Drohnen gelten als unverzichtbare Kriegstechnologie. In der Kunst haben sie bisher eine untergeordnete Rolle gespielt. Das Zeppelin-Museum in Friedrichshafen zeigt Drohnen als künstlerische Objekte.
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"Games of Drones": Wie sich Technik und Kunst zu einer Ausstellung formieren
Früher als militärisches Flugobjekt entwickelt, sind Drohnen in Form von Quadcoptern heute auch in der Freizeitwelt angekommen. Das Zeppelin-Museum zeigt sie erstmals als Kunstobjekte.
Bild: Raphaela Vogel
Raphaela Vogel: Prophecy (Videoarbeit/2016)
Eine ferne Figur am Horizont, weiße durchsichtige Stoffbahnen umwehen ihren Körper. Wind bläht den Stoff immer wieder neu auf und kreiert unterschiedliche Formen. Erst nach ein paar Minuten realisiert man bei dieser Videoarbeit der Künstlerin Raphaela Vogel, dass zwei fliegenden Drohnen diesen Wind mit ihren Rotoren verursachen. Und sie die Performance aus unterschiedlichen Perspektiven filmen.
Bild: Raphaela Vogel
James Bridle, Drone Shadow (2012)
Die meist unsichtbaren Flugkörper sichtbar zu machen, ist Hauptintention dieser ersten Kunstausstellung in Deutschland zum Thema Drohnen. "Eine Technologie, die absolute Gegensätze vereint und daher aus künstlerischer Sicht zahlreiche Möglichkeiten der Annäherung bietet", so Kuratorin Ina Neddermeyer. James Bridle zeichnet Umrissschatten der verschiedensten Drohnen im Außenbereich des Museums.
Bild: James Bridle
Omer Fast, 5000 Feet is the Best (Videoarbeit/2011)
Wie brutal die Abstraktion von Menschen zu "Zielobjekten" militärischer Drohnenangriffe ist, zeigt die Videoarbeit des Künstlers Omer Fast. Er hat dafür Interviews mit ehemaligen Drohnenpiloten der U.S. Air Force geführt, die unter postraumatischem Stressyndrom leiden. Die Stimmen der Piloten, die über ihre militärischen Einsätze berichten, hat Fast mit Dokumentarmaterial der Army unterlegt.
Bild: Omer Fast
Ahnohni, Drone bomb me (Videoarbeit/2016)
Die Künstlerin Ahnoni verbindet in ihrem kurzen Musikvideo persönliche Erlebnisse mit der Abstraktion eines Drohnenkrieges. Das Model Naomi Campbell verkörpert hier den Song eines neunjährigen afghanischen Mädchens, das durch einen Drohnenangriff seine Familie verloren hat. Auf dem Kopf trägt sie einen Krone, die an die Strahlenkrone der US-amerikanischen Freiheitsstatue erinnert.
Bild: Anohni
Adam Harvey, Stealth Wear (C-Print/2013)
Ein anderer Blickwinkel: Unter dem Titel "Anti Drone Fashion" zeigt Adam Harvey Serien von Models: Zwei ganz normale Schaufensterpuppen stehen bekleidet mit Kapuzenmodellen (sieh Bild) in der Ausstellung. Kein Schmuck, keine modischen Besonderheiten. Daneben die Erklärung, wie sie im Ernstfall zur Verteidigung gegen Drohnenangriffe getragen werden müssen.
Bild: Adam Harvey
Cardoso & Pater, A Study into 21th Century Drone Acoustics (2015)
Gonçalo F. Cardoso & Ruben Pater heißen die beiden Künstler, von denen diese Arbeit stammt. Eine Art Sound-Library der unterschiedlichen Drohnengeräusche, die die Museumsbesucher mit Kopfhörer hören können. Je nach Größe und Bauart klingen Drohnen völlig unterschiedlich. Die meist unsichtbar in der Luft fliegenden Objekte, werden damit als Kunstobjekt in die Realität geholt.
Bild: Gonçalo F. Cardoso & Ruben Pater
Ignacio Acosta, Litte ja Goabddá (Two-Channel-Video-Installation/2017)
Das indigene Volk der Samen in Nordskandinavien nutzt Drohnen als Protestinstrument gegen die Bedrohung durch ein umstrittenes Bergbauprojekt. In Gállak (Schweden) lagert einer der größten Eisenerzvorräte Europas. Eine Abbauerlaubnis würde das fragile Ökosystem in der Region gefährden. Der Künstler Ignacio Acosta zeigt in seiner Installation, wie die politischen Aktivisten Drohnen einsetzen.
Bild: Ignacio Acosta
Lawrence Lek, Geomancer (Videoarbeit/2017)
Hauptdarsteller der Videoinstallation "Geomancer" von Lawrence Tek ist ein KI-Satellit, der versucht, der erste KI-Künstler der Welt zu werden. Eine Arbeit an der Schnittstelle von Mensch, aktueller Drohnentechnologie und künstlicher Intelligenz (KI). Traumsequenzen wechseln sich in dem Video ab mit künstlichem Gesang.
