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Politik

Der Kampf um Syrien

Kommentarbild PROVISORISCH | Rainer Hermann, FAZ & Klett-Cotta
Rainer Hermann
28. Februar 2018

Die Syrer sind schon lange kriegsmüde. Insofern müsste, was als Bürgerkrieg begann, nun bald enden. Doch ihr Land ist ein Spielball externer Akteure geworden, meint Rainer Hermann von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Bild: Reuters/B. Khabieh

Der Kampf um Syrien wird auch nach sieben Jahren Blutvergießen und Leid unverändert heftig geführt. Denn der Krieg entscheidet über vieles - etwa darüber, ob Russland und Iran künftig an die Stelle der bisherigen Pax Americana treten; ob sich die Türkei aus der NATO löst und sich Russland weiter annähert; ob künftig Israel durch die massive iranische Präsenz in Syrien existentiell gefährdet sein wird; ob der "Islamische Staat", sobald es ein neues Vakuum gibt, wieder zurückkehrt.

Russland - die derzeit bestimmende Macht

Als vorläufiger Sieger darf sich nach sieben Jahren Krieg Russland freuen. Denn erst hat der Kreml mit seiner militärischen Intervention im September 2015 das Regime Assad gerettet; mit seinen politischen Initiativen hat es danach den Friedensprozess der Vereinten Nationen unterlaufen. Letzteres hat die Tragödie ausgelöst, die sich heute in der Ost-Ghuta ereignet. Denn Russland hat in den Konferenzen von Astana die Beendigung der Kampfhandlungen vom politischen Übergang in Syrien abgekoppelt. Geschaffen wurden dabei De-Eskalationszonen, aus denen das Regime seine Truppen vorübergehend abziehen wollte - auch aus Ost-Ghuta. Nachdem das Regime aber die Region Deir al-Zor vom IS zurückerobert hat, soll nun auch die Ghuta wieder dem Regime unterstellt werden.

Rainer Hermann ist Redakteur bei der Frankfurter Allgemeinen ZeitungBild: picture-alliance/dpa

Neu ist hingegen die Kriegsfront an der Grenze des kurdischen Kantons Afrin zur Türkei. Am 20. Januar begann die Türkei die Operation mit dem zynischen Namen "Olivenzweig" gegen Afrin. Russland hat diese Operation erst ermöglicht, indem es den Luftraum über Afrin für die türkische Luftwaffe geöffnet hat. Denn Russland umwirbt die Türkei. So war Putin der erste große Politiker, der dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zur Niederschlagung des Putschversuchs am 15. Juli 2016 gratuliert hatte. Und demnächst liefert der Kreml das Luftabwehrsystem S400 an die Türkei, was einen Mechanismus auslöst, der die Türkei von der westlichen Allianz forttreibt. Ungleich wichtiger als Syrien ist für Russland die Türkei, die es aus der NATO herauslösen will.

Dabei kollidieren die Interessen Russlands mit denen des syrischen Regimes. So ist Russland bereit, der Türkei Afrin zu überlassen; das Assad-Regime will jedoch seine Herrschaft über alle Landesteile wiederherstellen. Es will Afrins Grenze zur Türkei kontrollieren, und mit brachialer Gewalt will es die Provinz Idlib, die letzte Hochburg der weitgehend islamistischen Rebellen, zurückerobern.

Syrien - der neue Frontstaat gegen Israel?

Iran steht dabei fest an der Seite Assads. Seine Milizen sind dessen wichtigsten Bodentruppen, Iran baut in Syrien Stützpunkte und Waffenfabriken. So soll Syrien soll nach iranischen Wünschen die neue Front gegen Israel werden. Russland gibt daher eine Existenzgarantie für Israel ab - was zeigt, wie mächtig sich Russland im Nahen Osten fühlt.

Syrien ist ein Spielball der Mächte geworden. Die Syrer selbst sind zwar schon lange kriegsmüde, doch es sind die externen Akteure, die den Kampf um Syrien weiter führen. Und ihn nicht beenden, solange sie ihre Ziele nicht erreicht haben. Nicht sie leiden, sondern die syrische Zivilbevölkerung. Alle Appelle, die Kampfhandlungen einzustellen, verpuffen.Weil es keinen Hebel gibt, Russland, Iran und das Regime an den Verhandlungstisch und zum Einlenken zu bringen. Der Westen hat sich, aus guten Gründen, entschieden, nicht militärisch zu intervenieren. Denn bei der Entschlossenheit, mit der die Verbündeten des Regimes den Krieg führen, wäre der - wenn überhaupt - nur mit hohen Opfern zu gewinnen. Bei dieser Konstellation werden in Syrien auch in den kommenden Jahren alte Fronten zurückkehren und immer wieder neue Fronten eröffnet werden.

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