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Politik

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Kommentarbild Knut Fleckenstein
Knut Fleckenstein
4. Mai 2018

Natürlich gibt es an und in Russland viel zu kritisieren. Dennoch wäre ein Boykott der Fußball-WM grundfalsch, meint der sozialdemokratische Europaabgeordnete Knut Fleckenstein.

Die Beziehungen der EU und ihrer westlichen Partner zu Russland sind angespannt wie seit dem Ende des Kalten Krieges nicht mehr. Wir kritisieren Russlands Regierung, denn sie hält sich nicht an Verpflichtungen, die sie selbst eingegangen ist - so zum Beispiel als Mitglied des Europarates, als Teilnehmerstaat der OSZE oder als Unterzeichnerstaat des Budapester Memorandums von 1994, mit dem Russland, die USA und Großbritannien sich verpflichteten, die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine zu respektieren. Hinzu kommt die russische Unterstützung für Bashar al-Assad, Hacker-Attacken sowie Desinformationskampagnen, mit dem Ziel, Werte zu diskreditieren und Menschen zu verunsichern.

In Pyeongchang war plötzlich vieles möglich

Auch wenn wir der russischen Regierung kritisch gegenüberstehen und die Fußball-Weltmeisterschaft heute eine sehr kommerzielle Angelegenheit ist, halte ich es für falsch, einen Boykott dieses Sportereignisses in Russland auch nur in Betracht zu ziehen. Sport eignet sich nicht als politische Keule!

Es gelingt den Verantwortlichen immer weniger, auf außenpolitischer Ebene miteinander in Dialog zu treten. Nun sollten wir nicht auch noch die Begegnungen 100.000er Sportler und Sportfans in Frage stellen.

Neben den Sportlern und ihren Fans sollten auch Regierungsvertreter und Parlamentarier ihren Besuch der WM in Russland nutzen, um am Rande Gespräche zu führen. Die diesjährigen Olympischen Winterspiele in Südkorea haben gezeigt, wie man solche Ereignisse nutzen kann.

Kim Yo Jong, die Schwester des nordkoreanischen Diktators, war zu Gast bei den Olympischen Spielen in PyeongchangBild: Getty Images/AFP/P. Semansky

Nur wenn wir miteinander und nicht übereinander reden, können wir die Situation mittelfristig wieder verbessern. Es ist mir unverständlich, dass einige westliche Politiker ernsthaft glauben, durch immer weitere Sanktionen oder Boykotte die Russlandpolitik positiv verändern zu können. Dabei wäre es dringend notwendig, in schwierigen Zeiten das Gespräch mit der russischen Regierung zu suchen, um Gemeinsamkeiten zu erarbeiten und Veränderungen zu bewirken. Das ist allerdings auch erheblich anstrengender, als immer die gleichen russlandkritischen Resolutionen zu verfassen.

Der Boykott 1980 war "sinnlos und schädlich"

Die deutsche Regierung unter Helmut Schmidt hat 1980 die Olympischen Spiele in Moskau boykottiert. Der nicht für übermäßige Selbstkritik bekannte ehemalige Bundeskanzler hat diese Entscheidung später als "sinnlos und schädlich" bezeichnet.

Ein Boykott der Weltmeisterschaft würde ein Zusammentreffen vieler Sportfreunde verhindern. Aber es würde sich nichts zum Besseren wenden. Im Gegenteil! Wahrscheinlich haben sich exakt aus dieser Erkenntnis über 90 Prozent der Abgeordneten des Europäischen Parlaments dem Boykott-Aufruf einiger weniger Kollegen nicht anschließen wollen.

Ich wünsche allen Teilnehmern und Besuchern der Weltmeisterschaft in Russland gute Fußballspiele, spannende Gespräche und eine freundschaftliche Atmosphäre.

Lesen Sie hier die Gegenmeinung zu diesem Gastkommentar.

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