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PolitikMexiko

Görlach Global: Die USA brauchen Mexiko - auch nach der Wahl

Alexander Görlach - Carnegie Council for Ethics in International Affairs
Alexander Görlach
3. Juni 2024

Mexiko wird erstmals von einer Frau geführt: Claudia Sheinbaum übernimmt als Präsidentin von Andrés Manuel López Obrador. Eine Herausforderung aber bleibt gleich: das Verhältnis zu den USA, meint Alexander Görlach.

Mexikos neue neue Präsidentin Claudia Sheinbaum - hier kurz nach ihrer eigenen Stimmabgabe am SonntagBild: Daniel Becerril/REUTERS

Bestimmend für den Erfolg oder Misserfolg der neuen Präsidentin wird das Verhältnis zum nördlichen Nachbarn. Die Vereinigten Staaten von Amerika teilen mit Mexiko eine mehr als 3000 Kilometer lange Grenze. Im Wahlkampf hat Claudia Sheinbaum selbstbewusst Richtung USA ausgeteilt und angekündigt, sich von Washington keine Vorschriften machen lassen zu wollen.

Vor allem beim Thema Immigration schlagen die Wellen hoch: In den ersten Monaten dieses Jahres kamen so viele Menschen über die Grenze in die USA wie sonst in einem Jahr nicht. Washington dringt daher darauf, dass der südliche Nachbar die irreguläre Migration unterbindet.

Dabei unterscheiden sich demokratische oder republikanische Regierungen nur im Ton, nicht in der Sache. Unter dem demokratischen US-Präsidenten Barack Obama wurden mehr Menschen nach Mexiko zurückgeschickt als unter seinem republikanischen Vorgänger George W. Bush. Donald Trump, der mit größter Wahrscheinlichkeit im Juli erneut zum Kandidaten der Republikaner ausgerufen werden wird, kann das nicht auf sich sitzen lassen. Er hat deshalb bereits die "größte Deportation in der Geschichte der USA" Richtung Mexiko angekündigt, sollte er ins Weiße Haus zurückkehren.

Migranten aus Mexiko - Wirtschaftswachstum in den USA

Solche Deportationen gab es immer wieder in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Zwischen den Jahren 1929 und 1939 soll das bis zu zwei Millionen Menschen betroffen haben, drunter auch Mexikaner, die bereits US-amerikanische Staatsbürger geworden waren.

DW-Kolumnist Alexander GörlachBild: privat

Bereits 1882 hatte der Chinese Exclusion Act es ermöglicht, Menschen, die zuvor beim Eisenbahnbau in den USA geschuftet hatten, zurück ins Kaiserreich China zu schicken. Mittlerweile kommen über die südliche Grenze auch Einwanderer aus China. Sie reisen visumfrei nach Ecuador und schlagen sich von dort aus mit Hilfe von Schleppern in die Vereinigten Staaten durch.

Damals wie heute könnte die US-amerikanische Wirtschaft ohne die häufig gering bezahlten Arbeitskräfte aus dem Süden nicht florieren. Mexikaner übernehmen oft Aufgaben, die die Einheimischen scheuen. Ihre monatlichen Geldsendungen in die Heimat tragen dazu bei, ihre Familien zu ernähren und deren Leben in Mexiko zu ermöglichen.

Ohne diesen Mechanismus kämen möglicherweise mehr Immigranten illegal über die Grenze. Mit einer massenhaften Ausweisung würde eine zweite Trump-Regierung also wahrscheinlich das Gegenteil von dem erreichen, was ihr vorschwebt.

NAFTA: Das Freihandelsabkommen verbindet

Die Verflechtung der Volkswirtschaften geht noch weiter: Sie betrifft auch China. Zwar wird in den USA viel über ein De-Risking, also eine Entkopplung der heimischen Industrie von China gesprochen. Doch der Handel mit der Volksrepublik hat im vergangenen Jahr zugelegt.

Das funktioniert über das Freihandelsabkommen NAFTA, das Mexiko, die USA und Kanada zu einer Wirtschaftszone vereinigt. So gelangen chinesische Exportwaren über Mexiko in die USA. Sie tauchen dann nicht in der USA-China-Handelsbilanz auf und die Administration in Washington kann behaupten, dass ihr De-Risking funktioniere. Hier hat die neue Regierung von Claudia Sheinbaum einen Hebel bei Verhandlungen mit den USA.

Eine Verschlechterung der Beziehungen zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten ist in niemandes Interesse. Dennoch ist zu erwarten, dass vor allem der Kandidat Trump in der heißen Phase des US-Wahlkampfs verbal in Richtung Süden austeilen wird. Der neuen Präsidentin Claudia Sheinbaum wird das einen kühlen Kopf abverlangen.

Alexander Görlach ist Senior Fellow am Carnegie Council for Ethics in International Affairs und Adjunct Professor an der Gallatin School der New York University, wo er Demokratietheorie unterrichtet. Nach Aufenthalten in Taiwan und Hongkong wurde diese Weltregion, besonders der Aufstieg Chinas und was er für die Demokratien in Asien bedeutet, zu seinem Kernthema. Er hatte verschiedene Positionen an der Harvard Universität und den Universitäten von Cambridge und Oxford inne. Alexander Görlach lebt in New York und in Berlin.

Streit um Einwanderung an der US-Grenze zu Mexiko

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