Wenn eine Schildkröte auf den Rücken fällt, ist das eine denkbar missliche Lage. Es gibt aber Arten der Galápagos-Riesenschildkröte, die schneller wieder auf die Beine kommen als andere.
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Das Leben als Riesenschildkröte könnte so entspannt sein. Dumm nur, wenn man auf den Rücken fällt. Ein internationales Forscherteam hat nun herausgefunden: Wie misslich die Lage der umgedrehten Schildkröten wirklich ist, bestimmt die Form des Panzers.
Demnach ist die Galápagos-Riesenschildkröte mit kuppelförmigem Panzer diejenige, die weniger Energie beim Umdrehen braucht als ihre Verwandten mit sattelförmigem Panzer. Diese hingegen seien benachteiligt, wenn es darum geht, wieder auf die Beine zu kommen, berichten die Forscher in der Fachzeitschrift "Scientific Reports".
Zappeln gegen Kopfstand
Auch die Bewegung beim Aufrichten unterscheidet sich laut Studie je nach Panzerform: Wenn Riesenschildkröten mit einem kuppelförmigen Panzer auf den Rücken gefallen sind, wackeln sie so lange mit Kopf und Füßen, bis sie genügend Schwung zum Umdrehen haben. Ihre Artgenossen mit sattelförmigem Panzer hingegen drücken ihren Kopf vertikal auf den Boden und ruckeln dann mit den Füßen.
Um den Energieaufwand beim Aufrichten messen zu können, erstellte das Team um die Biologin Ylenia Chiari Panzermodelle in 3D. Außerdem ermittelten die Forscher den Massenmittelpunkt zweier lebender Riesenschildkröten. Anschließend berechneten sie am Computer, wie viel Kraft die Tiere brauchen, um sich vom Rücken auf die Beine zu drehen.
Auf den Galapagosinseln leben elf Unterarten der Riesenschildkröte, deren Panzerformen sich grob in kuppel- und sattelförmige aufteilen lassen. Die Tiere bewohnen unterschiedliche Habitate: Während Riesenschildkröten mit sattelförmigen Panzer eher in trockeneren und tiefer gelegenen Gebieten des Archipels zu finden sind, leben jene mit kuppelförmigen Panzern in deutlich feuchteren, kälteren und höheren Regionen.
Mitgedacht von Mutter Natur?
Bislang war man davon ausgegangen, dass die verschiedenen Panzerformen eine Anpassung an unterschiedliche Futterquellen darstellen. Riesenschildkröten mit sattelförmigem Schutzschild sind dank einer Panzerwölbung in der Lage, ihren Kopf deutlich höher an Pflanzen heranzuführen. Die neuen Studienergebnisse könnten jedoch zeigen, dass auch die Fähigkeit, sich wieder aufzurichten, für die evolutionäre Entwicklung der Panzerformen von Bedeutung gewesen ist.
Die Galápagos-Riesenschildkröten wurden in den vergangenen Jahrhunderten von Walfängern als Nahrung gefangen und lebend mit an Bord genommen. Die kuppelförmige Riesenschildkröte (Chelonoidis elephantopus) galt über 150 Jahre als ausgestorben, erst 2015 konnten wieder einzelne Exemplare entdeckt werden. Der Galapagos-Archipel, 1000 Kilometer westlich von Ecuador, gehört zum Unesco-Weltnaturerbe.
Ein Hoch auf die Schildkröten
Happy Welt-Schildkröten-Tag! Leider ist der Anlass kein schöner: Der Aktionstag will auf die Bedrohung der Tiere aufmerksam machen. Eine gute Gelegenheit, um Ihnen ein paar besonders bekannte Vertreter vorzustellen.
Bild: picture-alliance/robertharding/J. Alexander
Ein echtes Urgestein
Die Schildkröte ist eine der ältesten noch existierenden Tierarten. Glaubt man Fossilienfunden, lebt sie schon seit über 200 Millionen Jahren auf der Erde - jedenfalls die Landschildkröten. Die Meeresschildkröten - hier im Bild - sind mit rund 150 Millionen Jahren "einen Tick" jünger.
