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Politik

Starke Männer mit schwacher Bilanz

Alexander Görlach
17. April 2019

Trump, Putin, Erdogan, Orban: "Starke Anführer" geben gern vor, ihre Nationen in eine wirtschaftliche Vormachtstellung zu bringen. Ihre Länder sind jedoch auf dem absteigenden Ast, meint Alexander Görlach.

Zitattafel - Alexander Görlach

Die so genannten "strongmen”, die von ihren Anhängern zu "starken Männern” Gekürten, nutzen überall auf der Welt das gleiche Muster, um ihre Politik zu beschreiben: Sie verkörperten den "Willen des Volkes” gegen eine "Elite", die nur sich selbst und die Steigerung ihres Nutzens im Sinne habe. Der erste, der mit dieser Strategie an die Macht kam, ist der türkische Politiker Recep Tayyip Erdogan. Er sei ein "schwarzer Türke”, ein Mann aus dem Volk, der eben jenes vor den "weißen Türken”, der laizistischen Elite, schützen müsse.

Heute, fünfzehn Jahre später, ist ein "echter" Türke in den Augen des Staatspräsidenten nur noch derjenige, der so ist wie Herr Erdogan selbst. Mittlerweile weiß der Präsident, der die Verfassung des Landes umgebaut, die Unabhängigkeit der Presse abgeschafft und die akademischen Freiheiten eingeschränkt, dafür aber einer einfachen Religiosität Einzug in weite Teile der Gesellschaft verschafft hat, wie viele Kinder eine türkische Frau zu gebären habe und dass Homosexualität un-islamisch sei. Was anfangs noch sympathisch daher kommen mochte, nämlich Politik für die "einfachen Menschen" machen zu wollen, wird im Laufe der "strongmen"-Herrschaft verengt auf das, was der Anführer für das Richtige hält.

Schädlich für die eigene Wirtschaft

Das wird besonders daran deutlich, dass die "strongmen” zwar ankündigen, ihr Land ökonomisch so aufzustellen, dass es weltweit dominiert, in der Realität aber torpedieren und ruinieren sie die Wirtschaft in ihrer Heimat. Wenn, wie in der Türkei, der Schwiegersohn des Präsidenten Chef der Notenbank ist, dann sind alle wirtschaftlichen Kernzahlen im Zweifel nicht mehr hinterfrag- und kontrollierbar. Die Konsequenz ist wirtschaftlicher Abstieg. Dasselbe ist in Ungarn zu beobachten, in Russland ohnehin. Auch in China beginnt der Abstieg - aus ideologischen Gründen von Präsident Xi selbst verursacht: Wenn staatliche Banken mehr und mehr Kredite an Unternehmen gewähren, an denen der Staat Anteile hält, dann ist auch hier Gefahr im Verzug.

Politik "fürs Volk"? Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und sein US-amerikanischer Amtskollege Donald TrumpBild: picture-alliance/AA/Turkish Presidency/M. Cetinmuhurdar

"Starke Männer” erklären ihren Blick auf die Dinge zur Perspektive des Volkes. Selbstverständlich geht eine solche straffe Führung auf Kosten der Freiheiten, auch der ökonomischen. Donald Trump, der Bewunderer von "starken Männern” wie Wladimir Putin, hat deshalb nicht gezögert, seine Verwandtschaft im Weißen Haus unterzubringen und mit Posten zu versorgen. Herr Trump hatte ja bereits erfolgreich die Rhetorik der Erdogans und Putins im Wahlkampf verwendet.

Anders als die genannten Länder sind die USA immer noch eine Demokratie, jedenfalls weit mehr, als es Russland, China, Ungarn oder die Türkei wären. Für diese Länder gilt, dass man die Behauptung der "strongmen”, den Job gut zu machen und das Land an die Spitze zu katapultieren, zurückweisen kann: Alle diese Länder sind auf dem absteigenden Ast. Ist die Demokratie hinüber, geht auch die Wirtschaft baden.

Alexander Görlach ist Senior Fellow des Carnegie Council for Ethics in International Affairs und Senior Research Associate an der Universität Cambridge am Institut für Religion und Internationale Studien. Der promovierte Linguist und Theologe war zudem in den Jahren 2014-2017 Fellow und Visiting Scholar an der Harvard Universität, sowie 2017-2018 als Gastscholar an der National Taiwan University und der City University of Hong Kong.

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