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Politik

Hussein K. und die Lücken im europäischen Raum

Helene Bubrowski Kommentarbild App PROVISORISCH
Helene Bubrowski
16. Dezember 2016

Die deutschen Behörden haben im Fall des afghanischen Flüchtlings alles richtig gemacht. Und doch hätte der Mord von Freiburg vermieden werden können, meint Helene Bubrowski von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Hier wurde die Freiburger Studentin Maria L. überfallen, missbraucht und in den Fluss geworfen, wo sie ertrankBild: DW/ M. Schneider

Der afghanische Flüchtling, der im Oktober in Freiburg eine Studentin vergewaltigt und getötet haben soll, ist durch alle Raster gerutscht. Seit seiner Einreise nach Deutschland vor einem guten Jahr stand er unentwegt in Kontakt mit Beamten und Behörden. Doch was niemand in Erfahrung brachte: Hussein K. hatte bereits in Griechenland wegen eines Gewaltdelikts im Gefängnis gesessen.

Kein Hinweis für die deutschen Behörden

Er war zu zehn Jahren Haft verurteilt worden, weil er eine Frau überfallen und eine Steilwand heruntergestürzt haben soll. Aufgrund eines Amnestiegesetzes in Griechenland kam er aber nach nur 17 Monaten auf freien Fuß - und verließ das Land umgehend in Richtung Deutschland. Bundespolizei, Landratsamt und Jugendamt hierzulande waren dabei keineswegs nachlässig. Vielmehr sieht alles danach aus, dass Hussein K. durch alle vorgesehenen Kontrollen ging - und dabei nichts falsch gelaufen ist.

Helene Bubrowski ist Redakteurin der Frankfurter Allgemeinen ZeitungBild: F.A.Z./Wolfgang Eilmes

Zwar soll die Europäische Union ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts sein. So wollen es die EU-Verträge schon seit 1999. Doch die Realität hinkt diesem Ideal beträchtlich hinterher. Der Datenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten ist unzulänglich. Bis heute können die europäischen Mitgliedstaaten lediglich die Daten von EU-Bürgern in ihren Strafregistern austauschen. Das Schengener Informationssystem hilft nur dann weiter, wenn eine Person zur Fahndung ausgeschrieben ist. Daher brachte es gar nichts, dass die deutschen Bundespolizisten nach dem Grenzübertritt Hussein K.s Fingerabdrücke nahmen, Lichtbilder machten und sie mit den entsprechenden Datenbank abglichen.

Es ist konsequent und richtig, dass die Europäische Kommission sich vorgenommen hat, den Datenaustausch in Europa zu verbessern. Auch die Lücke, durch die Hussein K. gefallen ist, soll gestopft werden: Künftig sollen Mitgliedstaaten auch auf Einträge zu Nicht-EU-Bürgern in Strafregistern zugreifen können. Im Freiburger Fall wären die Behörden gewarnt gewesen und hätten Vorkehrungen treffen können. Hussein K. wäre dann niemals in einer Freiburger Gastfamilie gelandet.

Zauderer und Bedenkenträger

Zu hoffen ist, dass sich die EU-Regierungen bei der Verabschiedung der Europäischen Sicherheitsagenda nicht querstellen. Es finden sich immer viele, die die mangelhafte Zusammenarbeit von Polizei und Justiz in Europa lautstark beklagen. Aber sobald es tatsächlich daran geht, Daten und Informationen mit anderen Staaten zu teilen, gibt es vor allem Zauderer und Bedenkenträger.

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