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Politik

G20-Gipfel endet mit dürrer Erklärung

1. Dezember 2018

Dass sich die G20 beim Gipfel zu einer Weltordnung bekennen, die auf Regeln basiert, ist ein bescheidender Erfolg. Und die USA forderten sogar dafür einen Preis, wie Bernd Riegert aus Buenos Aires berichtet.

Argentinien G20 Gipfel - Sitzungssaal
Bild: picture alliance/dpa/MAXPPP

Zum Abschluss des G20-Treffens winkten die Staats- und Regierungschefs den von ihren Unterhändlern, den Sherpas, in 50 langen Stunden ausgetüfftelten Text der Gipfelerklärung durch. Bei den Diplomaten war Erleichterung zu spüren, denn auch der jetzt verabschiedete Minimalkonsens auf sechs Seiten war während der Verhandlungen immer wieder in Gefahr gewesen. Mal legten die USA, mal die Chinesen ein Veto ein. Die europäischen G20-Mitglieder versuchten zu vermitteln und zu retten, was zu retten war. 

Chinesen und Amerikaner hätten ganz viele neue Tabus im Bereich des Handels eingeführt, berichtet ein hoher Beamter. So durften die Begriffe Protektionismus, Sanktionen, Strafzölle, wie auch der Terminus "erlaubte Instrumente zur Abwehr unfairer Praktiken" in der Erklärung nicht mehr auftauchen.

Der Handelskonflikt der USA mit China wie die Reibereien Washingtons mit Europa, Kanada, Australien und vielen anderen Regionen wirkten sich "natürlich auf die Arbeit der G20 aus", sagt ein Delegationsmitglied. Immerhin aber sei es gelungen, die DNA der G20 zu bewahren. Man habe für das Wort  "Multilateralismus" kämpfen müssen, bestätigt später auch Bundeskanzlerin Merkel. Aber - "es lohnt sich", betont sie, "auch wenn es schwieriger geworden ist in diesen Zeiten." 

Abgekämpft: Merkel setzte sich für Multilateralismus und Regeln ein, die USA blieben zögerlichBild: DW/B. Riegert

Regeln anerkannt, Reform beschlossen

So findet sich in der Abschlusserklärung dann auch ein Bekenntnis zu "einer internationalen Ordnung, die auf Regeln basiert". Diese Regeln, so heißt es, sollen befähigen, in einer sich schnell ändernden Welt auf Krisen reagieren zu können. Auch die USA erkennen den globalen Handel und multilaterale Ansätze als "förderlich für die Weltwirtschaft" an, setzten aber durch, dass das bisherige Handelssystem als fehlerhaft bezeichnet wird.

"Wirklich neu ist die klare Verpflichtung der G20, die Welthandelsorganisation (WTO) zu reformieren, und nicht nur zu verbessern", sagte ein Diplomat am Rande des Treffens. Bis zum nächsten Gipfeltreffen im japanischen Osaka im kommenden Juni soll es erste konkrete Vorschläge geben.

Proteste gegen US-Präsident: Raus mit Trump heißt es auf den PlakatenBild: Reuters/A. Casares

Eigene US-Formulierung zum Thema Klima

Zum internationalen Klimaschutzabkommen von Paris bekennen sich auch in diesem Jahr nur die bisherigen Unterzeichner-Staaten. Der skeptische US-Präsident, der den Klimawandel als nicht von Menschen beeinflusst ansieht, ließ in die Gipfelerklärung eine abweichende Meinung der USA hineinschreiben.

Auch beim Thema Migration wird lediglich auf die einschlägigen Organisationen der Vereinten Nationen verwiesen. Die Ursachen von Flucht sollen in den Herkunftsstaaten angepackt werden. Damit sei der Text gegenüber den Vorjahren auf Druck der US-Delegation ziemlich verwässert worden, meinen europäische Diplomaten. Aber das sei der Preis gewesen, um die US-Regierung überhaupt noch in der G20 halten zu können.

Trotz der gegenüber den Vorjahren geringer gesteckten Ziele beglückwünschte  der argentinische Gastgeber, Präsident Mauricio Macri, sich und die anderer globalen Führungskräfte zu dem Gipfel, der nach seiner Lesart zu "einer gerechten und nachhaltigen Entwicklung" beitragen könne, von der jeder profitieren könne. 

Kanzlerin beim "speed dating"

Für Bundeskanzlerin Angela Merkel war es ein sehr kurzer G20-Gipfel. Sie erreichte Buenos Aires wegen des Ausfalls ihres Regierungs-Airbus erst nach einigen Umwegen. "Ich war froh, dass ich endlich hier war", beschrieb die Kanzlerin ihre Anreise. Formelle Gespräche nahm Merkel erst am zweiten und letzten Gipfeltag auf. "Wir haben in einem intensiven Zeitplan das Wichtigste noch abgewickelt", sagte Merkel.

Sie schwänzte die morgendliche Arbeitssitzung weitgehend, um sich mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping zu treffen. Am Nachmittag folgte dann noch ein Mini-Gipfel mit US-Präsident Trump. Zwischendurch Pressekonferenz und weitere Termine. "Die Arbeit von zwei Gipfeltagen wurde praktisch in einen gequetscht. Das ist für alle nicht weniger Stress", erzählt ein deutscher Diplomat im Pressezentrum. "Das war so ein bisschen wie Speed-Dating", scherzte Bundesfinanzminister Olaf Scholz, der die Regierungschefin begleitete.

Putin und Merkel nutzen den G20-Gipfel, um über die Krise in der Ukraine zu sprechenBild: picture-alliance/dpa/R. Hirschberger

Den russischen Präsidenten Wladimir Putin forderte Angela Merkel in ihrem Gespräch auf, sich an seine internationalen Vereinbarungen zu halten. Mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping vereinbarte Merkel weitere Zusammenarbeit in der Handelspolitik. Beide treten für multilaterale Abkommen ohne die Drohung mit Strafzöllen ein.

Kein Fortschritt beim Zollstreit - bis jetzt

Konkrete Fortschritte in den Verhandlungen über Zölle und Handel zwischen der Europäischen Union und den USA wurden in Buenos Aires nicht erzielt. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte nur eine kurze Begegnung mit Donald Trump, die über ein Händeschütteln kaum hinausging. Und so gilt weiterhin eine Vereinbarung von Juli, in der beiden Seiten übereinstimmen, Strafzölle auszusetzen, solange ernsthafte Verhandlungen zum Handel stattfinden. Die US-Regierung droht ansonsten damit, Zölle auf Auto-Importe aus der EU in Höhe von 25 Prozent einzuführen. Eine Lösung gebe es bisher nicht, sagte Angela Merkel in Buenos Aires. Man müsse weiter verhandeln. Donald Trump bezeichnete die Kanzlerin als "Freundin" , zu der er ein gutes Verhältnis habe. Allerdings kritisiert Trump die in seinen Augen zu hohen deutschen Exporte in die USA. "Das wird sich bald ändern", kündigte er an. Nach Angaben des Sprechers von Angela Merkel haben die beiden auch über die neuerliche Ukraine-Krise und den anstehenden Rückzug der USA aus dem Atomwaffen-Begrenzungsvertrag INF gesprochen. Der US-Präsident wünscht sich eine Vermittlerrolle der Kanzlerin zwischen Russland und der Ukraine. 

Merkel (li.) und Trump geben sich ein kurzes Stelldichein: Über Fortschritte wurde nichts bekanntBild: Getty Images/AFP/S. Loeb

 

Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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