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Politik

G7-Minister beraten - Pompeo fehlt

5. April 2019

In der Bretagne beraten die sieben wichtigsten Staaten des Westens die Weltlage - und natürlich den Brexit. Der US-Außenminister blieb aber zuhause und schickte einen Vertreter. Bernd Riegert aus Dinard.

Frankreich St. Malo Flaggen
Bild: DW/Bernd Riegert

Der böige Wind peitscht kalte Regenschauer über die Uferpromenade der bretonischen Küstenstadt Dinard. Der Himmel ist grau. Das Meer ist grau. Die schmucken Steinhäuser sind sowieso aus grauem Granit. Der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian stammt aus der Gegend und hat deshalb die übrigen sechs führenden westlichen Demokratien hierher eingeladen. Im April müsse man mit Regen rechnen, sagt Le Drian im gut geheizten Casino und lächelt. "Wir haben hier in der Bretagne eine Tradition: Eine nasse Hochzeit ist eine gute Hochzeit. Deshalb sage ich: Eine nasse G7 wird eine gute G7."

Der französische Gastgeber will vor allem über die sozialen und politischen Ungleichheiten in der Welt sprechen. Die Gruppe der Sieben (USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Italien, Japan, Deutschland, zusätzlich die EU als Beobachter) will eine neue Partnerschaft auf Augenhöhe mit Afrika eingehen, verspricht Le Drian. Die G7 will Friedensmissionen afrikanischer Staaten auf dem eigenen Kontinent mehr als bisher unterstützen. Der Schutz von Frauen in den vielen Konfliktregionen müsse Vorrang haben. Menschenhandel und Waffenschmuggel will die G7 bekämpfen. Die Außenminister bereiten entsprechende Aktionspläne vor, die dann von ihren Chefs, den Staats- und Regierungschefs beim Gipfeltreffen im August in Biarritz verabschiedet werden sollen.

Selbstschutz vor Cyber-Attacken

Der Schutz der eigenen Demokratien vor Einflussnahme, Wahlmanipulation, Propaganda und Hackerangriffen müsse verbessert werden, fordert Jean-Yves Le Drian weiter. "Wir müssen in der Lage sein, uns zu verteidigen - auch in diesem Bereich." Die kanadische Außenministerin Chrystia Freeland geht davon aus, dass Russland versucht, Wahlen im Westen und auch in ihrem Land zu beeinflussen. "Sie manipulieren nicht direkt die Ergebnisse, aber sie polarisieren und spalten die Gesellschaften, um uns zynisch werden zu lassen", so Freeland.

Bundesaußenminister Heiko Maas: London muss noch viele Fragen zum Brexit beantwortenBild: DW/M. Luy

Die französische Präsidentschaft der G7 hat ein ganzes Bündel von Initiativen vorbereitet, um die Folgen der Globalisierung abzufedern und Vermögen und Wohlstand gleichmäßiger zu verteilen. Die Hälfte des weltweiten Vermögens liege in der Hand von nur einem Prozent der Weltbevölkerung, heißt es in den Tagungsunterlagen der Franzosen. "Das kann nicht so bleiben", meinen Diplomaten im Hintergrundgespräch. "Die Franzosen haben das als Thema erkannt, weil im eigenen Land die Menschen auf die Straße gehen." Seit Monaten demonstrieren jede Woche Tausende in gelben Westen unter anderem gegen soziale Ungerechtigkeit, was den französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Bedrängnis bringt.

Kein Gipfel ohne Brexit

Der britische Außenminister Jeremy Hunt ist in Dinard dabei und muss sich natürlich vor allem zum bevorstehenden Brexit, dem Austritt aus der EU, äußern. "Niemand von uns will eigentlich eine lange Verlängerung der Brexit-Gespräche nach Artikel 50", sagt Hunt auf Fragen britischer Journalisten. Eine Teilnahme an den Wahlen zum Europäischen Parlament solle vermieden werden, trotzdem müssten aus juristischen Gründen die Vorbereitungen zu den Wahlen beginnen. "Wir haben nun einmal ein total blockiertes Parlament", räumt Hunt ein. "Ein Brexit ohne Abkommen wäre schlecht für das Vereinigte Königreich und die EU. Frankreich weiß das", sagte der britische Außenminister und reagierte damit auf Äußerungen aus Paris, dass der französische Präsident beim Sondergipfel der EU kommende Woche nicht einfach Ja zu der beantragten Verlängerung sagen werde. Die britische Premierministerin Theresa May will bis zum 30. Juni Zeit bekommen, um doch noch eine Zustimmung zum Brexit-Vertrag durchzuboxen. Ende Mai muss allerdings das Europäische Parlament auch in Großbritannien neu gewählt werden, falls die Briten dann noch Mitglieder in der EU sein sollten.  "London hat noch viele Fragen zu beantworten", sagte der deutsche Außenminister Heiko Maas in Dinard. "Das ist eine schwierige Situation."

Pompeo glänzt durch Abwesenheit

Der amerikanische Außenminister Mike Pompeo hat seine Teilnahme am G7-Treffen abgesagt und einen Vertreter geschickt. Diplomaten sehen darin ein gewisses Desinteresse der USA an diesem Forum. Die Minister der übrigen sechs Staaten wollen davon offiziell nichts wissen. "Wir haben unsere Differenzen mit den USA, aber wir sehen die USA weiter als die führende Demokratie in der Welt",  sagte die kanadische Außenministerin Chrystia Freeland. Die G7 werden weiter gebraucht, weil "wir uns in einem kritischem Moment der Weltpolitik befinden." Demokratien seien unter Druck, nicht nur von außen, auch von innen. Das betreffe auch die USA selbst, meinte die kanadische Außenministerin.

Auch beim G7-Gipfel in Kanada 2018 gab sich der Vertreter der USA, hier der Präsident selbst, zurückhaltendBild: twitter.com/RegSprecher

Der deutsche Ressortchef Heiko Maas sieht kein großes Problem im Fernbleiben des US-Kollegen Mike Pompeo. "Wir haben uns in den letzten Tagen sehr intensiv gesehen und auch unterhalten können. Insofern ist das verschmerzbar." In der Tat kamen die meisten G7-Außenminister direkt vom NATO-Treffen in Washington, bei dem Mike Pompeo als Gastgeber fungierte. "Der Multilateralismus-Marathon geht weiter", beschrieb der deutsche Minister seine Sicht auf die Reisetätigkeit. Erst habe man sich am Montag bei den Vereinten Nationen in New York gesehen, dann bei der NATO in Washington und jetzt schließlich in Frankreich. "Wir haben keinerlei Grund, daran zu zweifeln, dass die Amerikaner sich im G7-Format einbringen. Ich bin sicher, dass das in Zukunft so bleiben wird."

Französische Diplomaten sind da skeptischer. Sie glauben, dass Mike Pompeo zum Beispiel eine Diskussion über den Klimawandel schwänzen wollte, die in Dinard auf der Tagesordnung steht. US-Präsident Donald Trump hatte ja das Pariser Klimaschutz-Abkommen der Vereinten Nationen verworfen und im vergangenen Jahr den G7-Gipfel in Kanada zwar besucht, aber politisch blockiert. "Wir hoffen, dass Biarritz besser läuft", so die französischen Organisatoren im Blick auf den Gipfel im August. "Und dass der Brexit dann stattgefunden haben wird, hoffen wir auch." Darin waren sich fast alle Brexit-müden Diplomaten und auch die Journalisten einig.

Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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