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Politik

Schneller am Abzug

Kommentarbild Georgi Oliver FAZ
Oliver Georgi
22. Februar 2018

US-Präsident Trump ist sich und der Waffenlobby treu geblieben: keine ernsthafte Verschärfung der Gesetze, dafür mehr Waffen an Schulen. Einfach nur zynisch, meint Oliver Georgi von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Bild: picture-alliance/abaca/D. Olivier

Wieder wird Amerika von einem grausamen Amoklauf an einer Schule erschüttert - und was tut Donald Trump? Erst entsetzt der Präsident viele Amerikaner mit der (viel zu) einfachen Erklärung, der Täter sei nun einmal "psychisch krank" gewesen, und macht indirekt noch das FBI für das Massaker verantwortlich, das sich zu wenig um die Überprüfung des Täters und zu viel um die Verbindung von Trumps Wahlkampfteam nach Russland gekümmert habe. Und dann, bei einem Treffen mit Schülern und Eltern der Schule von Parkland, Florida, an der ein 19-Jähriger in der vergangenen Woche 17 Menschen erschoss, präsentiert er den ungläubigen Anwesenden seine Idee, wie solche Massaker künftig "verhindert" werden sollen: Trump will die Lehrer an den Schulen mit verdeckten Waffen ausstatten, damit sie bei einem Angriff sich und ihre Schüler verteidigen können.

Von strengeren Waffengesetzen, von deren Notwendigkeit mittlerweile immer mehr Amerikaner überzeugt sind, kein Wort. Stattdessen verfährt Trump nach der alten Cowboy-Logik: Ein Duell kann man nicht vermeiden, also muss man eben schneller am Abzug sein. Wie stellt sich dieser Präsident sein Land künftig vor? Mit Lehrern, die bewaffnet sind wie Cops, aber bei weitem nicht so ausgebildet und die den Amokläufer im Notfall selbst kühl niederstrecken sollen, während ihre Schüler im Kreuzfeuer stehen? Mit Lehrkräften, die eine parallele Polizeistruktur im Klassenzimmer aufbauen, und mit einem Staat, der im wahrsten Sinn des Wortes die Waffen streckt und sein Gewaltmonopol aufgibt?

Trumps Versprechen

Mit seinem Kurs bestätigt Trump die schlimmsten Befürchtungen seiner Kritiker, die ihn als Erfüllungsgehilfen des mächtigen Waffenlobby-Verbands NRA sehen. Mit 30 Millionen Dollar unterstützte die NRA Trump im Wahlkampf, als Gegenleistung versprach der Republikaner, das Recht auf freien Waffenkauf als Präsident nicht anzutasten. An dieses Versprechen scheint Trump sich auch nach der 18. Schießerei an einer Schule allein in diesem Jahr weiter halten zu wollen.

Gastkommentator Oliver Georgi von der Frankfurter Allgemeinen ZeitungBild: F.A.Z. Anna Jockisch

Noch wütender dürfte Trumps Kritiker indes machen, dass der Präsident jetzt so tut, als liege es nicht an ihm, sondern nur am Kongress, dass das Waffenrecht nicht schon lange verschärft wurde. "Der Kongress ist in der Stimmung, um endlich etwas in dieser Sache zu tun, hoffe ich", erklärte Trump am Donnerstag auf Twitter und schrieb, er werde sich "mit aller Kraft" dafür einsetzen, das Mindestalter für Waffenbesitz auf 21 Jahre zu erhöhen, Schnellfeuereinrichtungen zu verbieten und Waffenkäufer künftig härteren Hintergrundüberprüfungen durch die Behörden zu unterziehen - "mit einem Schwerpunkt auf psychischer Gesundheit".

Obamas Niederlage

Natürlich verhindert der Kongress, in dem die NRA ähnlich mächtig ist wie im Weißen Haus, seit Jahren eine Verschärfung des Waffenrechts - das hat nicht zuletzt Barack Obama schmerzlich erfahren müssen, der sein Scheitern in diesem Punkt später als die "größte Niederlage meiner Amtszeit" bezeichnete. Doch wenn Trump nun so tut, als kämpfe er als einsamer Don Quijote vergeblich gegen Windmühlen, ist das zynisch. Auch weil die Maßnahmen, für die er sich jetzt einsetzen will, kaum mehr als Symbolpolitik sind, um die erhitzten Gemüter zu beruhigen. Das grundsätzliche Problem, dass selbst Jugendliche in Amerika viel zu leicht an Waffen kommen, schon weil sie in vielen Haushalten selbstverständlich verfügbar sind, werden sie nicht lösen. Und auch nicht die Tatsache, dass es in Amerika noch immer kein zentrales Waffenregister gibt.

Der Verdacht liegt nahe, dass Trump seine Wähler nicht verprellen will, die ihn auch für sein Versprechen gewählt haben, das Waffenrecht nicht anzurühren. Doch der öffentliche Druck auf den Präsidenten ist groß. Bei vielen Amerikanern wächst nicht erst seit dem jüngsten Amoklauf die Wut darüber, wie fest die Politik im Klammergriff der Waffenlobby steckt - und wie bereitwillig sie sich umklammern lässt. Die Rede der jungen Parkland-Schülerin Emma Gonzalez, die Trump unter Tränen zurief, "Schämen Sie sich!", ist zur mahnenden Stimme der Vernunft im ganzen Land  geworden. Und der Druck auf Trump könnte noch zunehmen, wenn am 24. März Zehntausende Jugendliche bei einem "Marsch auf Washington" für eine Verschärfung des Waffenrechts demonstrieren wollen - unterstützt von zahlreichen Prominenten.

Ein langer Weg

Doch auch wenn die Gelegenheit so günstig wie lange nicht mehr sein mag: Gesiegt haben die Waffen-Gegner noch lange nicht. Das Tragen von Waffen gehört zum politischen Selbstverständnis Amerikas, es ist Teil seiner DNA. Trump dürfte der letzte sein, der daran grundsätzlich etwas ändern will. Zumal im Herbst Kongresswahlen anstehen, bei denen er und die Republikaner ihre Wähler kaum mit großen Zugeständnissen beim Thema Waffenbesitz verunsichern werden. Wenn die wütenden Jugendlichen, wenn die Waffen-Gegner wirklich etwas erreichen wollen, dann darf der Marsch auf Washington nur der Anfang eines noch viel größeren, dauerhafteren Protests sein.

Für sein Treffen mit den Schülern und Eltern aus Parkland hatten seine Mitarbeiter Trump einen Spickzettel mitgegeben, auf dem fünf schnell zu verstehende Botschaften für den Präsidenten standen. Die letzte lautete: "Ich höre Euch zu." Je lauter der Protest wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Trump diese Botschaft auch ernst nimmt.

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