Weder Naturkatastrophen noch Eiszeit konnten der Schildkröte etwas anhaben. Natürliche Feinde haben die erwachsenen Schildkröten kaum, nur den Menschen müssen sie fürchten. Landschildkröten waren früher eine beliebte Speise bei Seefahrern, einige Meeresschildkröten gelten noch heute als Delikatesse. Auch raubt der Mensch den gepanzerten Tieren immer öfter den Lebensraum.
Bild: picture-alliance/All Canada Photos
Besonders tragisch
Hier sehen Sie "Lonesome George". Aber nicht wie er leibt und lebt, sondern einbalsamiert im Museum. Die berühmte Riesenschildkröte starb 2012 an Herzversagen. Lonesome George galt lange als letzter Vertreter seiner Unterart. Er wurde 1971 auf den Galápagos-Inseln vor Ecuador entdeckt. Mittlerweile haben Forscher dort 17 mit ihm verwandte Schildkröten identifiziert.
Bild: picture-alliance/dpa
Methusalem unter den Schildkröten
Lonesome George wurde etwa 100 Jahre alt und wog rund 90 Kilogramm. Dieses Exemplar hier toppt das locker: Esmeralda, die mutmaßlich älteste noch lebende Schildkröte der Welt, zu Hause auf der Seychelleninsel Bird Island. Die Schildkrötendame ist über 400 Kilogramm schwer und angeblich über 200 Jahre alt. Allerdings gibt es um ihr Alter viele Gerüchte. "Sehr alt" ist sie aber definitiv.
Bild: Wikipedia/Tribalninja
Eine Landschildkröte auf hoher See
Das ist "Timothy the Tortoise", eine Schildkröte mit bewegtem Leben: Um 1844 geboren, wurde sie 1854 von Kapitän John Courtenay Everard auf einem geenterten portugiesischen Freibeuterschiff gefunden. Fortan war sie auf mehreren Kriegsschiffen das Maskottchen. 1892 ging sie in Rente. Bis zu ihrem Tod im Jahr 2004 lebte sie im Rosengarten von Schloss Powderham, südlich der englischen Stadt Exeter.
Bild: gemeinfrei
In Deutschlands Sümpfen zu Hause
Das hier ist eine Europäische Sumpfschildkröte. Längst nicht so alt und groß wie die vorherigen Exemplare - aber sie ist die einzige Schildkrötenart, die in Mitteleuropa in freier Wildbahn vorkommt. Sie steht in den Roten Listen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz als "vom Aussterben bedroht". Das Reptil des Jahres 2015 ist deshalb streng geschützt.
Bild: picture-alliance/dpa/Robert Schlesinger
Gewaltige Größenunterschiede
Die Riesenschildkröten der Galápagos-Inseln und der Seychellen wirken mit einer Länge von über einem Meter gigantisch. Noch größer sind aber Meeresschildkröten, zum Beispiel diese Lederschildkröte: 2,5 Meter lang, 900 Kilogramm schwer. Winzlinge unter den Schildkröten sind hingegen die Männchen der Gesägten Flachschildkröte aus Südamerika mit einer Panzerlänge von nur etwa acht Zentimetern.
Bild: picture-alliance/dpa/AP Photo/D.McFadden
Geschwindigkeit trifft Gemütlichkeit
Wer aber glaubt, die Lederschildkröte sei aufgrund ihrer Masse träge: falsch gedacht! Wenn's darauf ankommt, schafft sie es im Wasser auf bis zu 35 Stundenkilometer. Flott sind auch frisch geschlüpfte Schildkrötenbabys. Das Schlusslicht unter den Schildkröten ist die Gattung Gopherus: Sie lebt an Land und bewegt sich mit gemütlichen 0,21 bis 0,48 Kilometern in der Stunde vorwärts.
Bild: picture-alliance/Photoshot
Balanceakt
Dass Schildkröten sehr zäh sind, wissen wir nun. Aber auch so zäh, um mit dem Menschen fertig zu werden? Colin Limpus, Meereskundler im australischen Queensland, sagte im DW-Interview, das Überleben der Schildkrötenarten hänge davon ab, was wir ihnen in Zukunft zumuten. Und wie sehr wir ihnen helfen. Daran sollten wir nicht nur am Welt-Schildkröten-Tag denken.