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Gauck: "Wir alle sind Deutschland"

Marcel Fürstenau13. Januar 2015

Mit einer interreligiösen Mahnwache vor dem Brandenburger Tor gedachten Moslems, Juden und Christen der Pariser Terror-Opfer. Das Motto der Veranstaltung: "Zusammenstehen - Gesicht zeigen".

Berlin: Gruppenbild bei der Mahnwache für Terroropfer am Brandenburger Tor (Foto: T. Schwarz/AFP/Getty Images)
Bild: T. Schwarz/AFP/Getty Images

Die Initiative für eine Solidaritätskundgebung in Berlin war vom Zentralrat der Muslime und der Türkischen Gemeinde ausgegangen. Vertreter anderer Religionen schlossen sich ebenso an wie Bundespräsident Joachim Gauck, die Bunderegierung und Vertreter aller demokratischen Parteien. Die Veranstaltung begann mit einer Kranzniederlegung vor der Französischen Botschaft zu Ehren der Terror-Opfer von Paris. Das Botschaftsgebäude befindet sich direkt neben dem Brandenburger Tor.

Wir müssen jeden schützen, der in Freiheit lebt

06:56

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Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime, wandte sich in seiner Rede zunächst an die Franzosen. Man trauere mit den Familien der Opfer der Terroranschläge in Paris. Es sei ein "unbeschreibliches Gefühl", gemeinsam um die Toten zu trauern, und er danke Gott für dieses Zeichen des Respekts. "Die Terroristen haben nicht gesiegt und Terroristen werden auch in Zukunft nicht siegen", betonte Mazyek. Ausdrücklich verteidigte er unter Hinweis auf das französischen Satire-Magazins "Charlie Hebdo" die Pressefreiheit.

Mazyek: Attentate sind "größte Gotteslästerung"

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime dankte der Polizei für die Verteidigung der Grundrechte und einer offenen Gesellschaft. Dabei erinnerte Mazyek an den muslimischen Polizisten, der bei den Pariser Attentaten ermordet wurde und den ebenfalls muslimischen Mitarbeiter in dem jüdischen Geschäft, der viele Geiseln gerettet hat. Die Terroristen hätten mit ihren Taten die "größte Gotteslästerung" begangen, den Islam verraten und seine Prinzipien in den Schmutz gezogen, sagte Mazyek weiter. "Wir werden es nicht zulassen, dass unser Glaube missbraucht wird." Die Muslime in Deutschland würden sich künftig noch mehr bemühen und engagieren, um kritische Mitglieder der Gesellschaft zu sein. "Wir alle sind Deutschland", beendete Mazyek seine Rede.

An der Kundgebung nahmen nach Polizeiangaben etwa 10.000 Menschen teilBild: Reuters/Hannibal Hanschke

Bundespräsident Gauck bezeichnete die Bluttaten von Paris als "Anschlag auf das freie Wort, auf die pluralistische Gesellschaft, auf das Recht auf Leben". Die Attentate hätten gezeigt, wie verwundbar die offene Gesellschaft sei. Aber sie hätten auch bewirkt, "dass wir uns neu besinnen". Die Terroristen hätten die Gesellschaft spalten wollen, erreicht hätten sie aber das Gegenteil. "Euer Hass ist unser Ansporn", sagte das deutsche Staatsoberhaupt an die Adresse religiöser Fanatiker. Mit den gleichen Worten hatte Gauck in der Vergangenheit Rechtsextremisten bedacht.

Gauck: "Die Menschenrechte sind universell"

Die Welt rücke zusammen, sagte der Bundespräsident weiter. Denn die Freiheit und die Menschenrechte seien nicht nur französisch oder deutsch oder europäisch, sie seien nicht nur westlich. "Sie sind universell." Ausdrücklich dankte Gauck den muslimischen Gemeinschaften und allen Muslimen für ihre Initiative zur Mahnwache. "Das ist ein patriotisches 'Ja' zu dem Land, in dem wir gemeinsam leben – zu unserem Land!" Deutschland sei durch Einwanderung vielfältiger geworden, religiös, kulturell und mental. Diese Vielfalt gehöre zu dem, "was unser Land erfolgreich, interessant und liebenswert macht". Die offene Gesellschaft beziehe ihre Stärke gerade auch aus ihren Unterschieden.

Die offene Gesellschaft ist verwundbar

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Man solle aber nichts beschönigen, fuhr Gauck fort. Es gebe in Deutschland manches, "das uns Sorgen macht". Die Feindbilder und Konflikte im Nahen Osten wirkten bis nach Deutschland. "Zu Fremdenfeindlichkeit, die wir seit langem kennen, sind fundamentalistische Strömungen getreten." Die Distanz zwischen Einwanderern und Einheimischen, die Distanz auch zwischen Eingewanderten unterschiedlicher Herkunft werde noch zu selten überwunden. Vielfalt brauche Begegnung. "Wir alle sind Deutschland!", bekräftigte der Bundespräsident.