtet zurzeit aus Teheran

Zum einen die Überzeugung, dass Rohanis Politik in den letzten vier Jahren richtig war: das Atomabkommen, die Annäherung an den Westen, generell eine Politik der Deeskalation. Zwar sind viele seiner Anhänger nicht zu hundert Prozent zufrieden, da sie sich mehr erhofft hatten, etwa mit Blick auf Meinungsfreiheit und Frauenrechte. Auch hatten sie - bislang vergeblich - auf die Freilassung der politischen Gefangenen, etwa der Anführer der sogenannten Grünen Revolution aus dem Jahr 2009, gehofft. Viele der Anführer stehen ja nach wie vor unter Hausarrest.

Andere waren enttäuscht, weil die wirtschaftliche Entwicklung hinter ihren Erwartungen zurückblieb. Zwar gibt es Erfolge, etwa einen drastischen Rückgang der Inflation. Aber das ist bei den Menschen noch nicht so angekommen, viele haben noch keine Verbesserung in ihrem persönlichen Leben gesehen. Viele dürften sich dann aber gedacht haben, dass Raeissi die einzige Alternative zu Rohani ist. Und wenn der gewählt würde, dann würde sich die Politik des Landes fundamental ändern. Diese Vorstellung dürfte dann doch viele von Rohanis Anhängern an die Wahlurnen getrieben haben.

Was erwarten Sie von seiner kommenden Amtszeit in außenpolitischer Hinsicht?

Außenpolitisch hat der iranische Präsident nur geringen Einfluss. Die obersten Linien gibt der oberste Religionsführer, Ayatollah Chamenei, vor. Unabhängig davon wird Rohani aber seinen Kurs der Entspannungspolitik fortsetzen. Er hat vor der Wahl erklärt, dass der schlechte Zustand der iranischen Wirtschaft in Teilen auf die weiter bestehenden Sanktionen zurückgeht. Diese Sanktionen haben nichts mit dem Nuklearabkommen zu tun, sondern bestehen aufgrund der Verletzung von Menschenrechten. Rohani hat versprochen, in neue Verhandlungen mit den USA zu treten, damit auch diese Sanktionen aufgehoben werden. Im Rahmen seiner Möglichkeiten will er den Weg der letzten Jahre weitergehen.

Wie sehen Sie das Verhältnis der beiden Wählergruppen - der Anhänger der Konservativen und jener der Reformer - zueinander?

Da gibt es sehr wenige Kontakte. Beide Lager sind in sich sehr harmonisch, haben aber sehr wenig miteinander zu tun. Es handelt sich um zwei völlig unterschiedliche Schichten. Die Anhänger Rohanis entstammen überwiegend der Gruppe der gut ausgebildeten und aufgeschlossenen Stadtbewohner. Die Anhänger von Raeissi hingegen sind erheblich religiöser. Überwiegend gehören sie auch der ärmeren Schicht an. Ich habe noch nie von Spannungen zwischen den beiden Lagern gehört - aber auch noch nicht von Heiraten zwischen Angehörigen dieser beiden Gruppen. 

Welche Chancen hat der künftige Dialog des Westens, insbesondere Deutschlands, mit dem Iran?

Die deutsche Wirtschaft hat ein großes Interesse an Geschäften mit dem Iran. Das wäre bei einem Wahlsieg Raeissis zu Ende gewesen. Der hatte erklärt, der Schlüssel für alle Probleme des Irans liege im Iran selbst. Deswegen sei es falsch, Lösungen außerhalb des Landes zu suchen - auch für die wirtschaftlichen Probleme. Bei einem Wahlsieg Raeissis wäre der zarte Aufschwung der Zusammenarbeit beider Länder also im Keim erstickt worden. Nun aber dürfte es weitergehen, wenn auch mit den bekannten Einschränkungen. Aufgrund der Sanktionen gibt es immer noch keinen einfachen Cash Flow zwischen den beiden Ländern. Man kann etwa immer noch nicht mit Kreditkarte bezahlen, auch Überweisungen sind schwierig. Deutsche Firmen, die hier Handel treiben, müssen immer noch fürchten, von den USA sanktioniert zu werden, wenn sie etwa mit Firmen zusammenarbeiten, die irgendwie mit den Revolutionsgarden zu tun haben. Wenn es Rohani aber gelingt, diese Sanktionen aufheben zu lassen, dann dürfte das auch den iranisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen sehr zugute kommen.

Das Interview führte Kersten Knipp.

Theresa Tropper berichtet für die DW aus dem Iran.

Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika
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