Bild: Lawrence Lek
Zwischen Technik und Kunst
Die aktuelle Ausstellung im Zeppelin-Museum ist die erste, die sich auf interdisziplinäre Weise mit Drohnen beschäftigt: gezeigt werden militärische Flug- und Überwachungsobjekte genauso wie Drohnen als Objekte einer künstlerischen Installation oder Videoarbeit. Zu sehen ist die Ausstellung in Friedrichshafen/Bodensee noch bis zum 3. November 2019.
Bild: Martha Rosler
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Das Zeppelin-Museum am Bodensee beschäftigt sich seit langem mit der Geschichte der Flugobjekte: von den ersten menschlichen Flugversuchen bis hin zu modernen Zeppelin-Versionen.
In der aktuellen Ausstellung "Game of Drones. Von unbemannten Flugobjekten" (07.06. – 03.11.2019) gibt es neben viel Technik und militärischen Überwachungsdrohnen auch historische Flugobjekte zu sehen. Und aktuelle zeitgenössische Arbeiten von internationalen Künstlern, die sich auf höchst unterschiedliche Weise Drohnen zum Handwerkszeug der Kunst machen.
Drohnenvorläufer waren schon die ersten Flugobjekte. 1783 starteten die Gebrüder Montgolfier ihren ersten Heißluftballon 1783 vorsichtshalber unbemannt. Der "Montgolfière" diente allerdings keinerlei Überwachungszwecken, wie moderne Drohnen heute.
Ballons als Kriegswaffe
Schon bald danach spielten unbemannte Ballons in den militärischen Strategien diverser Kriegsherren eine Rolle. 1849 setzte der österreichische Leutnant Franz von Uchatius "Ballonbomben", mit Heißluft gefüllte und mit Munition und Sprengstoff versehene Papierballons, gezielt bei der Belagerung von Venedig ein. Es war erste Luftangriff der Weltgeschichte. Die Trefferquote war allerdings gering, die Technologie kam schnell wieder außer Mode.
Im Zweiten Weltkrieg wurden solche Ballonbomben wieder eingesetzt. Die japanische Armee startete eine Luftoffensive mit 9000 Ballonen, die Bomben über den Pazifik in das Gebiet des Kriegsgegners USA tragen sollten. Allerdings erreichten nur 300 ihr Ziel. Eine tötete sechs Menschen, die anderen verfehlten ihren Zweck. Auch die britische Armee testeten im 2. Weltkrieg bei der "Operation Outward" von 1942 bis 1944 extrem kleine Ballons, die unterhalb der Radarsysteme fliegen konnten, und die deutsche Kriegführung behindern sollten.
Vorstufen moderner Drohnen
Die U.S. Army setzte später im Kalten Krieg verstärkt unbemannte Ballone mit Spionagekameras ein. Technische Weiterentwicklungen und moderne Drohnen ersetzten diese Technik bald. Die Satellitenüberwachung aus dem All machte diese störanfällige Technologie überflüssig. An ihre Stelle traten hochtechnisierte Drohnen als neues Kriegsgerät, die ferngesteuert in Kriegsgebieten eingesetzt werden konnten.
In der Ausstellung im Zeppelin-Museum hängen zwischen den Kunstobjekten auch Original-Exemplare dieser militärischen Kampfdrohnen, um den Besuchern die Dimensionen zu veranschaulichen.
Von weitem sehen sie aus wie kleine Flugzeugmodelle ohne Fenster. "Es ist eine Technologie, die absolute Gegensätze vereint", betont Kuratorin Ina Neddermeyer. "Die KünstlerInnen der Ausstellung zeigen diese Widersprüchlichkeit in all ihren Facetten auf."
Weiblicher Blick auf Kriegstechnologie
Die Drohnenausstellung in Friedrichshafen wägt die Risiken und zivil nutzbaren Potentiale dieser Flugobjekte ab. Inzwischen gibt es längst kleinere Drohnen-Modelle für den Freizeitbereich und zur rein privaten Nutzung. Das Museum verfügt selbst über eine eigene Drohne, die den Namen Claire trägt und für das hauseigene Marketing Luftaufnahmen liefern kann. Auch die Deutsche Welle nutzt mit der #Daily Drone diese Technik für ihre Berichterstattung.
Häufig werden Drohnen als "männliche dominierte Technologie" und Spielerei bezeichnet. Interessant an der sehenswerten Ausstellung ist, welchen Blick Künstlerinnen auf diese Flugobjekte haben und wie sie sie als ästhetische Objekte für ihre Kunst einsetzen. Diese höchst unterschiedlichen Ansätze und Arbeiten zeigt unsere Bildergalerie.