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Politik

Die Angst auf Kuba vor dem Crash in Venezuela

Kommentarbild Yoani Sanchez PROVISORISCH
Yoani Sánchez
13. März 2019

Nur wenige Dinge fürchten die Kubaner so sehr wie die Rückkehr der tiefen Wirtschaftskrise der 1990er-Jahre, die von der Regierung euphemistisch als "Sonderperiode" bezeichnet wurde, meint Yoani Sánchez.

Weite Teile der venezolanischen Hauptstadt Caracas liegen im DunkelnBild: Getty Images/AFP/M. Delacroix

Wie ein nationales Trauma haben sich die damaligen langen Stromausfälle, der Stillstand des Verkehrs und die leeren Regale in das Gedächtnis gleich mehrerer Generationen in Kuba eingraviert. Die Bilder von Dunkelheit und Chaos in Venezuela wecken nun die schlimmsten Erinnerungen unter den Kubanern.

Nacht in einem Land voller Energie

Im Land mit den größten Ölreserven der Welt stehen die Menschen im Dunkeln. Sie kochen sofort nach jedem Einkauf, damit die Lebensmittel nicht wegen mangelnder Kühlung verderben. Zudem sollen laut Angaben der venezolanischen Ärzteorganisation "Médicos por la Salud" schon 21 Patienten wegen des Stromausfalls gestorben sein. Der Mangel an Elektrizität hat auch die  Sicherheitslage auf den Straßen verschlechtert und der Ausfall der Mobilfunknetze jede Kommunikation abgeschnitten. Die Bilder aus Venezuela könnten kaum symbolischer sein: Es sieht aus, als hätte sich eine lange Nacht über das Land gelegt.

DW-Autorin Yoani Sanchez ist eine Bloggerin aus Kuba

Die venezolanische Regierung beschuldigt ihre Gegner im Land, "mit Hilfe und Unterstützung der Vereinigten Staaten" verantwortlich für den massiven Stromausfall zu sein. Sie behauptet hierfür Beweise zu haben, die sie den Vereinten Nationen vorlegen will. Doch in Wahrheit sind Stromausfälle in den vergangenen zehn Jahren in Venezuela längst zur Routine geworden. Warnungen über den massiven Wartungsbedarf des Stromnetzes und der Kraftwerke wurden in den Wind geschlagen. Was am vergangenen Donnerstag seinen Lauf nahm, ist nach ersten Berichten deswegen eher das Ergebnis eines vorhersehbaren technischen Versagens als absichtlich herbeigeführte Sabotage.

Wie ein Riese, der an seiner empfindlichsten Stelle getroffen wurde, taumelt das südamerikanische Land durch eine heftige Versorgungskrise. Das konnten sich in dem potenziell reichen Land vor zwei Jahrzehnten nur wenige vorstellen, als die Mehrheit der Venezolaner Hugo Chávez zu seiner Präsidentschaft verhalf, die im gegenwärtigen Regime von Nicolás Maduro mündete. Einem Regime, das inzwischen von einem Großteil der Bevölkerung abgelehnt wird und international in der Kritik steht. Und sogar von orthodoxen Linken als "Verrat am Chavismus" gebrandmarkt wird.

Mangel an Transparenz

Aber anstatt wirksame Notmaßnahmen einzuleiten und den Bürgern transparent Informationen über den Stand der elektrischen Anlagen zu liefern, zieht es Präsident Nicolás Maduro vor, die Rolle des tragischen Opfers zu spielen und lediglich Parolen und Verschwörungstheorien abzusondern. Die Opposition mit Juan Guaidó an ihrer Spitze, verfügt ihrerseits einen Lieferstopp venezolanischen Öls an Kuba und ruft das Volk zu Protesten gegen den "Usurpator" Maduro auf.

Deswegen steigt die Nervosität auf Kuba. Zur eigenen Wirtschaftskrise kommt nun die Gefahr, die schon in der Vergangenheit reduzierten Öllieferungen aus Venezuela eventuell bald ganz zu verlieren. Und die größte Sorge der kubanischen Regierung ist, wie das eigene Volk reagieren könnte, wenn die kubanische "Sonderperiode" der 1990er-Jahre nicht nur als Schreckgespenst, sondern als Realität zurückkehrt.