Aus Windstrom wird Gas für Verkehr und Chemie
17. März 2016Zuversichtlich blickt eine ganz neue, junge Branche in die Zukunft. Während vor allem Wind- und Solarkraft schon heute den Strom oft günstiger erzeugen als aus fossilen Energien, klimafreundlich sind und zunehmend die Stromversorgung übernehmen, sieht es im Verkehr und in der Industrie noch ganz anders aus. Öl und Gas sind hier die dominierenden Energien, und ein schneller Ersatz erscheint schwierig.
Auf der internationalen Speicherkonferenz und Messe in Düsseldorf, der Energy Storage Europe, zeigten Forschung und Industrie, wie auch der Ersatz von Gas und Öl gelingen kann und damit der komplette Ausstieg aus den fossilen Energiewirtschaft. Die rund 3000 Fachbesucher sind sich weitgehend einig: Die klimafreundlichen Techniken seien ausgereift, warteten auf den Durchbruch in den Massenmarkt und damit auf eine dynamische Entwicklung und Kostensenkung, ähnlich wie bei der Photovoltaik. Für den schnellen Erfolg brauche es jetzt die Politik.
Energiewirtschaft im Umbruch
In vielen Regionen ist die Energiewende sehr erfolgreich. Dänemark erzeugt so bereits 57 Prozent seines Stroms aus erneuerbaren Energien, in Deutschland sind es im Schnitt über 33 Prozent. In machen Regionen wird aber auch schon viel mehr sauberer Strom produziert als man regional verbraucht und durch fehlende Stromleitungen abtransportiert werden kann.
Um Leitungen und Stromnetz vor Überlastungen zu schützen, werden in Deutschland große Windparks zunehmend abgeschaltet. Energie im Wert von mehren hundert Millionen Euro bleibt so jedes Jahr ungenutzt.
Wohin mit der überschüssigen Energie?
Auf der Energy Storage wurden vom 15. bis 17. März Lösungen für die neue Energiewelt diskutiert und präsentiert. Batterien gleichen den schwankenden Wind- und Solarstrom für einige Stunden aus und sorgen so zugleich für die Stabilität im Stromnetz.
Zunehmend werden Batteriespeicher an Wind- und Solarparks oder bei Unternehmen und Privatverbrauchern installiert. Durch den starken Preisverfall werden Batteriespeicher für immer mehr Bereiche attraktiv.
Dänemark und einige norddeutsche Kommunen gehen aber auch schon einen Schritt weiter und wandeln den überschüssigen und günstigen Windstrom auch in Wärme um. Heizkraftwerke für das Fernwärmenetz brauchen somit weniger fossile Energien.
Aus Strom wird Gas und Öl
Als wichtiger Schlüssel für den Ersatz von fossilen Energien gilt Power-to-Gas. Bei dieser Technik wird Wasser mit Hilfe von Strom im sogenannten Elektrolyseur zu Wasserstoff umgewandelt. Das Gas lässt sich lange speichern, vielseitig verwenden und kann Öl- und Erdgasprodukte ersetzen.
Zum einen können Fahrzeuge mit Wasserstoff fahren.Toyota verkauft als erster Hersteller seit einem Jahr ein Serienfahrzeug mit Brennstoffzelle, die den Wasserstoff in Strom umwandelt und den Elektromotor antreibt. Zum anderen kann in einem weiteren Schritt Wasserstoff zu Methan umgewandelt werden, das dem Erdgas entspricht. Auch die Herstellung von flüssigen Kraftstoffen wie Diesel, Kerosin und Methanol, dem wichtigsten Grundstoff der chemischen Industrie, ist aus Wasserstoff möglich.
Einige Anlagen für die synthetische Erzeugung von verschiedenen Kraftsstoffen gibt es inzwischen vor allem in Europa. Nach Ansicht von Experten funktioniert die Technik gut und ist inzwischen ausgereift.
Synthetisches Öl und Gas braucht Politik
Für Power-to-Gas-Experte Prof. Michael Sterner ist der Durchbruch dieser Technik nur eine Frage der Zeit. "Wir werde hier die gleiche Entwicklung haben wie bei der Photovoltaik. Auch dort wurde vor ein paar Jahren gesagt, dass dies alles quatsch wäre und heute haben wir eine Multi-Gigawatt-Industrie. So wird es auch bei Power-to-Gas kommen."
Die Technik bietet sich vor allem an, um Erdgas und erdölbasierte Kraftstoffe zu ersetzen und als Grundstoff für die chemische Industrie, um beispielsweise Plastik herzustellen.
Derzeit ist die Technik allerdings noch verhältnismäßig teuer und gegenüber Erdöl und Erdgas noch nicht konkurrenzfähig. Anders sieht es allerdings im Vergleich zu Biogas aus, "da kann man sagen, dass das im Vergleich wirtschaftlich ist", so Sterner.
Rückenwind für den Durchbruch der Technik verspüren die Experten durch das Klimaabkommen von Paris. So rücken jetzt auch der Verkehr und die chemische Industrie zunehmend in den Fokus der sogenannten Decarbonisierung . Als klimafreundlicher Ersatz von Erdgas und Öl bietet sich bisher nur diese Technologie an.
Nach Einschätzungen von Energie- und Klimaexperten stehen Power-to-Gas rosige Zeiten bevor. "Was jetzt noch fehlt ist die Politik, die die richtigen Anreize setzt. Mit einer Anfangsinvestition von ein paar Millionen Euro löst man eine Investitionen mit mehreren Milliarden aus", so Sterner.
Bei der Politik steht das Thema bisher allerdings noch nicht auf der Agenda. "Die Materie ist komplex, und auf europäischer Ebene kennt man bisher nur das Thema der Batterien", so Sterner.