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Familienunternehmen gegen IWF-Vorwurf

Prof. Brun-Hagen Hennerkes, Vorsitzender des Vorstandes der Stiftung Familienunternehmen
Brun-Hagen Hennerkes
15. Juli 2019

Aus der Sicht des IWF sind Familienunternehmen mitverantwortlich für die zunehmende Ungleichheit in Deutschland. Der Chef der Stiftung Familienunternehmen, Brun-Hagen Hennerkes, findet: Das Gegenteil ist richtig.

Bild: picture-alliance/dpa/M. Murat

Es lässt aufhorchen, wenn sich der Internationale Währungsfonds (IWF) mit der Rolle der Familienunternehmen in Deutschland beschäftigt. Endlich, so möchte man meinen, erkennt auch der Währungsfonds, dass die weltweit tätigen Familienunternehmen in Deutschland maßgeblich zum Wohlstand beitragen. Überraschenderweise sieht der IWF jedoch wenig Licht und viel Schatten. Der Währungsfonds betrachtet die Stärke der großen deutschen Familienunternehmen als Hauptgrund für eine ungleiche Vermögensverteilung. In der Studie heißt es provozierend, in Deutschland liege das größte Vermögen in der Hand von "Industriedynastien". Diese Aussage ist grob falsch. Die soziale Marktwirtschaft beweist das Gegenteil.

Es verunsichert, dass dem Währungsfonds wesentliche Erkenntnisse abhandengekommen sind. Es sind ja gerade die Familienunternehmen, die ungleiche Entwicklungen in vielfältiger Weise verhindern. Auf die Familienunternehmen entfallen in Deutschland knapp 60 Prozent aller Arbeitsplätze. Somit sind sie es, die dafür sorgen, dass Ungleichheit durch Arbeitslosigkeit weitgehend vermieden wird. Der Währungsfonds gab in der Vergangenheit mehrfach Anlass zu Verwunderung. Als die Bundesregierung in den Jahren nach der Finanzkrise den Staatshaushalt in Ordnung brachte, musste sich Berlin der Kritik des IWF erwehren. Aus Washington hieß es, Deutschland dürfe es mit dem Sparen nicht übertreiben. Auch die Erfolge unserer Exportunternehmen, die sich im deutschen Leistungsbilanzüberschuss widerspiegeln, stoßen beim IWF auf Unverständnis. Die aktuelle Analyse des IWF ist einseitig, unangemessen und fehlerhaft.

Brun-Hagen HennerkesBild: Thomas Klink

Familienunternehmen wirken regionalem Gefälle entgegen

Der Währungsfonds verkennt, wie wichtig Familienunternehmen für das Land sind. Es sind die Familienunternehmen, die überall in Deutschland den Jobmotor am Laufen halten. Sie sind selten in großen Ballungszentren, sondern mehr in ländlichen Regionen tätig und wirken damit einem regionalen Gefälle entgegen. Trotz fortschreitender Globalisierung zahlen sie den Großteil ihrer Steuern im Heimatland.

Das Urteil des IWF, wenige große Familienunternehmen hielten die Fäden der deutschen Wirtschaft in der Hand, ist unsinnig. Es ist gerade die Vielfalt an Familienunternehmen, die für unseren Wohlstand sorgt und um die uns das Ausland beneidet. In Deutschland gibt es allein 1300 heimliche Weltmarktführer, die auf Nischenmärkten weltweit tätig sind. Die 500 größten Familienunternehmen, dazu zählen bekannte Namen wie die Schwarz-Gruppe, Oetker, Stihl und Kärcher, haben im vergangenen Jahrzehnt mehr Arbeitsplätze in Deutschland geschaffen als die anonymen Dax-Unternehmen.  Während die TOP-500-Familienunternehmen die Zahl der Beschäftigten im Inland um 23 Prozent erhöhten, stieg bei besagten Dax-Konzernen im Streubesitz die Inlandsbeschäftigung nur um vier Prozent. 

Die vom IWF aufgeworfene Frage nach der Vermögenskonzentration muss im historischen Kontext betrachtet werden. Die deutschen Familienunternehmen sind so erfolgreich, weil sie langfristig und nachhaltig wirtschaften. Sie streben danach, das Unternehmen an die nächste Generation zu übergeben. Im Lauf der Zeit sind auf diese Weise große, international agierende Familienunternehmen entstanden – und damit auch große Vermögen. Das ist aber kein Nachteil, wie der IWF fälschlicherweise glaubt, sondern dies sichert unsere Wettbewerbsfähigkeit. Denn diese Vermögen sind produktiv im Unternehmen gebunden.

Stabilitätsfaktor auch in Krisenzeiten

Für Familienunternehmen ist es typisch, dass sie Gewinne wieder investieren. Der im vergangenen Jahr verstorbene langjährige Trumpf-Chef Berthold Leibinger hat einmal gesagt: "Ich war immer der Meinung, dass die erarbeitenden Gewinne zuerst dem Unternehmen zur Verfügung stehen müssen." Nach dieser Maxime verfahren die meisten Familienunternehmen. Das bedeutet mehr Investitionen und Arbeitsplätze. Die starke Substanz der Familienunternehmen hat nachweislich geholfen, Krisenzeiten ohne Massenentlassungen zu überstehen. Es wäre fahrlässig, das ändern zu wollen.

Die wirtschaftspolitischen Ratschläge, die der IWF der Politik erteilt, überzeugen in keiner Weise. Der Währungsfonds empfiehlt, Vermögen stärker zu besteuern und regt insbesondere höhere Erbschaftsteuern an. Dabei ignoriert der IWF völlig, dass Deutschland längst ein Höchststeuerland geworden ist. Seit der letzten Unternehmenssteuerreform sind elf Jahre vergangen. Im Steuerwettbewerb fällt Deutschland immer weiter zurück. In dieser Situation höhere Erbschaftsteuern zu fordern, ist unverantwortlich. Seit der Erbschaftsteuerreform 2016 ist die Übergabe des betrieblichen Vermögens an die nächste Generation mit erheblichen Belastungen verbunden. Das beweist das steigende Erbschaftsteueraufkommen. Neue Belastungen wären Gift für unser Land.

Die Analyse des IWF übersieht, dass Deutschland bei der Einkommensverteilung gut abschneidet. Staaten mit hoher Substanzbesteuerung und einem hohen Anteil börsennotierter Unternehmen sind uns jedenfalls nicht überlegen. Misst man die Einkommensungleichheit, dann steht Deutschland besser da als die übrigen G-7-Staaten USA, Großbritannien, Frankreich Italien, Japan und Kanada. Zu Alarmismus besteht jedenfalls keinerlei Anlass.

Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Brun-Hagen Hennerkes ist Vorsitzender des Vorstands der Stiftung Familienunternehmen.
 

Der Beitrag erschien zuerst in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) am 15.07.2019

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