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Politik

Wer nicht hören will...

Sturm Peter Kommentarbild App PROVISORISCH
Peter Sturm
23. Januar 2020

Wieso haben eigentlich nicht die westlichen Demokratien Myanmar wegen der Verfolgung der Rohingya verklagt? Der Internationale Gerichtshof hat ein Urteil gefällt. Nur durchsetzen kann er es wohl nicht, meint Peter Sturm.

Demonstranten vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag, als Aung San Suu Kyi dort ihr Land verteidigteBild: picture alliance/AP Photo/P. Dejong

Wer nicht hören will, muss fühlen. Unter diesem Motto könnte man das vorläufige Urteil des Internationalen Gerichtshofes gegen die vom Militär abhängige Regierung in Myanmar zusammenfassen. Die Soldaten, in ihrer Haltung leider unterstützt von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, wähnten sich ziemlich unangreifbar. Sie vertraten die Ansicht, dass sie erstens den Rohingya, der muslimischen Minderheit im Land, nichts angetan hätten, was diese nicht verdienten. Und zweitens gehe es das Ausland ganz bestimmt nichts an, was die Regierung in ihrem eigenen Land tue.

Beides hat der Gerichtshof nun zurückgewiesen. Er hat sogar "Sofortmaßnahmen" zum Schutz der Verfolgten angeordnet. Da ist eine gute Nachricht.

Peter Sturm ist Redakteur der Frankfurter Allgemeinen ZeitungBild: Frankfurter Allgemeine Zeitung

Auf einem anderen Blatt steht allerdings, ob und wie das Urteil den Betroffenen wirklich nutzen kann. Das Gericht hat nämlich keinen unmittelbaren Durchgriff auf die inneren Verhältnisse in Myanmar. Und eine grundlegende Änderung der Politik der myanmarischen Führung zeichnet sich nicht ab. Deren Feilschen um Begriffe ist beschämend. Aung San Suu Kyi beispielsweise sagt, möglicherweise seien Kriegsverbrechen an Rohingya verübt worden. Aber Völkermord sei das alles ganz sicher nicht. Menschenrechtsorganisationen hätten Urteile auf der Basis unbewiesener Behauptungen gefällt, ohne ordentliches Ermittlungsverfahren. Wäre Myanmar denn wirklich bereit, sich einer unabhängigen Untersuchung zu stellen? Den Beweis ihres guten Willens ist die Regierung jedenfalls bisher schuldig geblieben.

Dem westafrikanischen Staat Gambia sei Dank, dass die Verfolgung der Rohingya wieder auf die internationale Tagesordnung gesetzt wurde. Die großen Demokratien der Welt müssen sich allerdings fragen, warum nicht sie es waren, die den Gerichtshof angerufen haben. Gerade sie propagieren doch immer die Universalität der Menschenrechte. Und die Verfolgung einer ganzen Volksgruppe ist unzweifelhaft eine Verletzung der Menschenrechte.

Womöglich hat bei der wenig vornehmen Zurückhaltung ja die Angst Pate gestanden, Myanmar vollends in die offenen Arme Chinas zu treiben. Wenn das aber zum Kriterium westlicher Politik werden soll, darf man sich nicht wundern, wenn man nicht mehr gehört wird. Dann gilt auch hier: Wer nicht hören will, muss fühlen.