G7 bremst Höhenflug des Yen
18. März 2011Noch ist nicht klar, in welchem Ausmaß das Atomkraftwerk Fukushima Japans Menschen und auch die Wirtschaft schädigen wird. Unbestreitbar ist: Erdbeben und Tsunami haben bereits immense Schäden angerichtet. Teile der Infrastruktur wurden zerstört, Häfen verwüstet, Städte dem Erdboden gleichgemacht. Am Montag (14.03.2011) schätzte die Großbank Credit Suisse die in Geld zu messenden Schäden auf umgerechnet 130 Milliarden Euro. Aber - als gäbe es an der Stärke der japanischen Wirtschaft keinen Zweifel - steigt der Yen. Am Donnerstag (17.03.2011) erreichte er sogar den höchsten Wert seit dem Zweiten Weltkrieg.
Nachfrage zum Teil spekulationsgetrieben
So unlogisch wie es auf den ersten Blick scheint, ist dies allerdings nicht. Schon einmal gab es einen ähnlichen Effekt. Nach dem Erdbeben in Kobe 1995 stieg der Wert des Yen stark an. Wie damals erklärt sich die Stärke des Yen damit, das die Nachfrage nach der japanischen Währung steigt - beziehungsweise erwartet wird, dass sie bald steigt. Japanische Versicherungskonzerne haben riesige Summen in Dollar angelegt. Um genügend Mittel zu haben, um Erdbeben- und Tsunamischäden zu begleichen, müssen sie diese Bestände verkaufen. Auch Unternehmen und Anleger werden ihr im Ausland investiertes Geld zurückholen, um genügend Yen für den Wiederaufbau zu haben.
Ob nun tatsächlich schon solche Verkäufe stattfinden oder ob der Yen von Spekulanten getrieben wird, die auf solche Verkäufe wetten, sind sich die Experten nicht einig. Währungsexperte Derek Halpenny von der Bank of Tokyo-Mitsubishi UFJ erklärte: Der Kursverlauf sei eindeutig unnormal. Er sei "getrieben von kurzfristigen spekulativen Geldflüssen". Andere Experten dagegen sprachen von Hinweisen, dass die Japaner bereits ihre Geldanlagen im Ausland abbauen.
Es sei nur eine kurzfristige Überbewertung, so schätzt der Devisenexperte Christian Dreger vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin den derzeitigen Höhenflug des Yen gegenüber dem Dollar und dem Euro ein. Wenn man die Kursentwicklung langfristig betrachte, dann sei der Yen stark, weil er international als sichere Währung gelte. Das hinge weniger mit der Stärke der japanischen Wirtschaft zusammen, als vielmehr mit der Schwäche der Konkurrenz. Der Euro sei durch die noch ungelöste Schuldenkrise geschwächt und der Dollar leide unter der weiterhin expansiven Geldpolitik der US-Zentralbank.
Starker Yen belastet Japans Wirtschaft
Wie auch immer die Gründe sind - für Japan ist der starke Yen ein Problem. Er setzt die angeschlagene Wirtschaft weiter unter Druck. Das Land hängt stark vom Export ab. Ausfuhren aber werden nun teurer und sind damit weniger wettbewerbsfähig. Selbst Unternehmen wie Toyota, die stark in den USA produzieren, leiden, weil sie deutlich weniger Yen für in den USA verkaufte Autos erhalten. Zwar können nun Waren aus dem Ausland - beispielsweise Rohstoffe, aber auch Güter zum Wiederaufbau - günstiger eingekauft werden. Aber die G-7 haben beschlossen, in die Finanzmärkte einzugreifen, um den Kurs des Yen zu beeinflussen.
G7 als Yen-Bremse
In der Nacht zum Freitag hatten die G7-Finanzminister und Notenbankpräsidenten in einer Telefonkonferenz entschieden, gemeinsam gegen den starken Anstieg des Yen vorzugehen. Japan, die USA, Großbritannien, Kanada und die Europäische Zentralbank griffen mit koordinierten Verkäufen der japanischen Währung und Ankäufen des Dollar ein. Erfolgreich, denn der Höheflug des Yen wurde erstmal gestoppt. Es ist das erste Mal seit mehr als zehn Jahren, dass die führenden Wirtschaftsnationen gemeinsam am Devisenmarkt einschreiten. Als sie zum letzten Mal eingriffen, wollten sie den Verfall des Euro bremsen.
Auch die japanische Notenbank ist schon seit Tagen damit beschäftigt, das Finanzsystem zu stabilisieren, indem sie den Banken Geldspritzen in Milliardenhöhe bereitstellt. So soll der hohe Liquiditätsbedarf der Banken befriedigt werden. Diese kurzfristigen Notfallmaßnahmen summieren sich mittlerweile auf umgerechnet rund 322 Milliarden Euro.
Autor: Insa Wrede (dpa, dapd)
Redaktion: Jutta Wasserrab