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Hillaryland, abgebrannt?

Thomas Jäger15. Februar 2008

Nach Obamas Siegen heißt es für Clinton im US-Vorwahlkampf der Demokraten, dass sie in Texas und Ohio gewinnen muss. Auf die Superdelegierten sollte sie besser nicht setzen, meint Politik-Professor Thomas Jäger.

Themenbild Gastkommentar (Quelle: DW)
Bild: DW

Während Barack Obama bei den Demokraten nach seinen acht Wahlsiegen hintereinander und der Republikander John McCain nach seinem dringend benötigten dreifachen Erfolg über Mike Hukabee schon einmal den Präsidentschaftswahlkampf simulierten, schien Hillary Clinton, fernab in El Paso, Texas, um ihre letzte Chance zu kämpfen. An allen Fronten gerät ihre Kampagne unter Druck

Sieg um Sieg

Clinton hat die großen, delegiertenreichen Staaten gewonnen. Hätte die demokratische Partei die Delegiertenverteilung der Republikaner, stünde sie uneinholbar vor Obama. Hat sie aber nicht. So sammelt Obama Sieg um Sieg in den an Delegiertenzahlen kleinen Staaten. Damit positioniert er sich nicht nur als gefühlter Sieger, sondern er sammelt auch wirkliche Delegiertenstimmen. Der Abstand zwischen beiden beträgt derzeit 129 Stimmen, 1120 für ihn, 991 für Clinton. Dieser Vorsprung akkumulierte sich trotz proportionaler Verteilung der Delegierten, weil Obama in vielen Staaten mit sehr deutlichem Abstand von 20 und mehr Prozentpunkten gewonnen hat.

Ob Clinton diesen Abstand verkleinern oder gar das Verhältnis wieder umlehren kann, wird in Wisconsin, Texas, Ohio und Pennsylvania entschieden. Das setzt Clinton unter Druck, zumindest zwei Staaten mit gehörigem Abstand von 20 Prozent gewinnen zu müssen. Ohio und Texas, beide entscheiden am 4. März, sind von ihrem Wahlkampfteam hier als besonders günstig ausersehen worden.

Brandmauer-Strategie um Texas und Ohio vermeiden

Entsprechend setzt Clinton ihre Ressourcen ein. Allerdings wurde sie nun schleunigst nach Wisconsin geschickt, um den schädlichen Eindruck einer Brandmauer-Strategie um Texas und Ohio zu vermeiden. Wisconsin scheint derzeit wohl eher an Obama zu gehen, die Frage ist jedoch, in welchem Abstand er gewinnen kann und ob sich aus einem hohen Sieg die Zahl des Delegiertenvorsprungs deutlich erhöhen lässt.

Gleichwohl wird Clinton jetzt häufig mit dem Republikaner Rudy Giuliani verglichen: So wie er in Florida auf alles oder nichts setzte, so heißt es bei ihr in Texas und Ohio: stehen oder fallen. Wenn sie einen der beiden Staaten verliert, dürfte ihr Wahlkampf zu Ende sein.

Ergebnis der Vorwahlen nicht auf den Kopf stellen

Daran ändern auch die Superdelegierten nichts, jene 796 Parteifunktionäre, die ohne Mandat zum Wahlparteitag reisen. Rechnet man deren Zusage, für einen der beiden Kandidaten stimmen zu wollen, ein, so ergibt sich derzeit ein Stimmenverhältnis von 1276 für Obama und 1233 für Clinton. Wie man sieht, ist der Großteil der Superdelegierten noch unentschieden und alle können ihre Entscheidung jederzeit revidieren.

Aus der demokratischen Partei wird lautstark davor gewarnt, mit Hilfe dieser Delegierten das Ergebnis der Vorwahlen auf den Kopf zu stellen. Genau zu diesem Zweck aber waren die Superdelegierten Anfang der 1970er Jahre in das Auswahlverfahren eingeführt worden. Dieses Instrument zu nutzen erfordert kluge Parteipolitik.

Erweckungskampagne versus Parteipolitik

Fraglich wird jedoch zusehends, ob Clinton gegen die Erweckungskampagne von Obama überhaupt noch Parteipolitik betreiben kann. Mit dem Abgang ihrer beiden Wahlkampfmanager Patti Solis Doyle und Mike Henry wurde spät die Konsequenz aus einem finanziell und inhaltlich suboptimal geführten Wahlkampf gezogen. Viele hatten einen solchen Schritt zuvor angemahnt, nicht zuletzt Harold Ickes, der für sie die Superdelegierten bei der Stange halten soll. Aber Obamas Bewegungsrhetorik wendet sich momentan auch erfolgreich gegen parteipolitische Hinterzimmerabsprachen.

Ob die Brandmauer um Texas und Ohio hält, wird man Anfang März sehen. Schon am 19. Februar gibt es in Wisconsin einen ersten Ausblick darauf, wie die Mobilisierungsstrategien der beiden Lager nach acht Obama-Siegen gegriffen haben. Clintons zentrales Problem ist, dass Obama ihre politischen Konzepte kopieren kann, ohne öffentlich abgestraft zu werden. Das gelingt, weil er sich in seinem Stil unterscheidet. Dieser Stil trifft den Zeitgeist und Clinton ist nicht in der Lage, ihn nachzuahmen.


Thomas Jäger ist Professor für internationale Politik und Außenpolitikanalyse an der Universität Köln.


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