Mit lobenden Worten für den Kaiser hat Bundespräsident Gauck die große dreiteilige Schau zu Karl dem Großen in Aachen eröffnet. Sie ist Höhepunkt des Karlsjahres: Vor 1200 Jahren starb der Herrscher.
Anzeige
Macht, Kunst, Schätze
Viereinhalb Jahre haben die Vorbereitungen gedauert: Gleich drei Ausstellungen widmen sich Karl dem Großen und den unübersehbaren Spuren, die er hinterließ.
Bild: picture-alliance/dpa
Der ideale Kaiser
Vor 1200 Jahren stirbt Karl der Große. Nach seinem Tod wird er verklärt, 1165 sogar heiliggesprochen. Auch die Karlsbüste aus dem 14. Jahrhundert ist künstlerischer Ausdruck der Idealisierung eines Kaisers, der mit seinen Gegnern alles andere als zimperlich umspringt. Jetzt eröffnen in Aachen drei Ausstellungen, die Karls Wirken und Wirkung zeigen.
Bild: DW/P.Böll
Orte der Macht
Zu Beginn seiner Herrschaft ist Karl permanent unterwegs: Er führt Krieg, inspiziert das Reich, sorgt für Ordnung. Erst in der zweiten Hälfte seiner Regierungszeit kann er es sich erlauben, sich in seiner Lieblingsresidenz, der Pfalz in Aachen, niederzulassen.
Bild: DW/P.Böll
Karls Kunst
Karl fördert die Kunst, die sehr häufig einen religiösen Bezug hat. An der Hofschule Karls des Großen entstehen diese kostbaren Elfenbeinarbeiten. Die Tafeln des sogenannten Lorscher Evangeliars zählen zu den Kostbarkeiten der Ausstellung. Normalerweise werden die Elfenbeintafeln im Vatikan aufbewahrt – fernab der Öffentlichkeit.
Bild: DW/P.Böll
Noch eine Ausnahme
Die Vatikanischen Museen haben auch dieses Emailkreuz nach Aachen ausgeliehen. Es stammt aus dem Besitz von Papst Paschalis und ist eine Huldigung an die Gottesmutter als Fürsprecherin der Menschen vor Gott. Das vergoldete Kupferkreuz zeigt das neugeborene Christuskind u.a. in der Krippe, beim Baden und bei der Taufe.
Bild: Vatikanstadt, Musei Vaticani
Spektakuläre Goldschmiedekunst
Um 800 hat diese Schließe die Kleidung einer wohlhabenden Dame aus der niederländischen Stadt Dorestad geschmückt. Vermutlich hat sie die Besitzerin um 850 bei einem Wikingerüberfall in einem Brunnen versteckt. 1969 wurde das wertvolle Stück per Zufall wiedergefunden.
Bild: DW/P.Böll
"Der böse Vetter Karl"
Mehr als drei Kilogramm wiegt dieser Kelch, der von Herzog Tassilo von Bayern stammt. Tassilo fällt bei Karl in Ungnade und wird von ihm lebenslang ins Kloster Kremsmünster verbannt. Seitdem spricht man dort bis heute vom "bösen Vetter Karl".
Bild: DW/P.Böll
Herrliche Handschriften
Karl richtet in seiner Residenz zwei Hofschulen ein. Dort entstehen kunstvoll geschmückte liturgische Schriften. Das früheste, nachweislich für Karl entstandene Werk ist dieses Evangeliar. Bemerkenswert ist die gut lesbare Schrift, auf die die heute gebräuchliche Computerschrift Times New Roman zurückgeht.
Bild: Bibliothèque nationale de France
Verlorene Schätze
Die Ausstellung erzählt, wie Werke des Aachener Domschatzes verschwinden und wieder auftauchen. Napoleon nimmt dieses Reliquienkästchen aus Elfenbein 1804 nach Paris. 1970 kauft es der Aachener Kunstmäzen Peter Ludwig und schenkt es einem Kölner Museum.
