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Görlach Global: Milei und der Bruch mit China

Alexander Görlach - Carnegie Council for Ethics in International Affairs
Alexander Görlach
22. November 2023

Argentinien pflegte bisher enge Beziehungen zu China. Der frisch gewählte Präsident Javier Milei will sie kappen. Das wäre ein beispielloser Schritt - und Milei schlecht beraten, ihn zu gehen, meint Alexander Görlach.

Der lachende Wahlsieger? Javier Milei am Sonntagabend in Buenos AiresBild: Tomas Cuesta/Getty Images

Der selbst proklamierte "Anarchokapitalist" Javier Milei hatte bereits im Wahlkampf angekündigt, der Volksrepublik China die kalte Schulter zu zeigen - auf ganzer Linie. Seine Verachtung für Sozialismus und Kommunismus hatte der Libertäre unter anderem erkennen lassen, als er Papst Franziskus, ebenfalls Argentinier, einen "Hurensohn" nannte, der "den Kommunismus predigt". Stattdessen will Milei den Handel mit den Vereinigten Staaten von Amerika und mit Israel intensivieren.

Sollte der künftige Staatschef seine Ankündigung in die Tat umsetzen, dann wäre das die bisher radikalste Form des ökonomischen "De-Coupling" einer demokratischen Volkswirtschaft von der Staatswirtschaft Pekings. Und eine krasse Kehrtwende der argentinischen Politik: Erst im vergangenen Jahr hatte Mileis Vorgänger Alberto Fernández ein "Memorandum of Understanding" unterzeichnet, durch das Argentinien zu einem Investitionsland in Chinas Megaprojekt Neue Seidenstraße geworden wäre. Der scheidende Präsident Fernández nannte China noch einen "echten Freund".

Argentinien: "Wir brauchen einen Wechsel"

01:53

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Peking ist über den Kurswechsel Mileis daher nicht gerade amüsiert. Eine Sprecherin des chinesischen Außenministeriums nannte den Plan einen "großen Fehler". Für die Volksrepublik ist der südamerikanische Kontinent in den vergangenen beiden Dekaden immer wichtiger geworden. Der bilaterale Handel ist in dieser Zeit von 18 Milliarden auf ein Volumen von 450 Milliarden US-Dollar gewachsen. 2035 soll er bei 700 Milliarden liegen.

Peking braucht Lateinamerika - und umgekehrt

Chile exportiert mittlerweile so viel nach China wie in die USA und nach Europa zusammen. China ist der wichtigste Investor in Brasilien mit einem Volumen, das größer ist als das Spaniens und der USA zusammen. Die Kreditvergabe chinesischer Institute an die Länder Lateinamerikas ist höher als jene des Internationalen Währungsfonds, der Interamerikanischen und der Lateinamerikanischen Entwicklungsbank zusammen. Auch Argentinien profitiert davon: Noch im August diesen Jahres ermöglichte ein Überbrückungskredit aus Peking der Regierung in Buenos Aires, einen fälligen Teil ihrer Schulden an den Internationalen Währungsfonds zurückzuzahlen.

Für Chinas Machthaber Xi Jinping hat das Engagement in Argentinien und Lateinamerika insgesamt nicht nur eine wirtschaftliche Bedeutung. Er hat die Region seit seinem Amtsantritt 2013 elf Mal besucht und damit auch den politischen Anspruch unterstrichen, in dieser Weltregion in unmittelbarer Nähe zu seinem Erzrivalen USA mitzumischen.

DW-Kolumnist Alexander GörlachBild: privat

In Zentralamerika gab es bis zu Xis Amtsantritt 2013 noch etliche kleine Nationen, die Taiwan diplomatisch anerkannten und nicht die Volksrepublik. Seitdem haben die Dominikanische Republik, Nicaragua und Panama ihre Loyalität gewechselt und die Volksrepublik anerkannt. Es bleibt nun abzuwarten, ob Javier Milei im Gegenzug die Taiwanpolitik seines Landes ändern und nach einem Abbruch der Beziehungen zu Peking die kleine Inseldemokratie diplomatisch anerkennen wird.

Im Moment ist noch schwer absehbar, welche Pläne der Marktradikale Milei wirklich umsetzen kann. Sollte Peking am Ende wirklich den Zugang zur drittgrößten Wirtschaftsnation auf dem Kontinent verlieren, könnte das eine Signalwirkung auf andere Länder haben. Gleichwohl stellt sich für Buenos Aires die Frage, ob Argentinien angesichts seiner äußert prekären finanziellen Lage einen mächtigen potentiellen Kreditgeber, der die Volksrepublik ist, jetzt verprellen sollte.

Alexander Görlach ist Senior Fellow am Carnegie Council for Ethics in International Affairs und Adjunct Professor an der Gallatin School der New York University, wo er Demokratietheorie unterrichtet. Nach Aufenthalten in Taiwan und Hongkong wurde diese Weltregion, besonders der Aufstieg Chinas und was er für die Demokratien in Asien bedeutet, zu seinem Kernthema. Er hatte verschiedene Positionen an der Harvard Universität und den Universitäten von Cambridge und Oxford inne. Alexander Görlach lebt in New York und in Berlin.

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