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PolitikGlobal

G20-Gipfel in Neu Delhi - eine Erfolgsgeschichte?

10. September 2023

Das diesjährige Spitzentreffen der führenden Industrie- und Schwellenländer ging erstaunlich glatt über die Bühne. Hauptprofiteur ist Indiens Premier Narendra Modi.

Als Zeichen des baldigen Wechsels der G20-Präsidentsschaft überreichte der indische Premierminister Narendra Modi ein Bäumchen an Brasiliens Staatschef Luiz Inacio Lula da Silva
Als Zeichen des baldigen Wechsels der G20-Präsidentsschaft überreichte der indische Premierminister Narendra Modi ein Bäumchen an Brasiliens Staatschef Luiz Inacio Lula da Silva Bild: AFP

Zum Abschluss des G20-Gipfels hat der Gastgeber, der indische Premierminister Narendra Modi, sein eigenes Land gelobt. Indien sei gut aufgestellt, um die Kluft in der Gruppe der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer zu überbrücken und globale Probleme zu lösen, sagte Modi in der Hauptstadt Neu Delhi. Er schlug in diesem Zusammenhang einen virtuellen Gipfel der G20 Ende November vor, um den Stand der Anregungen und Vorschläge der Mitgliedsstaaten zu bewerten und zu bestimmen "wie ihre Fortschritte beschleunigt werden können".

Modi vollzog zugleich den Übergang der G20-Präsidentschaft, indem er den zeremoniellen Hammer an Brasiliens Staatschef Luiz Inacio Lula da Silva weitergab. Das nächste G20-Treffen findet im kommenden Jahr in der brasilianischen Metropole Rio de Janeiro statt. Offiziell dauert der Vorsitz Neu Delhis aber noch bis Ende November an. 

Scholz: "Ein Gipfel der Entscheidungen"

Bundeskanzler Olaf Scholz lobte die Konferenz als "Gipfel der Entscheidungen". Es seien wichtige Beratungen gewesen, sagte Scholz in Neu Delhi. Bei großen Fragen wie dem Klimawandel seien die Staaten "nicht zurückgefallen", sondern blieben weiter ambitioniert. Im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine sagte Scholz, die G20 hätten ein "klares Bekenntnis" abgegeben, dass die territoriale Integrität der Ukraine "außer Frage steht" und Grenzen nicht mit Gewalt verschoben werden dürften. Zudem hätten sich die Staaten klar gegen den Einsatz von Nuklearwaffen positioniert.

Bundeskanzler Olaf Scholz: "Die Weltgemeinschaft findet die gewalttätigen Prinzipien russischer Politik nicht richtig"Bild: imago images

Der Kanzler betonte zudem das "neues Miteinander zwischen den klassischen Staaten des Nordens in Europa und im Norden Amerikas und den Ländern im Süden Amerikas, Asiens und Afrikas". Diese Kooperation habe es möglich gemacht, Entscheidungen zu treffen, "bei denen Russland akzeptieren musste, dass die Weltgemeinschaft die gewalttätigen Prinzipien russischer Politik nicht richtig findet, sondern sich dagegen stellt." Der G20 gehörten bisher 19 Länder und die Europäische Union an. Gleich zu Beginn des Treffens wurde die Afrikanische Union (AU) als 21. Mitglied aufgenommen.

Erklärung zu Krieg in Ukraine problematisch 

Bereits am Samstag hatten sich die Gipfelteilnehmer auf eine gemeinsame Abschlusserklärung unter anderem zum Ukraine-Krieg und zum globalen Klimaschutz geeinigt. Darin werden "alle Länder" aufgefordert, auf den "Einsatz von Gewalt" zur Erzielung von "Geländegewinnen" zu verzichten. Die Erklärung war weicher formuliert als das G20-Kommuniqué vom vergangenen Jahr und verurteilte Moskau nicht direkt. Die Ukraine hat den Text als zu schwach kritisiert.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow wertete denn auch den G20-Gipfel als diplomatischen "Erfolg". Moskau habe "die Versuche des Westens, die Themensetzung des Gipfels zu 'ukrainisieren'", verhindern können, sagte Lawrow in Neu Delhi. In der Abschlusserklärung werde Russland "überhaupt nicht erwähnt". 

Gipfelteilnehmer an Gandhi-Gedenkstätte 

Zum Ende ihres Gipfels hatten die Staats- und Regierungschefs den indischen Freiheitshelden Mahatma Gandhi gewürdigt. Nach morgendlichen Monsunregenfällen lief Premierminister Modi mit seinen Gästen durch Pfützen zur Gedenkstätte Raj Ghat, wo Gandhi nach seiner Ermordung 1948 eingeäschert worden war. Nach der Einspielung einer hinduistischen Hymne verharrte die Gruppe in einem Moment der Andacht und legte dann Blumenkränze zu Ehren der Friedensikone ab.

US-Präsident Joe Biden war unter denjenigen Gästen, die sich für den Besuch Filzpantoffeln anzogen, anstatt dem geltenden Barfußgebot zu folgen. Viele andere, darunter der britische Premierminister Rishi Sunak, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Kanzler Scholz zogen sich zusammen mit Modi ihre Schuhe und Socken aus, um zu dem Marmorsockel zu schreiten, wo eine ewige Flamme Gandhis Vermächtnis am Leben erhalten soll.

Teilnehmer des G20-Gipfels an der Mahatma-Gandhi-Gedenkstätte Raj Ghat in der indischen Hauptstadt Neu Delhi Bild: Kay Nietfeld/dpa

Die Zeremonie war Teil von Modis perfekt inszeniertem G20-Gipfel, dessen Erfolg der Premierminister eng mit seiner eigenen Person verbunden hat. Vor den indischen Wahlen im kommenden Jahr nutzt Modi das Treffen, um sich seinen Landsleuten als internationaler Staatsmann zu präsentieren. Bilder Modis zierten im Vorfeld Plakate und Bushaltestellen im ganzen Land, um die Zusammenkunft der wichtigsten Volkswirtschaften der Welt als nationalen Triumph zu feiern.

Unmut der US-Presse über Biden 

US-Präsident Biden nahm an der letzten Arbeitssitzung des Gipfels nicht mehr teil, sondern brach zu einem Besuch nach Vietnam auf. Während seines rund 24-stündigen Aufenthalts in der Hauptstadt Hanoi will Biden mit den Spitzenpolitikern der Kommunistischen Partei zusammentreffen und dann eine Pressekonferenz geben. Es ist der erste richtige Presseauftritt Bidens im Umfeld des G20-Gipfels, was bei der US-Presse für großen Unmut sorgte.  

sti/fab (afp, ap, dpa, rtr) 

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