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Politik

Etwas Einigkeit und viel Zwist

6. April 2019

Gastgeber Frankreich sucht nach Einigkeit zwischen den großen Industrienationen. Beim Thema Libyen ist das den G7-Außenministern gelungen. Anders im Nahen Osten und beim Iran. Aus Dinard berichtet Bernd Riegert.

Frankreich G7 Außenministertreffen  in Dinard
Posieren für etwas Einigkeit - von links: Taro Kono (Japan), Chrystia Freeland (Kanada), Heiko Maas (Deutschland), Richard Moore (Großbritannien), Enzo Milanesi (Italien), John Sullivan (USA), Jean-Yves Le Drian (Frankreich), Federica Mogherini (EU)Bild: picture-alliance/AP Photo/D. Vincent

Kurz vor dem gemeinsamen Mittagessen flanierten die Vertreter der G7-Staaten und die europäische Außenbeauftragte Federica Mogherini über die Strandpromenade in Dinard. Sie posierten für ein Gruppenfoto am Strand. Für die Presse sollten ein paar harmonische Bilder produziert werden. Allerdings war ein Minister, der Amerikaner Mike Pompeo, gar nicht erst nach Frankreich gereist. Ein anderer, der Brite Jeremy Hunt, war bereits wieder abgereist. Die Herren ließen sich durch Staatssekretäre vertreten. "Andere Dinge zuhause sind halt manchmal wichtiger", sagte der italienische Außenminister Enzo Milanesi achselzuckend. Der französische Gastgeber, Außenminister Jean-Yves Le Drian, versicherte auf der abschließenden Pressekonferenz noch einmal, man habe sich ja in den letzten Tagen in Washington und New York bei der NATO und der UNO dauernd gesehen.

Streit um Nahen Osten und Iran

Le Drian, der in diesem Jahr den Vorsitz der G7 innehat, bemühte sich, Gemeinsamkeiten herauszustellen. Bei vielen weltpolitischen Themen sei man sich einig, sagte der französische Außenminister und verwies auf die Abschlusserklärung. Dort sind aber ausdrücklich der Friedensprozess im Nahen Osten und die Politik gegenüber dem Iran ausgenommen. Hier klaffen die Auffassungen der USA und der übrigen Partner (Großbritannien, Frankreich, Italien, Deutschland, Kanada, Japan, EU) weit auseinander. "Wir stimmen überein, nicht übereinzustimmen. Das ist die Formel, die zum ersten Mal in einem G7-Dokument verwendet wird", sagte ein beteiligter Diplomat nach dem Treffen.

Prächtige Kulisse, bescheidene Beschlüsse: Berittene Polizei am Strand von DinardBild: DW/B. Riegert

Die USA bestehen darauf, die israelische Annexion der Golan-Höhen von 1981 anzuerkennen, die eigentlich zu Syrien gehören. Der japanische Außenminister Taro Kono wies daraufhin, dass auch die USA das Völkerrecht einhalten müssten. Der amerikanische Vertreter erwiderte, in der Praxis seien die 1967 eroberten Golan-Höhen längst Teil Israels. Ob das Völkerrecht hier wirklich ausschlaggebend sei, bezweifelte die amerikanische Delegation.

Die von der EU verfolgte Zwei-Staaten-Lösung für Israel und die Palästinenser findet sich nicht in der G7-Erklärung. Die USA strichen diesen Passus. Beim Thema "Eindämmung des Iran" gab es keine Annäherung. Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien wollen wie Russland und China an dem internationalen Abkommen mit dem Iran festhalten, um eine Bewaffnung mit atomaren Raketen zu verhindern. Die USA waren aus dem "Iran-Deal" ausgestiegen, um mit neuen Sanktionen "maximalen Druck" auf den Iran auszuüben.

Gegen militärische Lösung in Libyen

Große Einigkeit herrschte nach Angaben von Bundesaußenminister Heiko Maas aber bei der neuerlich aufbrechenden Krise in Libyen. "Wir sind alle sehr besorgt", sagte Maas und verwies auf Erklärungen der G7 und des UN-Sicherheitsrates. "Wir wollen alle diplomatischen Kanäle nutzen, um Druck auf die verschiedenen Parteien auszuüben." Besonders die Milizen von General Haftar müssten dazu gebracht werden, ihren Vormarsch auf die Hauptstadt Tripoli zu stoppen. Die G7-Außenminister erklärten, dass der von den Vereinten Nationen angeschobene politische Dialog in Libyen weitergehen und die Bevölkerung geschützt werden müsse. Wie genau das erreicht werden soll, blieb unklar. Nur eines sei sicher, so die G7: "Eine militärische Lösung für die Konflikte in Libyen kann es nicht geben."

Acht am runden Tisch, abhörsicher im fensterlosen Raum: Bundesaußenminister Heiko Maas (2.v.r.) ist besorgt über LibyenBild: picture-alliance/dpa/S. Mahe

Der italienische Außenminister Enzo Milanesi hatte am Freitag mit dem Milizen-General Haftar, der vom US-Verbündeten Saudi Arabien gestützt wird, telefoniert. Milanesi sagte in Dinard, er habe die Botschaft der G7 übermittelt, dass der Vormarsch gestoppt werden müsse. "Ich habe ihn gebeten, zu erwägen auf unsere Forderung einzugehen", sagte Milanesi. Die Antwort aus Libyen kam prompt. Haftar ließ mitteilen, er denke nicht daran aufzugeben. Die G7 wollen verhindern, dass weitere Produktionsanlagen für Öl in Libyen in die Hände von Milizen fallen, die damit den Bürgerkrieg finanzieren könnten.

Die EU unterstützt die libysche Regierung in Tripoli, mit der sie auch beim Zurückhalten von Migranten und Flüchtlingen in Libyen zusammenarbeitet. Die EU bildet die libysche Küstenwache aus, damit diese zumindest an einem Teil der Küste Schlepper und Flüchtlingsboote aufbringt. Vor acht Jahren hatten die USA, Kanada und einige westeuropäische Staaten (außer Deutschland) militärisch in Libyen eingegriffen, um den damaligen Diktator Muammar-al-Gaddafi zu stürzen. Seitdem bekämpfen sich konkurrierende Milizen und Rebellengruppen - unter anderen auch der "Islamische Staat" - in dem nordafrikanischen Staat.

EU und G7: Noch werden alle acht Flaggen gehisst. Im nächsten Jahr präsidieren die USA.Bild: DW/B. Riegert

Die Außenminister bereiteten in der Bretagne ein Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs im August vor, auf dem Initiativen zur Bekämpfung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheit in der Welt beschlossen werden sollen. Dazu gehören eine Besteuerung von Internetkonzernen, mehr Rechte für Frauen in Kriegs- und Krisengebieten sowie der Schutz vor den Folgen der Globalisierung und Cyber-Attacken.

Die französischen Gastgeber haben ein ehrgeiziges Programm zusammengestellt, das jetzt in seinen Einzelheiten ausgehandelt werden muss. Im vergangenen Jahr hatte der amerikanische Präsident Donald Trump beim G7-Gipfel in Kanada seine Zustimmung zu ähnlichen Initiativen verweigert und den Gipfel mehr oder weniger platzen lassen. Im kommenden Jahr haben die USA selbst die G7-Präsidentschaft inne.

Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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