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Schon wieder Streit ums Gas

16. April 2009

Vor gut einer Woche wurde die Gaslieferung von Turkmenistan nach Russland durch eine Pipeline-Explosion in Tadschikistan unterbrochen. Jurij Fjodorow vom britischen Chatham House bewertet im Gespräch mit der DW die Lage.

Bild: AP

Deutsche Welle: Beobachter sprechen bereits von einem Gasstreit zwischen Moskau und Aschgabad. Wem würde er nutzen?

Jurij Fjodorow: Eine Verschärfung der Beziehungen nutzt sowohl der einen als auch der anderen Seite. Der turkmenischen Führung ist es wichtig, eine überzeugende Bestätigung dafür zu finden, dass es für Turkmenistan ungünstig und gefährlich ist, langfristig nur auf Beziehungen zu Russland zu setzen. Nicht die Explosion als solche ist wichtig, sondern die Reaktion des turkmenischen Außenamtes: Turkmenistan wirft Gasprom in scharfer Form vor, sich falsch zu verhalten.

Es geht darum, dass Turkmenistan vor nicht allzu langer Zeit den Bau einer Ost-West-Pipeline beschlossen hat, mit der die neuen Vorkommen in der Region Iolotan mit der Küste des Kaspischen Meeres verbunden werden sollen. In Aschgabad will man verhindern, dass die neue Leitung an die geplante Pipeline entlang des Kaspischen Meeres angeschlossen wird, über die letztendlich turkmenisches Gas nach Russland fließen würde. In Turkmenistan favorisiert man offensichtlich eine Pipeline durch das Kaspische Meer, was für Russland absolut ungünstig ist. Das ist ein seit langem bekannter Konflikt.

Allerdings herrscht meiner Ansicht nach innerhalb der turkmenischen Elite bezüglich einer Pipeline durch das Kaspische Meer keine Einigkeit. Der jetzige Zwischenfall kommt denen entgegen, die für eine Zusammenarbeit mit Europa, für den Bau einer Leitung durch das Kaspische Meer und die Beteiligung an der Nabucco-Pipeline eintreten. Das Problem ist nur, dass aus Turkmenistans Sicht die Leitung von den Europäern gebaut und finanziert werden soll.

Inwiefern nutzt denn die derzeitige Situation Gasprom?

Der Preis, zu dem Gasprom turkmenisches Gas heute einkauft, liegt bei etwa 240 Dollar pro 1000 Kubikmeter. Gasprom soll dieses Gas bis zur ukrainischen Grenze transportieren, wo es dann an die Ukraine verkauft wird. Der Preis für das von Gasprom an die Ukraine gelieferte Gas wird aber sinken, weil er an den Ölpreis, der bekanntlich fällt, gekoppelt ist. Die Folge ist, dass Gasprom Verluste machen wird. Für Gasprom ist es von Vorteil, den Einkauf turkmenischen Gases zu reduzieren, weil die Ukraine ihrerseits den Einkauf russischen Gases aufgrund der jüngsten Abkommen reduziert.

Sowohl der russischen als auch der turkmenischen Seite kommt derzeit eine solch verwirrende Anspannung entgegen. Die Partner werden sich gegenseitig vorwerfen, Abkommen zu verletzten und bei der Gaslieferung technische Bedingungen nicht zu gewährleisten. Dies wird Gasprom erlauben, den Einkauf von Gas und somit seine Verluste zu reduzieren. Den Turkmenen wird es wiederum ermöglichen, genügend Gründe dafür zu finden, sich mit den Europäern über den Bau einer Pipeline durch das Kaspische Meer zu einigen.

Autor: Michail Bushuev/Markian Ostaptschuk
Redaktion: Birgit Görtz

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