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Politik

Verunsicherung in Lucca

Barbara Wesel
10. April 2017

Die Außenminister der G7-Nationen sollen in der italienischen Kleinstadt das Gipfeltreffen der Regierungschefs Ende Mai vorbereiten. Aber es dominiert die Lage in Syrien. Die Frage ist: Was wollen die USA?

Italien G7 Außenministertreffen
Bild: picture-alliance/AP Photo/ANSA/R. Dalle Luche

Große Teile der historischen Altstadt von Lucca sind abgesperrt, ratlos irren Touristen an den Polizeigittern vorbei. Manche Läden und Osterien machen gleich zwei Tage Pause, bis der G7-Zirkus wieder aus der Stadt ist. Sogar der Platz vor dem berühmten Dom ist leergeräumt und den Außenministern für ihren kleinen Stadtrundgang vorbehalten. Vielleicht kann Rex Tillerson seinen Kollegen beim informellen Gang durch die historischen Gassen der Stadt erklären, wie nun tatsächlich die neue US-Politik zu Russland und der Rolle Moskaus in Syrien aussieht.

Die Unschuldigen schützen?

Vor Beginn des Treffens hatte der US-Außenminister noch gemeinsam mit der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini das nahe gelegene Mahnmal eines Massakers besucht, das vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Dorf Sant' Anna di Stazemma durch Mitglieder der Waffen-SS begangen worden war. Ein Verbrechen, das nie gesühnt wurde. Tillerson versprach dort, die USA wollten diejenigen sein, "die denjenigen zu antworten wissen, die Unschuldigen Schaden zufügen", in welchem Teil der Welt auch immer. Eine offensichtliche Anspielung auf Syrien.

Aber wie ist diese und sind andere Äußerungen des amerikanischen Außenministers zu deuten, betrachtet man sie im Licht der früheren Absage von Präsident Donald Trump an eine Rolle als Weltpolizist? Läutet Tillerson eine Abkehr von der Abkehr der USA von den Aufgaben einer globalen Ordnungsmacht ein? Oder sind sowohl Trumps Raketenschlag gegen die syrische Luftwaffenbasis in der vorigen Woche wie auch Tillersons neue Rhetorik nur unkoordinierte Einzelaktionen, denen kein durchdachter Gesamtplan zugrunde liegt?

Der Gastgeber des Treffens, Italiens Außenminister Angelino Alfano, sah schon beglückt die USA in die Gemeinschaft der Nato-Partner zurückkehren und eine neue Harmonie heraufziehen.

Rex Tillerson bei der Kranzniederlegung am Kriegsdenkmal Santa´Anna di StazzemaBild: picture-alliance/AP Photo/R. Dalle Luche

Deutschland vorsichtig - Großbritannien scharf  

Man müsse unbedingt eine weitere militärische Eskalation in Syrien verhindern, predigt seit dem Wochenende der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel. Er will einen neuen politischen Schub für eine Friedenslösung und scheint darauf zu setzen, dass Russland - aufgeschreckt durch den US-Militärschlag - inzwischen verhandlungsbereiter ist als noch vor einer Woche. Moskau müsse dazu gebracht werden, sich an einer politischen Lösung zu beteiligen. Man solle "die Chance nutzen, einen gemeinsamen politischen Prozess" in Gang zu setzen. Nur wie er das hinbekommen will, ließ Gabriel offen.

Viel schärfere Töne kamen dagegen vom britischen Außenminister Boris Johnson: Assad sei "giftig", und die Unterstützung des syrischen Diktators vergifte den Ruf Russlands. Moskau habe die Wahl, an der Seite Assads zu bleiben oder mit dem Rest der Welt an einer Lösung für Syrien zu arbeiten. Johnson hatte kurzfristig seine Reise nach Moskau abgesagt und schlägt nun weitere Sanktionen vor, um den Druck auf Präsident Putin zu erhöhen. Man müsse Maßnahmen beschließen, die Putin wirklich weh tun, so der britische Minister.

Die gegenwärtige französische Regierung wäre wohl dazu bereit - aber schon am 7. Mai wird in Frankreich gewählt, und die mögliche Position des Amtsnachfolgers ist offen. Die ziemlich harten Worte von Außenminister Jean Marc Ayrault gegenüber dem Assad-Regime haben also nur noch begrenztes Gewicht. Insgesamt aber scheint sich bei den G7-Partnern wieder die Prämisse durchzusetzen, dass es mit Assad keine Zukunft in Syrien geben könne. Ein Grundsatz, der zuletzt russischem Machtkalkül geopfert worden war.

Angst vor Eskalation

Der US-Angriff auf diese Luftwaffenbasis in Syrien könnte ein Wendepunkt des Konflikts darstellenBild: picture-alliance/Sputnik/M. Voskresenskiy

Was die europäischen Vertreter eint ist ihre Absage an eine militärische Eskalation in Syrien. Mit ihrer konkreten Unterstützung für ein weiteres militärisches Eingreifen der USA ist nicht zu rechnen, und sie fürchten gleichzeitig ein unbeabsichtigtes Aufheizen der Lage, falls sich amerikanische, russische oder iranische Truppen in die Quere kommen.   

Um demgegenüber den politischen Prozess für Syrien wieder in Gang zu bringen, haben die Italiener für Dienstag früh spontan die Außenminister der westlichen Verbündeten in der Region eingeladen: Saudi-Arabien, Jordanien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Katar und die Türkei. Gemeinsam mit ihnen suchen die G7 einmal mehr einen Weg, um Moskau davon zu überzeugen, dass der Preis für die Unterstützung Assads auf Dauer zu hoch ist.

Rex Tillerson will nach dem Ende der Gespräche in Lucca nach Moskau weiterreisen, um der russischen Regierung direkt zu erklären, wie Washington sich inzwischen zur Syrienfrage stellt. Wenn das Treffen nicht noch von der russischen Führung in letzter Minute abgesagt wird. Nicht nur bei den G7 sind dies unsichere Zeiten.

 

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