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Ein gesunder Planet hängt vom Ende von Kohle, Öl und Gas ab

Bhavreen Kandhari
2. Juni 2022

Will die "Stockholm+50"-Konferenz ihr Motto "Ein gesunder Planet für den Wohlstand aller" umsetzen, müssen Politiker schnell auf saubere Energien setzen, findet Bhavreen Kandhari von der Initiative Warrior Moms.

Ein Motorrad-Fahrer fährt durch den Smog in Delhi
Delhi ist die dreckigste Stadt der weltBild: Hindustan Times/imago images

Vor 50 Jahren, als der wissenschaftliche Konsens über menschengemachte Umweltverschmutzung begann, traf sich die Weltgemeinschaft zum ersten Mal und setzte sich ehrgeizige Ziele für den Schutz der Natur und den Wohlstand der Menschen. Das Ergebnis war die Stockholmer Erklärung. Die hat aber leider bis heute nicht geliefert.

Meine beiden 18-Jahre alten Zwillingstöchter sind mit Luftverschmutzung aufgewachsen. Sie sind starke und athletische Spielerinnen der indischen Basketballnationalmannschaft und hatten bereits als Teenager Lungen wie jemand, der sein Leben lang geraucht hat. Sie husten, schniefen und sind anfällig für Atemwegserkrankungen, nur weil wir dort leben, wo wir nun mal leben. In Delhi. Der dreckigsten Stadt der Welt.

Bhavreen Kandhari, Mitbegründerin Warrior Moms IndiaBild: privat

Ich bin wütend und enttäuscht, wenn ich jetzt an der 50+-Konferenz der Vereinten Nationen in Schweden teilnehme. Untätigkeit hat meine Töchter ihr fundamentales Recht auf ein gesundes Leben gekostet. Und ihre Erfahrungen sind beileibe keine Einzelfälle. In Delhi hat jedes dritte Kind geschädigte Lungen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist alarmiert, dass inzwischen neun von zehn Menschen weltweit giftige Luft atmen und eine Harvard-Studie stellte fest, dass das Verbrennen von Kohle, Öl und Gas verantwortlich ist für einen von fünf frühzeitigen Todesfällen.

Was würden Sie tun, wenn jemand ihr Kind vergiftet? Ich würde aufspringen und die Person umbringen. Aber unsere Kinder nehmen die giftigen Dämpfe mit jedem Atemzug in sich auf und wir tun nichts dagegen.

Smog ist in Indien allgegenwärtigBild: Anushree Fadnavis/REUTERS

Erneuerbare sind die Lösung, fossile Energie die Vergangenheit

Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, hat vor kurzem fünf entscheidende Maßnahmen skizziert, damit wir die "Rettungsleine", die uns Erneuerbare Energien bieten, zu fassen bekommen. Dazu gehört, erneuerbare Energien wie ein grundlegendes öffentliches Gut zu behandeln, Subventionen von Kohle, Öl und Gas auf Erneuerbare zu übertragen und die Investitionen in saubere Energien bis 2030 auf 3,9 Billionen Euro zu verdreifachen. Das ist wenig im Vergleich zu den 5,9 Billionen US-Dollar, mit denen 2020 weltweit fossile Brennstoffe subventioniert wurden und den daraus entstehenden Kosten für die Gesundheitssysteme.

Die WHO hat im September 2021 ihre Leitlinien für die Luftqualität verschärft, sie basieren auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Durch die Einhaltung dieser Leitlinien könnten 80 Prozent der Menschenleben gerettet werden, die Stand heute durch das Einatmen von PM2,5 - den bei der Verbrennung von Kohle, Öl, Gas und Holz entstehenden Rauch - ums Leben kommen.

Der schnellstmögliche Ausstieg aus neuen fossilen Brennstoffen und die Einhaltung der WHO-Luftqualitätsrichtlinien werden zu saubererer Luft und einer besseren öffentlichen Gesundheit führen und außerdem unsere Chancen verbessern, noch vor 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen.

Die weitreichenden Folgen von extremer Hitze

Wir leiden schon heute unter der Klimakrise. Die aktuelle Hitzewelle in Indien mit quälenden 49°C und höher führte dazu, dass Arbeiter krank wurden und Einkommensverluste hinnehmen mussten, die Regierung kürzte die Ernteprognosen und hat den Export von Weizen gestoppt. Doch absurderweise holzen wir immer noch die Wälder und Bäume ab, die Kohlenstoff speichern, die Luft reinigen und Schatten, Schutz und Nahrung spenden. In Indien zum Beispiel wurde im April mit der Abholzung des Hasdeo Aranya Forest für einen Kohletagebau begonnen. 

Ein Junge kühlt sich während der Hitzewelle im Mai in einem Wasserbecken abBild: SAJJAD HUSSAIN/AFP

Wie werden die Menschen überleben, wenn die jüngste Hitze zur Norm wird? Wie werden Produktionsanlagen, landwirtschaftliche Betriebe, Stromnetze und globale Versorgungsketten funktionieren, wenn die Menschen krank sind und es zu heiß ist, um zu arbeiten? 

Das sind die Fragen, mit denen sich die Verantwortlichen auseinandersetzen müssen, wenn sie wirklich einen gesunden Planeten für den Wohlstand aller schaffen wollen. 

In mancherlei Hinsicht hat sich in den letzten 50 Jahren viel verändert. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse über Umweltverschmutzung, Klimawandel und Gesundheit sind heute gewaltig und unwiderlegbar, Lösungen sind leicht zugänglich, und die Menschen auf der ganzen Welt stehen auf und fordern gesündere und sauberere Lebensstile.

Dennoch vergiften wir immer noch unsere Kinder. Es ist dringend an der Zeit zu handeln. 

Bhavreen Kandhari ist Mitbegründerin von Warrior Moms India, einer Gruppe der Umweltbewegung Parents For Future. 

Die diesjährige "Stockholm+50"-Konferenz nimmt Bezug auf die Stockholm-Konferenz der Vereinten Nationen im Juni 1972, die erste bedeutende globale Umweltkonferenz. Die dort begonnenen Gespräche zwischen Industrie- und Entwicklungsländern über die Verbindung von Wirtschaftswachstum und Umweltverschmutzung führte zum Konzept der nachhaltigen Entwicklung. Im Anschluss wurde das UN-Umweltprogramm (UNEP) gegründet.

Der Beitrag wurde aus dem Englischen adaptiert.

Kinder in der Klimakrise - Teil 2

42:30

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