1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Gauck zwischen Mission und Mitgefühl

Volker Witting (aus Shanghai)22. März 2016

Kaum sind die politischen Gespräche in Peking erfolgreich beendet, ist Bundespräsident Joachim Gauck nach den Anschlägen in Brüssel als mitfühlender Staatsmann gefragt.

Bundespräsident Joachim Gauck in Shanghai (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/W. Kumm

Die atemberaubende Skyline von Shanghai strahlt in allen Neonfarben und spiegelt sich im abendlichen Huangpu-Fluss. Die Bootsfahrt sollte der Höhepunkt des Shanghai-Besuches von Bundespräsident Gauck werden. Doch dann kommt die Terrornachricht aus Brüssel. Unbekannte haben am Dienstag eine Reihe von Anschlägen in der belgischen Hauptstadt verübt. Viele Menschen kamen dabei ums Leben.

Die Stimmung ist gedrückt, der Bundespräsident tief betroffen. Man sieht ihm das an. Auf dem Deck des Schiffes steht er ein bisschen abwesend und lässt die grelle asiatische Metropole an sich vorbeiziehen.

"Anschlag auf die Hauptstadt Europas"

Er erinnert sich in diesem Moment vielleicht an seinen offiziellen Staatsbesuch in Belgien vor zwei Wochen. Die Bilder der Terroranschläge und die des friedlichen Brüssels, das er vor wenigen Tagen erlebt hatte, passen einfach nicht zusammen. Und das alles in der Glitzermetropole Shanghai.

Später im Hotel ringt er sichtbar gerührt um Worte des Mitgefühls: "Ich bin in dieser Stunde bei der belgischen Nation und drücke den betroffenen Bürgern mein tiefes Mitleid aus." Und dann sagt der Bundespräsident noch: "Es ist schrecklich, was dort passiert ist, denn es trifft uns alle, weil es die Hauptstadt Europas getroffen hat."

Dann geht er ganz schnell. Vielleicht muss er nach den schrecklichen Anschlägen seine Rede, die er am Mittwoch vor Studenten der renommierten Tongji-Universität halten wird, noch einmal überarbeiten. Erwartet wird mit großer Spannung nicht weniger als eine Freiheitsbotschaft des deutschen Bundespräsidenten in einem Land, wo sich in letzter Zeit die staatliche Repression spürbar verstärkt hat, wo Menschenrechtsanwälte und kritische Journalisten jederzeit damit rechnen müssen, festgenommen zu werden.

Bundespräsident Gauck tief betroffenBild: picture-alliance/dpa/W. Kumm

Mission "Freiheit und Rechtsstaat"

Bei einem Empfang in der deutschen Botschaft am Dienstag in Peking erzählt Gauck noch einmal von seinen politischen Gesprächen mit der chinesischen Staats- und Parteiführung und von seinen Begegnungen mit Menschenrechtsanwälten, Dissidenten und Schriftstellern.

Allein, dass diese Treffen zustande gekommen seien und sich Staatspräsident Xi Jingping mehr Zeit für ihn genommen habe als geplant, sei ein Erfolg. Seine Botschaft sei bei der chinesischen Führung angekommen. Ohne Rechtsstaat, Demokratie und Freiheit werde es auf Dauer schwierig in China, davon ist das deutsche Oberhaupt fest überzeugt.

Es geht bei diesem Staatsbesuch schließlich nicht nur um die wichtigen deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen, sondern auch um die Mission "Freiheit". Dafür will Joachim Gauck in China einstehen.

Bundespräsident Gauck mit Chinas Ministerpräsident Li KeqiangBild: picture-alliance/dpa/Wu Hong/Pool

Gauck lobt immer wieder die gute Atmosphäre, die bei allen Gesprächen da gewesen sei, und die Offenheit. Und doch vergisst er nicht zu appellieren: "Ich wünsche mir einen Staat, wo das Recht wächst."

Perspektive Schüler- und Studentenaustausch

Ein Lichtblick für Bundespräsident Gauck ist das nun offiziell eingeweihte Programm unter dem Motto "Austausch, Freundschaft, Zukunft", ein Schüler- und Studentenaustauschprogramm zwischen China und Deutschland. Das sei das richtige Instrument und "eine neue Brücke zum Kennenlernen", sagt Joachim Gauck.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen