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Politik

Mit der Landshut gegen Terrorismus

5. September 2017

Sie ist ein Symbol des "Deutschen Herbstes": 40 Jahre nach ihrer Entführung kehrt die Lufthansa-Maschine "Landshut" nun nach Deutschland zurück. DW-Exklusiv-Interview mit der ehemaligen Stewardess Gabriele von Lutzau.

Deutschland Landshut Entführung Flughafen Rom
Bild: picture-alliance/AP

Acht Jahre rottete sie auf dem Flughafen der brasilianischen Millionenstadt Fortaleza vor sich hin. Nun hebt sie zu ihrem allerletzten Flug ab: Die ehemalige Lufthansa-Maschine "Landshut" kommt aus Brasilien nach Deutschland zurück und soll im Luftfahrtmuseum in Friedrichshafen ausgestellt werden. Für fünf Tage, vom 13. bis 18. Oktober 1977, waren die 91 Passagiere der "Landshut" und ihre Besatzung in der Hand palästinensischer Terroristen, die mit der deutschen Roten Armee Fraktion (RAF) zusammenarbeiteten. Die Befreiung der Geiseln in Mogadischu durch die Spezialeinheit der deutschen Bundespolizei GSG 9 machte die Maschine zur Legende und erhob sie zum Symbol staatlicher Stärke.

Deutsche Welle: Haben Sie dazu beigetragen, dass die "Landshut" nach Deutschland zurückkommt?

Gabriele von Lutzau: Nein, die Initiative ging von dem Zeithistoriker und Journalisten Martin Rupps aus. Er setzt sich seit fünf Jahren vehement dafür ein, dass die "Landshut" zurückkommt. Jetzt, zum 40-jährigen Jahrestag des Deutschen Herbstes, hat er Außenminister Sigmar Gabriel dafür interessiert. Seitdem läuft die Sache.

Haben Sie die Initiative unterstützt? 

Voll und ganz. Mein Ziel war, dass die "Landshut" zurückkommt und dass die Ausstellung in Friedrichshafen zu einem Dokumentationszentrum gegen den Terror wird. Das ist mir gerade in den heutigen Zeiten wichtig. 

"Engel von Mogadischu": Die ehemalige Stewardess Gabriele von LutzauBild: picture-alliance/dpa/J. Kalaene

Waren Sie schon in Fortaleza auf dem Flughafen und haben sich dort die "Landshut" angeschaut?

Ich war im März dieses Jahres da. Es war ein Erlebnis. Ich hätte auch gerne gesehen, wie die Flügel abmontiert werden und die Maschine verladen wird, aber das war nicht möglich.

Gibt es für Sie eine Verbindung zwischen dem Terror von damals und heute?

Die Zeiten sind härter geworden. In den 70er Jahren hat es nur einige wenige getroffen, heute fordert der Terrorismus deutlich mehr Opfer. Er ist unkontrollierbar. Die "Landshut" steht für die Nichterpressbarkeit des Staates durch Terroristen, und diese Botschaft ist mir ein persönliches Anliegen.

Auf welche Weise sollte die "Landshut" im Luftfahrtmuseum präsentiert werden?

Mir persönlich geht es um Geschichte zum Anschauen und Anfassen, also dreidimensional. Das ist viel beeindruckender, als wenn man einen Essay liest oder Bilder anguckt. Ich stelle mir vor, dass im vorderen Teil der Maschine vielleicht die Bestuhlung wieder hergerichtet wird, die Küche und das Cockpit halbwegs restauriert werden, und dahinter dann ein Dokumentationszentrum entsteht. Da können dann auch Filme gezeigt werden. Dafür gibt es Spezialisten, die nichts anderes machen als Museumspädagogik. Ich bin vom Dornier-Museum gefragt worden, ob ich in das Beratergremium für die Ausstellung gehe, und das werde ich gerne tun.

Gestrandet in Fortaleza: Seit 2008 rostet die "Landshut" auf dem Flughafen der brasilianischen Metropole vor sich hinBild: picture-alliance/dpa/TMA Fortaleza/P. Wagner

Was bedeutet die Rückkehr der "Landshut" für Sie persönlich?

Ich konzentriere mich auf die Befreiung. Dass wir es geschafft haben, dass wir überlebt haben, dass wir uns das nicht haben bieten lassen. Und nicht darauf, dass wir, wie es schien, wie Lämmer zur Schlachtbank geführt wurden. Ich versuche, die positiven Aspekte zu pflegen und zu kultivieren und die negativen wegzulassen. Im Übrigen habe ich ein wunderbares Leben. Ich bin Bildhauerin und Mutter von zwei wundervollen Kindern. Ich habe eine tolle Enkeltochter. Mein Leben geht weiter, und ich habe keine Lust darauf, dass es von diesen Terroristen kontrolliert wird. 

Die Befreiung hätte auch scheitern können. Niemand wusste das besser als Ihr Mann.

Mein Mann war Co-Pilot in der Maschine, die der "Landshut" gefolgt ist. Das würde man heute nicht mehr machen, ihn tatsächlich fliegen zu lassen, die psychische Belastung ist zu groß. Aber das war damals kein Thema. Der damalige Staatsminister Hans-Jürgen Wischnewski, der mit den Entführern verhandelte, flog mit einer eigenen Lufthansa-Maschine hinterher. Mein Mann konnte immer sehen, dass ich in dem Flugzeug war. Er konnte mich sehen, das war für ihn ganz schön hart. Wenn ich in die Luft geflogen wäre, hätte er den Feuerball gesehen.

Trost statt Panik: Gabriele von Lutzau stand den Passagieren der Landshut in den schweren Stunden bei. Am 18.10.1977 wurde sie verletzt zu einer Feierstunde in die Lufthansa-Wartungshalle in Frankfurt gebracht Bild: picture-alliance/dpa

Und Sie haben wirklich mit diesem Kapitel abgeschlossen?

Der Deutsche Herbst ist ein abgeschlossenes Forschungsgebiet. Es gibt Leute aus der ganzen Welt, die Bücher über uns geschrieben haben. Wir sind Geschichte. Es fing an mit dem Olympia-Attentat 1972 in München, 1976 kam die Befreiung der entführten Air-France-Maschine in Entebbe, und schließlich die "Landshut" in Mogadischu. Damals ging es noch um Verhandlungen. Die RAF wollte mit der Entführung ihre Anführer freipressen, die in Stuttgart-Stammheim einsaßen. Trotzdem hat sich der Staat nicht erpressen lassen.

Der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt hat gesagt, wir tauschen gar nichts. Und das hat geklappt. Deswegen kann man heute sagen, das war der Punkt, danach hörten die Erpressungen auf. Heute haben wir es allerdings mit einem völlig anderen Terror zu tun. Es ist eine Art Todeskult.

Machen sich die Erinnerungen an die Entführung in Ihrem künstlerischen Schaffen bemerkbar?

Meine Kunst ist eine ganze eigene Sache. Jeder Künstler arbeitet aus einer inneren Unwucht heraus, und das ist mit Sicherheit auch bei mir der Fall. Ich mache Wächter und Flügelwesen. Es hat einen Grund, warum sich der Wunsch nach Freiheit und Aufbruch inmeinen Werkenwiderspiegelt.

Wie stehen Sie zur Debatte um Entschädigungen?

Zwischen Euphorie und Absturz: die Skulptur "Ikarus" von Gabriele von LutzauBild: Gabriele von Lutzau

Mit Helmut Schmidt wurde damals darüber diskutiert, ob Passagiere und Besatzung 3000 D-Mark Entschädigung bekommen sollen, sozusagen als Trostpflaster, damit wir uns einen schönen Urlaub machen können. Helmut Schmidt hat daraufhin gesagt, die sollen sich nicht so anstellen, im Krieg haben die Leute ganz andere Sachen mitgemacht. Zack, Ende der Diskussion. Das waren die 70er Jahre. Damals war jeder für sich selbst verantwortlich. Das war eine harte Zeit, es gab keine psychologische Hilfestellung. Wenn man keine Familie hatte, war man ganz schön aufgeschmissen, und manche Leute sind auch daran zerbrochen.

Es gibt ja auch Entschädigungen, die spät kommen. Sollten jetzt die noch lebenden Opfer entschädigt werden?

Ist das nicht albern, nach 40 Jahren noch eine Entschädigung zu bekommen? Ich brauche das nicht. Ich stimme in diesen Chor nicht mit ein. Die meisten Passagiere der "Landshut" sind leider schon tot. Das war ein Mallorca-Ferienflieger, da waren unwahrscheinlich viele Leute über 50 Jahre alt. Für mich ist das Thema abgeschlossen.

Das Gespräch führte Astrid Prange.

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