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PolitikGlobal

G7: Ukraine Topthema am letzten Gipfel-Tag

William Yang
21. Mai 2023

Auf ihrem Gipfel in Japan haben sich die G7 positioniert: in ihrer Haltung gegenüber China und was die Ukraine angeht. Wichtiger Gast: Wolodymyr Selenskyj. Von William Yang, Hiroshima.

G7 Gipfel in Japan, Hiroshima | Gemeinsame Tagung mit Wolodymyr Selenskyj
G7-Runde mit Präsident Selenskyj: "Solidarität deutlich gemacht"Bild: :Simon Dawson/Avalon/Photoshot/picture alliance

Obwohl die Ukraine nicht zu den G7-Mitgliedstaaten gehört, stand Wolodymyr Selenskyj am Ende des Gipfels in Hiroshima im Mittelpunkt. Der ukrainische Präsident war am letzten Tag des dreitägigen Treffens bei den großen demokratischen Industrienationen zu Gast. Ursprünglich war nur eine Videoschalte geplant, doch dann reiste er an Bord einer französischen Regierungsmaschine zum Gipfel in die japanische Stadt.

Im Hiroshima Memorial Park, der an die Opfer des US-Atombombenabwurfs im August 1945 erinnert, hielt Selenskyj eine Rede. Statt in Anzug und Krawatte, wie die anderen anwesenden Staats- und Regierungschefs, trat er in einem schwarzen Hemd auf. Es sei ein wichtiges Signal für die Welt, von diesem Ort aus den "Ruf nach Einheit" der ukrainischen Bevölkerung zu hören, aus einer Stadt, die nach der kompletten Zerstörung am Ende des Zweiten Weltkriegs wieder aufgebaut wurde.

In seiner eindringlichen Rede auf Ukrainisch rief er alle Menschen in der Welt dazu auf, dafür zu sorgen, dass vom Krieg nur ein Schatten bleibt, ein Thema für "Museen". Selenskyj dankte Japan dafür, dass in Hiroshima ukrainische Flaggen gehisst wurden. So lange es die Flagge seines Landes gebe, bestehe Hoffnung.

Gipfelgast Selenskyj und Gastgeber Kishida: "Ruf nach Einheit" der ukrainischen BevölkerungBild: Eugene Hoshiko/Pool/REUTERS

Selenskyjs Aufruf, die Ukraine weiter zu unterstützen, stieß auf dem Gipfeltreffen auf ein positives Echo: US-Präsident Joe Biden kündigte ein zusätzliches Militärhilfepaket in Höhe von 375 Millionen Dollar (347 Millionen Euro) für die Ukraine an. Auch andere Staats- und Regierungschefs der G7 kündigten weitere Unterstützung für das vom Krieg gezeichnete Land an.

Kein Gewinner in einem Atomkrieg

Zum Abschluss des Gipfels sagte der Gastgeber, Japans Premier Fumio Kishida, es sei "bedeutsam", dass die G7 mit der Einladung von Selenskyj ihre Solidarität deutlich gemacht hätten. Er hob erneut die symbolische Bedeutung des Gipfelortes Hiroshima hervor, dessen Abschluss unter freiem Himmel vor dem Friedensdenkmal stattfand. Das Gebäude mit der signifikanten "Atombombenkuppel" war das einzige hier am unmittelbaren Ort der Atomexplosion, das Druck, Hitzewellen und Strahlung am 6. August 1945 standhielt. Angesichts der verheerenden Zerstörung von Hiroshima vor fast 78 Jahren und wiederkehrenden Drohungen aus Moskau machte Kishida deutlich, dass es "in einem Atomkrieg keinen Gewinner gibt" und ein Atomkrieg "niemals geführt werden darf".

Als eines der wenigen asiatischen Länder, das seit Beginn des russischen Angriffskriegs fest an der Seite der Ukraine steht, habe Japan den G7-Gipfel "in vielerlei Hinsicht zu einem Erfolg gemacht", so die Asienexpertin Sari Arho Havren von der Universität Helsinki. Durch die Einladung von Selenskyj zum Gipfel habe Kishida in Japan selbst an Rückhalt gewonnen und das Ansehen seines Landes bei befreundeten Nationen erhöht.

Japans Premier Kishida im Peace Memorial Park: "Ein Atomkrieg darf niemals geführt werden"Bild: The Yomiuri Shimbun/AP Photo/picture alliance

Die Japaner würden das G7-Treffen als einen "Erfolg" für Kishida werten, sagt auch der Journalist Takehiro Masutomo, der den Gipfel in Hiroshima beobachtet. Er lobt den japanischen Premier dafür, dass er Wolodymyr Selenskyj die Gelegenheit gegeben habe, mit führenden Politikern der Welt zusammenzukommen, die möglicherweise den Weg für Gespräche zwischen den Regierungen in Kiew und Moskau ebnen können.

Treffen am Rande des Gipfels gewinnen an Bedeutung

In diesem Zusammenhang wurde von Gipfelbeobachtern mit Spannung erwartet, wie das persönliche Treffen von Selenskyj mit dem indischen Premierminister Narendra Modi verlaufen würde, der auch zu Gast in Hiroshima war. Indien hat bisher gezögert, die russische Invasion zu verurteilen. Auch die anhaltenden wirtschaftlichen Beziehungen des südasiatischen Landes zu Russland werden international kritisch gesehen.