Bild: DW/P.Böll
Realität und Fiktion
Diese Szene, von Albrecht Dürer gemalt, kann sich so nie zugetragen haben: Karl kann die Krone der Könige und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches niemals getragen haben. Denn sie ist frühestens in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts angefertigt worden.
Bild: DW/P.Böll
Schöner Sch(r)ein
Als Karl am 28. Januar 814 stirbt, wird er in einem antiken Sarkophag beigesetzt. Rund 400 Jahre später, die Verklärung ist längst in vollem Gange, werden die Gebeine in diesen goldenen Schrein umgebettet. Angeblich sind die sterblichen Überreste echt.
Bild: picture-alliance/dpa
10 Bilder1 | 10
In seiner Ansprache würdigte Joachim Gauck den vielleicht bedeutendsten Herrscher der Mittelalters (747/748-814) als Mann der Tat, der auch aus heutiger Sicht zurecht als Vater Europas bezeichnet werde: "In einem immer noch erstaunlichen politischen und militärischen Kraftakt schuf er die Einigung jener europäischen Regionen und Länder, die auch Jahrhunderte später noch an der Wiege der Europäischen Union standen." Gauck ist neben den Staatspräsidenten von Frankreich, Francois Hollande, und Italien, Giorgio Napolitano, Schirmherr der Ausstellung.
Kulturelle Neugründung Europas
Als besonderes Verdienst Karls hob Gauck dessen Einsatz für Kultur und Bildung hervor. "Kultur und Bildung muss man wollen", sagte der Bundespräsident. Wenn eine so große Kraftentfaltung wie bei der karolingischen Reform möglich gewesen sei, dann gebe es heute keine Ausreden für mangelnde Anstrengungen bei kultureller Erziehung und Bildung, sagte Gauck. Die Erinnerung an Karl könne Mut für die Gegenwart machen.
Auch die nordrhein-westfälische Kulturministerin Ute Schäfer (SPD) nannte es ein historisches Verdienst Karls, die lateinischen und griechischen Schriften der Antike abschreiben lassen und in den Kloster-Bibliotheken für die Nachwelt erhalten zu haben.
Ausstellung mit drei Schwerpunkten
Mit der Ausstellung "Macht.Kunst.Schätze" erinnert Aachen, die Lieblingspfalz Karls, drei Monate lang an die Rolle der Stadt als Machtzentrum des mittelalterlichen Kaiserreichs. Bis zum 21. September werden in Aachen rund 250 Exponate gezeigt, darunter auch Leihgaben aus dem Vatikan, der Pariser Nationalbibliothek, dem Victoria and Albert Museum in London und dem Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg.
Die Ausstellungen haben drei unterschiedliche Schwerpunkte: Im Centre Charlemagne, dem Neuen Stadtmuseum, ist "Karls Kunst" zu sehen. Die Exponate stammen aus den Werkstätten Kaisers und sollen die kulturelle Blüte der Karolingerzeit sichtbar machen. In der ehemaligen Königshalle, dem heutigen Rathaus, präsentieren die Ausstellungsmacher "Orte der Macht". Gezeigt wird das höfische Leben der Karolingerzeit, in der der Herrscher von Pfalz zu Pfalz reisen musste. Die Domschatzkammer zeigt "Verlorene Schätze", sakrale Kunstwerke, die einst zum Domschatz gehörten und für die Dauer der Ausstellung aus ganz Europa zurück nach Aachen geholt wurden. Im Dom befindet sich auch das Grab Karls. Er ist als erstes deutsches Denkmal 1978 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen worden.
Ein Kaiser der Superlative
Karl der Große gilt als Einiger Europas. Als er im Jahr 814 starb, war er König der Franken, der Langobarden und als erster Herrscher seit der Antike vom Papst in Rom gekrönter Kaiser. Nach jahrzehntelangen Feldzügen, Unterwerfungen und der Zwangschristianisierung heidnischer germanischer Stämme hinterließ der Herrscher ein Reich , das sich von Mittelitalien bis an die Nordseeküste und von den Pyrenäen bis zu Elbe und Donau erstreckte.