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Thomas Müller unterschreibt Vertrag in Vancouver

Chuck Penfold
7. August 2025

Thomas Müller spielt künftig für die Vancouver Whitecaps in der Major League Soccer. Der Wechsel nach Kanada ist ein ungewöhnlicher Schritt für einen der wohl ungewöhnlichsten Spieler des deutschen Fußballs.

Thomas Müller im Trikot des FC Bayern München lacht und hebt den Daumen
Thomas Müller setzt seine Fußballkarriere bei den Vancouver Whitecaps fortBild: picture alliance / DeFodi Images

Als Thomas Müller kürzlich in einem Instagram-Post ankündigte, dass er seine Karriere "über'n großen Teich" fortsetze, wurde schnell berichtet, dass die hellen Lichter der Filmmetropole Los Angeles sein Ziel wären.

Doch Thomas Müller wäre nicht Thomas Müller, wenn er nicht auch abseits des Spielfelds eine ungewöhnliche Entscheidung treffen würde. Der bald 36-Jährige, der während seiner gesamten Karriere seine Gegner auf dem Spielfeld mit unorthodoxen Aktionen überraschte, machte nun auch bei seinem Vereinswechsel nach 25 Jahren beim FC Bayern etwas Unerwartetes.

Zwar zieht es ihn an die Westküste Nordamerikas, allerdings nicht nach LA, sondern ein gutes Stück nördlicher, nach Vancouver im Südwesten Kanadas.

Für die Fans des dort ansässigen Fußballklubs, der Vancouver Whitecaps, ist die Verpflichtung des deutschen Weltmeisters nicht hoch genug einzuschätzen.

Anders als die kanadischen Rivalen Toronto FC und CF Montreal war Vancouver bisher keineswegs dafür bekannt, große Transfers für viel Geld zu tätigen.

Deutscher Sportdirektor in Vancouver

Der Deutsche Axel Schuster ist seit sechs Jahren Vorstandsvorsitzender und Sportdirektor der Whitecaps. Von Anfang an erwarb er sich den Ruf eines Schnäppchenjägers, der lieber junge Spieler mit großem Potential verpflichtet als teure Stars.

Der Deutsche Axel Schuster ist seit sechs Jahren Sportdirektor bei den Vancouver WhitecapsBild: Ethan Cairns/The Canadian Press/empics/picture alliance

In aller Ruhe hat Schuster, der zuvor in der sportlichen Führung der Bundesliga-Klubs FSV Mainz 05 und FC Schalke 04 gearbeitet hat, ein Team aufgebaut, das in der Major League Soccer (MLS) um den Titel mitspielen kann.

Zur Halbzeit der Saison liegen die Whitecaps auf dem zweiten Platz der Western Conference. Nun fragen sich die Fans: Könnte Müller genau das fehlende Puzzleteil sein, das Vancouver an die Spitze befördert?

"Raumdeuter" und "Radio Müller"

Müller war zwar nie der schnellste oder physisch stärkste Spieler, hat jedoch die spezielle Gabe, oft zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Diese Intuition verschaffte ihm den Spitznamen "Raumdeuter".

"Er hat eine große Spielintelligenz. Er weiß, was er tun muss, er weiß, was er der Mannschaft geben muss", sagte der kanadische Fußballkommentator Jordan Wilson kürzlich auf "One Soccer".

Es gebe daher nur wenige Mannschaften auf der Welt, die nicht von Müllers Stärken profitieren würden. "Er wird sich schnell in jede Mannschaft einfügen, besonders in die der Whitecaps", sagte Wilson. "Ich denke, er wäre die perfekte Person - Profil, Einstellung und Persönlichkeit -, um in diese Mannschaft zu kommen."

 

Thomas Müller wird von den Fans des FC Bayern verehrtBild: Revierfoto/dpa/picture alliance

Seine Mitspieler in München nannten den Angreifer auch "Radio Müller", weil er auf und neben dem Spielfeld unentwegt kommunizierte. Die Kombination aus seinem Spielstil und seinen Führungsqualitäten auf dem Platz lässt viele daran glauben, dass Müller mehr ist als nur ein weiterer berühmter Spieler, der im Ausland seine Karriere ausklingen lässt.

Allerdings ist es auch Fakt, dass Müller in der vergangenen Saison beim FC Bayern die wenigsten Bundesliga-Minuten seiner gesamten Karriere gespielt hat und oft nur Ergänzungsspieler war. Der Schlüssel könnte also darin liegen, Müller in kurzen Phasen optimal einzusetzen. 

