Polen und die Klimaziele
28. November 2008Die neusten Zahlen sprechen für sich: Polen hat sein Kyoto-Ziel dreifach übertroffen. Das junge EU-Mitglied konnte den CO2-Ausstoß um 21 Prozent senken – auf etwa 300 Millionen Tonnen jährlich. Das ist ein Drittel dessen, was Deutschland in die Luft pustet. Dementsprechend kann sich der Gastgeber der UN-Klimakonferenz durchaus selbstbewusst geben. Der polnische Umweltminister Maciej Nowicki verweist gerne auf diesen Erfolg. "Polen gehört zu den führenden Ländern, was die Reduzierung des CO2-Ausstosses angeht", so der Minister gegenüber der Deutschen Welle.
Kritik von Umweltschützern
Das hört sich zwar gut an, doch manche Umweltschützer sehen es mit Skepsis. Es sei viel erreicht worden, doch es sei weniger der Verdienst einer umweltbewussten Politik, als viel mehr bedingt durch den Rückgang der Schwerindustrie Anfang der 90ger Jahre. Das lässt Polen nicht auf sich sitzen und betont, dass der CO2 Ausstoß auch jetzt weiter reduziert wird - um sieben Prozent in den letzten 10 Jahren. Doch die eigentliche Kritik betrifft weniger die Bilanzen, als viel mehr die Zukunft. Polen will nämlich keine schnellen Entscheidungen beim Klimaschutz, die das Land zu stark unter Druck setzen und versucht gemeinsam mit acht weiteren EU-Mitgliedern das EU-Klimaschutzpaket zu lockern. In Deutschland erntet es dafür Kritik. Für Regine Günther von der Umweltstiftung WWF Deutschland spielt Polen in der EU eine schlechte Rolle. "Sie haben sich dafür eingesetzt, dass das Paket nach hinten verschoben wird.“
Doch Polen wehrt sich gegen solche Vorwürfe. Das Land versichert, die EU-Vorgaben zu erfüllen und seinen CO2-Ausstoss bis 2020 um mindestens weitere 20 Prozent zu senken. Allerdings will es ab 2013 noch keinen Emissionshandel im vollen Umfang haben. Der Umweltexperte Maciej Sadowski sieht in diesem Handel eine Art Börse, wo Spekulanten die Preise angekurbeln können. Wenn die Emissionspreise zu hoch wären, könnten viele Firmen nicht so viel produzieren, wie sie es wollen. "Und das würde ihr Wachstum bremsen oder sie legen die höheren Emissionskosten auf die Verbraucher um." Es ginge nicht darum, dass man den Handel nicht wolle, "aber wir wollen ihn nicht zu 100 Prozent von heute auf morgen einführen, sondern stufenweise bis zum Jahr 2020."
Energie fast nur aus Kohle
Die Ängste sind umso größer, weil Polen über 90 Prozent seiner Energie aus Kohle produziert. Polnische Kraftwerke gelten nicht gerade als die effizientesten. Deshalb hat die Regierung zwei große Anliegen: Die Preise zu stabilisieren und den Energieverbrauch zu reduzieren. Im Moment wird in Polen umgerechnet auf Einwohner doppelt soviel verbraucht, wie zum Beispiel in Deutschland. Michal Sadowski vom polnischen Umweltinstitut verweist auf eine riesige Vergeudung von Energie durch schlechte Verbrennung, durch alte Öfen, durch fehlende oder schlechte Isolierung von Energieleitungen und Häusern. Die Industrie müsse sich modernisieren – so wie es in den letzten Jahren zum Beispiel der Zementindustrie gelungen sei. "Doch viel schlechter sieht es mit Kraftwerken aus – viele von ihnen stammen aus den 50er Jahren und ihre Leistung ist wirklich weit davon entfernt, was in der EU heute als Norm gilt."
"Wir erfüllen alle Vorgaben!"
Weil sich Polen der Lage bewusst ist, will es um seine Interessen kämpfen. Dass die Umweltziele für das Jahr 2020 erreicht werden können, da ist man sich in Warschau sicher. Doch auf dem Weg dahin braucht Polen mehr Spielraum. Der polnische Umweltminister Michal Nowicki selbstbewusst: "Wir erfüllen alles, was uns die EU vorgibt. Aber wir wollen ein ganzes Paket an Möglichkeiten für uns schaffen und dafür brauchen wir im Moment mehr Zeit."
Vorerst aber steht Polen vor einer anderen Herausforderung. Es muss sich als Gastgeber der UN-Klimakonferenz in Posen behaupten. Europa-interne Diskussionen sollen dort kein Gegenstand der Diskussionen werden. Warschau betont, dass man sich der eigenen Verantwortung bewusst ist.