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Game of Streams: Alle gegen Netflix

Sophie Schimansky
19. August 2019

Lange hat Netflix traditionellen Unterhaltungskonzernen die Zuschauer abgegraben. Die holen jetzt zum Gegenschlag aus und starten eigene Streamingdienste. Der Wettbewerb wird härter werden.

Videostreaming-Firma Netflix
Bild: picture-alliance/dpa/B.v. Jutrczenka

Verglichen mit dem fast 100 Jahre alten Unterhaltungsriesen Walt Disney Company ist Netflix sehr jung, gerade einmal 21 Jahre alt. Und doch hat Netflix dem Schöpfer von Mickey Maus und König der Löwen einiges voraus: ein gutes Jahrzehnt als Plattform für Online-Videostreaming und 150 Millionen zahlende Abonnenten weltweit.

Damit gilt Netflix derzeit als erfolgreichster Streaming-Anbieter. Der größte Konkurrent ist der Online-Händler Amazon, dessen kostenpflichtige Prime-Mitgliedschaft auch Videostreaming beinhaltet. Laut Amazon gibt es mehr als 100 Millionen Prime-Kunden. Wie viele von ihnen das Videostreaming nutzen, ist unklar, die Nachrichtenagentur Reuters geht von 26 Millionen Nutzern aus und beruft sich auf interne Unterlagen des Konzerns.

Und dann ist da natürlich noch Google mit YouTube und seinen 1,3 Milliarden Nutzern weltweit, die allerdings monatlich keine Gebühren zahlen müssen.

Wettbewerb zieht an

Doch in spätestens einem Jahr dürfte sich der Wettbewerb auf dem US-Markt, der derzeit von Netflix, Amazon Prime Video, Hulu und HBO beherrscht wird, noch einmal deutlich verstärken.

Disney und Kabel-TV-Anbieter wie AT&T wollen ein Stück vom Streamingkuchen und haben sich durch Übernahmen in Position gebracht.

Vom König der Löwen über Star Wars bis zu Superhelden-Filmen: Disney startet mit eigenem StreamingdienstBild: Imago Images/Cinema Publishers Collection/Disney Enterprises Inc

AT&T hat 2018 den Medienkonzern Time Warner übernommen, seitdem gehören auch der Bezahlsender HBO und dessen Streamingplattform "HBO Now" zum Unternehmen.

Und Disney, das mit dem Sender ABC und Kabelkanälen wie dem Disney Channel schon lange im traditionellen TV-Geschäft tätig ist, hat in diesem Frühjahr große Teile des Medienkonzerns 21st Century Fox übernommen. Damit gehört jetzt auch der Streamingdienst Hulu zum Disney-Imperium.

Auch Apple mischt mit

Doch es wird auch neue Plattformen geben. Am 12. November startet Disney in den USA seinen eigenen Streamingdienst, "Disney Plus".

Und der iPhone-Hersteller Apple will im Herbst seinen Streamingdienst "Apple TV plus" vorstellen und in 100 Ländern an den Start bringen. Für eigens produzierte Inhalte hat sich Apple unter anderem die Talkmasterin Oprah Winfrey und die Schauspielerinnen Jennifer Aniston und Reese Witherspoon ins Boot geholt. Schon beim Presse-Event im Frühjahr war das Star-Aufgebot hoch.

Streaming auf dem Vormarsch

Während die Nutzung von Steamingdiensten weltweit zulegt, geht die klassische TV-Nutzung zurück. Die meisten US-Bürger (56 Prozent) schauen selbst TV-Inhalte inzwischen als Videostream, 2017 waren es noch 40 Prozent.

Der US-Informationsdienst Reportlinker schätzt den weltweiten Markt für Videostreaming auf ein Volumen von 125 Milliarden US-Dollar.

Allein in den USA geben Konsumenten monatlich zwei Milliarden Dollar für Streamingangebote aus, so eine Studie der Unternehmensberatung Deloitte. Und pro Woche verbringt jeder US-Amerikaner im Schnitt ebenso viel Zeit mit Videostreaming wie mit Arbeiten.

Auch in Deutschland

In Deutschland ist die Nutzung von Videostreaming geringer, doch sie wächst ebenfalls, so die aktuelle Onlinestudie der öffentlich-rechtlichen Sendergruppen ARD/ZDF. Demnach sehen sich 60 Prozent der Befragten mindestens einmal wöchentlich Bewegtbilder im Netz an.

Von starken Marken wie "Game of Thrones" will HBO-Konzernmutter AT&T profitierenBild: picture-alliance/AP Photo/HBO/M. B. Polay

Im Gegensatz zum klassischen TV können Nutzer beim Streaming selbst entscheiden, wann sie etwas ansehen. Und anders als im kommerziellen Fernsehen gibt es bei Bezahldiensten wie Netflix und Co. auch keine Werbeunterbrechungen.

70 Prozent der US-Verbraucher glauben zudem, dass traditionelles Fernsehen keine gute Qualität bietet, so die Deloitte-Studie. Millionen kündigen demnach Pay-TV-Abos und Kabel-TV-Pakete und wechseln zu Streamingplattformen.

In den USA haben 55 Prozent der Haushalte mindestens einen Streamingdienst abonniert. 

Eigene Inhalte

Die Streaminganbieter produzieren auch erfolgreich eigene Inhalte. Netflix ist mit den Serien "House of Cards", "13 reasons why" und "Orange is the new black" bekannt geworden. Besonders erfolgreich war die Serie "Stranger Things", deren letzte Staffel 30 bis 40 Millionen Zuschauer hatte - je nachdem, ob man den Zahlen des Marktforschungsinstituts Nielsen oder denen von Netflix glaubt.

Mindestens ebenso erfolgreich war die von HBO produzierte Fantasie-Serie "Game of Thrones". Alleine die letzte Folge hatte gut 19 Millionen Zuschauer.

An beliebten Inhalten mangelt es auch Disney nicht. Wenn der Streamingdienst "Disney plus" im November startet, werden dort alle Klassiker des Konzerns zu sehen sehen, außerdem Star Wars und die beliebten Animationsfilme der Pixar-Studios.

Den Nutzungsvertrag mit Netflix wird Disney dagegen nicht verlängern, wodurch all diese Produktionen bei Netflix verschwinden werden.

Im Gegenzug muss Disney auf Einnahmen verzichten. Seit 2012 soll Netflix jährlich rund 300 Millionen Dollar an Disney gezahlt haben, um die Filme des Konzerns zeigen zu dürfen, schätzt das Tech-Magazin Recode.

Preis-Wettkampf?

Der Kampf der Plattformen wird aber nicht nur über die Inhalte ausgetragen, sondern auch die Preise. Bei Netflix kostet das günstigste Abo inzwischen nicht mehr acht, sondern neun Dollar im Monat, das teuerste 16 Dollar. Gerade erst hat das Unternehmen die Preise erhöht, denn es braucht Geld für neue Produktionen - besonders jetzt, da Disney und andere ihre Inhalte von der Plattform nehmen.

Dagegen soll das Einstiegspaket bei "Disney Plus" nach Konzernangaben nur sieben Dollar kosten.

Streamingkunden können den Anbieter leicht wechseln, die meisten Abos sind monatlich kündbar. Das erhöht den Druck auf die Anbieter zusätzlich. "Die Dynamik des Wettbewerbs verzeiht nichts", sagt Bret Sappington, Analyst bei Parks Associates. Und: Je neuer ein Anbieter im Markt sei, desto größer die Gefahr, dass Nutzer schnell wieder abspringen.

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