Müller eine internationale Marke

Müllers Vertrag läuft zwar erst einmal nur für den Rest der MLS-Saison 2025 - mit einer Option für 2026 -, sein Einfluss abseits des Spielfelds könnte aber einen längerfristig sein.

Denn ob im Verein oder in der Nationalmannschaft - Müller hat sich im Laufe der Jahre eine Marke rund um seine freundliche und bodenständige Persönlichkeit aufgebaut. Mit fast 15 Millionen Instagram-Followern ist Müller auf der ganzen Welt beliebt und wird so auch die MLS in Europa und Deutschland mehr in den Fokus rücken.

Zudem hat der Deutsche in seiner Karriere so ziemlich alles erlebt und kann auf einen enormen Erfahrungsschatz zurückgreifen, unter anderem hat er zweimal die Champions League gewonnen und stemmte 2014 in Brasilien den Weltmeister-Pokal in den Himmel. Für Bayern München absolvierte er über 750 Pflichtspiele.

Thomas Müller (Mitte) gewann mit Deutschland 2014 die WeltmeisterschaftBild: Andreas Gebert/dpa/picture alliance

Die Mannschaft der Whitecaps ist im Schnitt unter 26 Jahre alt. Deswegen sieht Wilson in der Verpflichtung von Müller die große Chance für jüngere Spieler, von ihm zu lernen.

"Er ist ein Gewinner", sagte Wilson. "Er weiß, wie er Fußball spielen will, und ich denke, er wird das Beste aus den Spielern um ihn herum herausholen."

Nach Vertragsunterzeichnung machte Müller auf Instagram seinen Anspruch klar: "Ich komme nicht, um die Stadt zu besuchen, ich komme nach Vancouver, um Titel zu gewinnen."

Europäische Stars in der MLS gefloppt

Es gibt allerdings nicht nur positive Reaktionen zum Engagement Thomas Müllers. Einige warnen, dass die Geschichte der MLS gezeigt habe, dass die Verpflichtung eines europäischen (Ex-)Stars noch keine Erfolgsgarantie ist.

Die italienischen Nationalspieler Federico Bernardeschi (l.) und Lorenzo Insigne (r.) und spielten drei Jahre lang für TorontoBild: Chris Young/The Canadian Press/picture alliance

Der FC Toronto ist vielleicht das beste Beispiel dafür, wie schief eine Verpflichtung laufen kann. Der Klub trennte sich Anfang Juli von den italienischen Stars Lorenzo Insigne und Federico Bernardeschi, in die man vor drei Jahren  noch große Hoffnungen gesetzt hatte.

Und sie sind bei weitem nicht die einzigen Europäer, die in der MLS nicht überzeugen konnten.

Passt Müllers Art nach Vancouver?

Es wurden auch Bedenken wegen Müllers Alter geäußert, insbesondere angesichts des hochintensiven Spielstils, den Jesper Sörensen, der dänische Trainer der Whitecaps, bevorzugt. Die ehemalige kanadische Nationalspielerin Amy Walsh wies im Podcast "Footy Prime" jedoch darauf hin, dass Müller sich noch nie auf sein Tempo verlassen habe, um effektiv zu sein. "Ich denke, dass er durch seine Intelligenz, sein taktisches Geschick und seinen fußballerischen IQ in der Lage sein wird, herauszufinden, wie er Energie sparen kann", sagte Walsh.

Fans euphorisch

Sieben Jahre ist es her, dass der vielleicht aufregendste Spieler, der jemals aus Kanada kam, Alphonso Davies, die Whitecaps verließ, um bei Bayern ein Teamkollege Müllers zu werden.

Bayern-Verteidiger Alphonso Davies spielte zuvor bei den Vancouver WhitecapsBild: Darryl Dyck/THE CANADIAN PRESS/empics/picture alliance

Jetzt ist Müller in die entgegengesetzte Richtung unterwegs und hat die Schönheit Südbayerns am Rande der Alpen gegen die jene Vancouvers - eingebettet zwischen den Rocky Mountains - eingetauscht.

Oberflächlich betrachtet, scheint der unbeschwerte Müller gut in das entspannte Vancouver zu passen. Für die Fans der Whitecaps könnte dies die aufregendste Nachricht seit 1979 sein, als der Klub unter anderem Namen Nordamerika-Meister wurde.

Oder wie es ein Fan in einem Kommentar auf YouTube ausdrückte: "Das erinnert mich an die Zeit, als die Whitecaps 1979 Alan Ball [ehemaliger englischer Nationalspieler - Anm. d. Red.] verpflichteten und im selben Jahr den Soccer Bowl gewannen."

Dieser Artikel wurde aus dem englischen Original "Thomas Müller signs for Vancouver Whitecaps" adaptiert.

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