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Keine Rückkehr zur G8

Thorsten Benner
5. Juni 2015

Selbst wenn Russland sein Verhalten in der Ukraine ändert - die G8 ist Geschichte, meint Thorsten Benner. Umso wichtiger wäre es, die G7 zur Koordinierung der liberalen Demokratien zu nutzen.

Flaggen beim G7-Außenministertreffen in Lübeck (Foto: dpa/picture alliance)
Bild: picture-alliance/dpa/C. Rehder

Im Vorfeld des G7-Gipfels in Elmau am kommenden Sonntag sorgt die Abwesenheit Russlands für Zündstoff. Der Vorsitzende des Ostausschusses der Deutschen Wirtschaft, Eckhard Cordes, sprach von einer verpassten Chance: "Ein Treffen G7 plus Russland könnte einen Beitrag zur Krisenlösung leisten". Ähnlich sieht es Volker Perthes, Direktor der von der Bundesregierung finanzierten Stiftung Wissenschaft und Politik: "Wir haben jetzt die Situation, dass die G7 sich über den achten unterhalten werden, anstatt dass wir acht wichtige Mächte haben, die sich miteinander über die Welt unterhalten".

Kanzlerin Merkel und Außenminister Steinmeier beeilten sich zu versichern, dass, "solange sich Russland nicht zu den grundlegenden Werten des Völkerrechts bekennt und danach handelt", eine Rückkehr zum Format der G8 nicht vorstellbar ist. Gleichzeitig betonte Steinmeier, dass die Türen offen stünden: "Ich bin davon überzeugt, dass wir die Bedingungen für internationale Arbeit verbessern würden, wenn Russland in die G8 zurückkehrte".

Doch diese Überzeugung Steinmeiers basiert auf einer Illusion. Eine Rückkehr zur G8 befördert die effektive globale Problemlösung bestenfalls marginal. Es würde die G8 umfunktionieren zu einem Forum für Probleme, die Russland in seiner Nachbarschaft verursacht. Aber dafür war die G8 nicht gedacht - von der OSZE bis hin zum Sicherheitsrat gibt es entsprechende Formate. Und allein, um Russland als Großmacht zu schmeicheln, ist die G8 ein zu ressourcenintensives Format.

DW-Gastkommentator Thorsten Benner ist Direktor des Global Public Policy Institute (GPPi) in BerlinBild: GPPI

Als Erweiterung der G7 sollte die G8 sich vielmehr globalen Fragen wie Finanzstabilität, Entwicklungspolitik, Gesundheit sowie Klimawandel widmen. Doch für diese Themen ist auch die G8 zu klein. Jedes G-x-Format ohne China und Indien, die zusammen mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung ausmachen, scheidet heutzutage als effektives Problemlösungsforum aus.

Demokratischer Club

Gleichzeitig würde eine Rückkehr zur G8 den einzigen Hauptzweck untergraben, den die G7 heute noch erfüllen kann: sie soll helfen, Politik zwischen liberalen Demokratien zu koordinieren und Strategien zu entwickeln. Bundeskanzlerin Merkel brachte treffend auf den Punkt, was die Gruppe ausmacht: "Die G7, das sind sieben demokratische Nationen, verbunden durch ihr Eintreten für Freiheit und Menschenrechte". Russland passt da nicht hinein, auch wenn es aufhörte, Territorien zu annektieren und Truppen in Bürgerkriege in Nachbarländer zu schicken. Mit Russland als einzigem nicht-liberalen Mitglied am Tisch wäre keine effektive Koordinierung unter gleichgesinnten Demokratien mehr möglich. Das wäre ein großer Verlust.

Die Zeiten, in denen sich die G7-Staaten als alleinige Weltenlenker wähnen konnten, sind längst vorbei. Angesichts des Wettbewerbs um globale Ordnung und neuen Zusammenschlüssen wie den "BRICS" und der Shanghai Cooperation Organization ist eine Koordinierung zwischen liberalen Demokratien umso zentraler. Dabei geht es nicht um den Aufbau einer Front nach dem Motto "Der Westen gegen den Rest". Doch die liberalen Werte, welche die G7-Mitglieder teilen, werden auf Dauer in der globalen Ordnung nur eine Rolle spielen, wenn sich Demokratien konzertiert dafür einsetzen und ihr Vorgehen koordinieren.

Idee aus einer vergangenen Zeit

Selbst ohne Russland haben die G7 dabei in den letzten Jahren versagt, wie jüngst das Beispiel der Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) zeigt. Hier haben es die Führer der G7-Staaten versäumt, sich angesichts der chinesischen Initiative untereinander abzustimmen. Resultat war eine peinliche Abfolge von unilateralen Beitrittserklärungen Großbritanniens, Deutschlands, Frankreichs und Italiens, während Japan und die USA fürs Erste auf der Seitenlinie blieben. Wenn die G7-Spitzen so viel in Politikkohärenz investierten wie in Gipfelspektakel à la Elmau, wäre dies trotz unterschiedlicher Interessen zu vermeiden gewesen. Hierin sollte der Fokus der G7 in den nächsten Jahren bestehen, nicht in der Diskussion, ob Russland zurückkommen kann, wenn es auf die schlimmsten Exzesse verzichtet.

Doch was sollten die G7 tun, wenn Russland sich entgegen allen Erwartungen zu einer liberalen Demokratie entwickelte? So sehr dies Grund zur Freude wäre, so wenig gäbe auch dies Anlass zur Rückkehr zur G8. Wenn man über eine G7+ der Demokratien nachdenkt, sollte man dies in der heutigen Welt nicht ohne Indien, Brasilien, Indonesien und Südafrika tun. Eine G8 ausschließlich mit Russland ist eine Idee aus einer längst vergangenen Zeit, die man getrost begraben kann.

Thorsten Benner (@thorstenbenner) ist Direktor des Global Public Policy Institute (GPPi) in Berlin.


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