Bei seinem Treffen mit Selenskyj am Samstag versprach Modi jedoch, dass Indien alles in seiner Macht stehende tun werde, um zur Beendigung des Konflikts beizutragen. Der Krieg habe viele Auswirkungen auf die Welt, sagte der indische Premier. Es sei nicht nur eine Frage der Wirtschaft oder der Politik, sondern "eine Frage der Menschlichkeit", so Modi.

Die Bereitschaft Modis, sich mit Selenskyj zu treffen, zeige, dass Indien seine Haltung in dieser Angelegenheit möglicherweise überdenke, sagt der Politikwissenschaftler Ian Chong von der National University von Singapur. Das Treffen der beiden würde auch der Führung in Peking zeigen, dass China nicht die "einzige Option auf dem Tisch" für die Ukraine und Russland sei.

Gesprächspartner Modi und Selenskyj: "Eine Frage der Menschlichkeit"Bild: Ukrainian Presidential Press Office/AP Photo/picture alliance

In den vergangenen Monaten versuchte die chinesische Regierung immer wieder, sich im Krieg in der Ukraine als Friedensstifterin zu präsentieren. Im Februar hatte China dazu einen Zwölf-Punkte-Plan vorgelegt, und in den folgenden Monaten traf sich der chinesische Staatschef Xi Jinping mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und führte ein Telefongespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj. Chinas gleichzeitige "strategische Partnerschaft" mit Russland lässt jedoch dessen Glaubwürdigkeit als Vermittler für viele Länder fragwürdig erscheinen.

Der neue Umgang mit China

Während das Thema Ukraine den Hiroshima-Gipfel beherrschte, demonstrierten die G7-Staats- und Regierungschefs auch Geschlossenheit gegenüber China. Sie werfen der Führung in Peking eine zunehmende Militarisierung vor und in aller Welt wirtschaftlich Druck auszuüben, um politische Ziele zu erreichen.

In einem bereits am Samstag veröffentlichten Kommuniqué äußerten die Staats- und Regierungschefs der G7 ernste Bedenken über Chinas militärische Aktivitäten im Südchinesischen Meer und im Ostchinesischen Meer und riefen zu friedlichen Lösungen für die zunehmenden Spannungen in der Taiwanstraße auf. Gleichzeitig brachten sie ihren Wunsch zum Ausdruck, "konstruktive und stabile Beziehungen" zu China aufzubauen.

Chinesisches Kriegsschiff in der Taiwanstraße (im April): G7-Sorge um zunehmende SpannungenBild: Thomas Peter/Reuters

Die Einsicht der G7, dass die Regierung in Peking für die Bewältigung globaler Herausforderungen unverzichtbar sei, "ist ein positiver geostrategischer Ansatz" gegenüber China, sagt Zsuzsa Anna Ferenczy von der Dong Hwa Universität in Taiwan. Dies werde zweifellos viele Länder auf der Welt beruhigen, so Ferenczy, die befürchten, in einem immer schärferen Wettbewerb zwischen China und den Vereinigten Staaten sich für eine Seite entscheiden zu müssen.

G7-Kommuniqué verärgert China

Die G7-Staaten bekräftigten in Hiroshima ihr Ziel, sich wirtschaftlich unabhängiger zu machen, ohne sich von China abzukoppeln. Dabei betonten die Gipfelteilnehmer, dass ihre Wirtschaftspolitik nicht darauf abziele, den ökonomischen Fortschritt und die Entwicklung Chinas zu beeinträchtigen.

Die G7-Staaten versprachen jedoch auch, den Herausforderungen zu begegnen, die sich aus "nicht marktwirtschaftlichen Politiken und Praktiken" ergeben. Als Beispiele nannten sie erzwungenen Technologietransfer und Chinas Umgang mit Daten - das habe die Weltwirtschaft verzerrt.

China reagierte umgehend auf das G7-Kommuniqué. Das chinesische Außenministerium nannte den Ansatz "international nicht glaubwürdig" und beschuldigte die G7, "den Weltfrieden zu beeinträchtigen".

Chinas verärgerte Reaktion zeige, dass das G7-Kommuniqué in Peking einen Nerv getroffen habe, sagt Dexter Roberts von der Indo-Pacific Security Initiative des Atlantic Council. In Anbetracht der Tatsache, dass diese Länder unterschiedliche Interessen und ein unterschiedliches wirtschaftliches Engagement gegenüber China haben, sei die Koordination und Einigkeit, die sich in den Erklärungen widerspiegeln, eine "große Sache", so Roberts.

Eine positive Gipfel-Bilanz zieht auch der Singapurer Politikwissenschaftler Chong: Die G7-Staats- und Regierungschefs hätten gehofft, eine gemeinsame Grundlage zu finden für die Herausforderungen durch autokratische Staaten wie China und Russland. Und dieses Ziel habe der Gipfel erreicht. Nun sei aber die Frage, so Chong, ob die G7-Mitgliedsstaaten es schaffen, diesen Konsens in die Tat umsetzen.

Adaptiert aus dem Englischen von Arnd Riekmann

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