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Gauck: Weites Herz, endliche Möglichkeiten

27. September 2015

Die Interkulturelle Woche dreht sich ganz um die Flüchtlingskrise dieser Tage. Die Botschaft des Bundespräsidenten in seiner Eröffnungsrede ist deutlich: Deutschland muss helfen, sich aber seiner Grenzen bewusst sein.

Bundespräsident Gauck beim Festakt zur 40. Interkulturelle Woche in der Staatskanzlei in Mainz (Foto: dpa)
Bundespräsident Gauck beim Festakt zur 40. Interkulturellen Woche in der Staatskanzlei in MainzBild: picture-alliance/dpa/v. Erichsen

Tausende Flüchtlinge kommen aktuell täglich in Deutschland an, die Bundesregierung gibt sich handlungsfähig und die Deutschen helfen in großer Zahl bei der Organisation der Hilfesuchenden - Bundespräsident Joachim Gauck hat zum Auftakt der Interkulturellen Woche in Mainz die Errungenschaften der letzten Wochen hervorgehoben. Gleichzeitig mahnte er eine offene Diskussion auch über Konflikte bei der Flüchtlingsaufnahme.

Hilfsbereitschaft vs. Überforderung

"Das zentrale Dilemma unserer Tage lässt sich nicht einfach vermeiden oder wegdiskutieren: Dem humanen Wollen zur möglichst unbegrenzten Hilfe stehen am Ende begrenzte Möglichkeiten gegenüber", erklärte der Bundespräsident. Daher forderte er "eine breite gesellschaftliche Debatte" über eine "humane Aufnahmepolitik auch in der Zukunft". Denn die Aufnahmekapazitäten seien begrenzt, "auch wenn noch nicht ausgehandelt ist, wo diese Grenzen liegen". Dafür findet der ehemalige Pfarrer eingängige Worte: "Unser Herz ist weit, doch unsere Möglichkeiten sind endlich."

Bundespräsident Gauck mit Lebensgefährtin Daniela Schadt (rechts) sowie die rheinland-pfälzische Regierungschefin Malu Dreyer mit Mann Klaus Jensen im Mainzer DomBild: picture-alliance/dpa/v. Erichsen

Gaucks Rede trägt an vielen Punkten dem von ihm angesprochenen Dualismus zwischen Hilfsbereitschaft und gesellschaftlicher Überforderung Rechnung. So nannte er die bundesweite Hilfe von Bürgern "Graswurzelbewegung der Menschlichkeit", warnte aber zugleich vor drohenden "Spannungen zwischen Neuankömmlingen und Alteingesessenen". Konflikte zwischen deutschen Bürgern und Flüchtlingen könnten dem Bundespräsidenten zufolge am besten vermieden werden, wenn "die einen wie die anderen sich nicht übervorteilt fühlen".

Politik im Zugzwang

An dieser Stelle nimmt er die Politik in die Pflicht. Diese müsse gewährleisten, dass die Kernaufgaben des Gemeinwesens weiter erfüllt würden. Der Staat solle nun "den Bau von Wohnungen fördern und Schulen bauen, Lehrer und Kindergärtner einstellen, Arbeitswelt und Berufsbildung anpassen, deutsche Sprache und deutsches Recht lehren. Und das alles gleichzeitig".

In den Aufgabenbereich der Politik falle weiterhin der Schutz der EU-Außengrenzen. Das sei wichtig, damit Deutschland ein Staat bleibe, in den "Menschen flüchten können, solange es Krieg und Verfolgung gibt".

"Es kann auch ihr Land werden"

Die Neuankömmlinge forderte Gauck auf, sich umfassend in die Gesellschaft einzubringen und sich dabei bewusst zu machen, dass "wir hier in einem Land der Freiheit, der Menschenrechte und der Gleichberechtigung der Geschlechter" leben. "Es kann auch das Ihre werden", sagte er.

Ähnlich wie Gauck äußerte sich der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, bei dem Eröffnungsgottesdienst. Integration berge Schwierigkeiten, könne aber am besten gelingen, "wenn wir den neu zu uns Gekommenen von Anfang an aussichtsreiche Bildungs- und Berufsperspektiven eröffnen und ihnen eine aktive Teilhabe an unserem Gemeinwesen ermöglichen", erklärte Marx.

Mit Vielfalt gegen Einfalt

Der ökumenische Gottesdienst im Mainzer Dom bildet den Auftakt zu einem Reigen von bundesweit rund 5000 Veranstaltungen der Interkulturellen Woche. An der Messe wirken die drei Spitzenvertreter der evangelischen, katholischen und orthodoxen Kirchen mit, Heinrich Bedford-Strohm, Kardinal Marx und Metropolit Augoustinos. Die ursprünglich als "Tag des ausländischen Mitbürgers" gestartete Interkulturelle Woche findet in diesem Jahr zum 40. Mal statt. Die Veranstaltungen sollen Vorurteile gegenüber Migranten und Flüchtlingen abbauen. Ihr Motto: "Vielfalt. Das Beste gegen Einfalt".

nin/kle (dpa, kna, afp, rtr)

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