Gaza: Erste Hilfsgüter umstrittener Stiftung eingetroffen
27. Mai 2025
Eine von Israel und den USA unterstützte Stiftung hat erste Hilfsgüter an Palästinenser im Gazastreifen verteilt. Das berichten mehrere israelische und internationale Medien unter Berufung auf eine Mitteilung der "Gaza Humanitarian Foundation" (GHF). Die Hilfe soll demnach täglich gesteigert werden.
Israel lässt damit nach monatelanger Blockade wieder einige Hilfsgüter in das Küstengebiet, in dem rund zwei Millionen Palästinenser leben. Nach Angaben der israelischen Armee fuhren am Montag 170 weitere Lastwagen mit internationalen Hilfsgütern nach strenger Kontrolle über den Übergang Kerem Schalom. Nötig wären jedoch nach Angaben der Vereinten Nationen täglich mindestens 500 bis 600 Lastwagenladungen.
Neue Verteilungsstrategie
Mit der von den USA unterstützten Verteilstrategie will die israelische Regierung nach eigenen Angaben verhindern, dass die in Gaza herrschende islamistische Palästinenserorganisation Hamas Lieferungen stiehlt und durch den Verkauf an Geld für Waffen kommt. Die Strategie sieht zudem vor, dass private Unternehmen Hilfsgüter in den Gazastreifen transportieren - und nicht die Vereinten Nationen und Hilfsorganisationen, die seit Jahrzehnten der palästinensischen Bevölkerung helfen.
Wie aus einer Mitteilung der nun zuständigen GHF hervorgeht, befinden sich die vier Verteilzentren im Süden und im Zentrum des Gazastreifens. Ein Mitglied jeder palästinensischen Familie solle alle fünf Tage zu einem der Zentren gehen, um ein Hilfspaket abzuholen, hieß es.
Die Vereinten Nationen und Hilfsorganisationen halten dies für zu gefährlich und wenig effektiv. Denn der Plan verlange von den Palästinensern, dass sie auf dem weiten Weg zu den Verteilungszentren durch Kampfgebiete müssten. Für Alte und Kranke könnte der Weg unmöglich sein. Israels Armee hatte zudem am Montag eine beispiellose Offensive angekündigt und die Bewohner der meisten Orte im südlichen Gazastreifen dazu aufgerufen, diese zu verlassen.
Umstrittene "Gaza Humanitarian Foundation"
Die GHF war im Zuge des zunehmenden internationalen Drucks auf Israel wegen seiner Blockade von Hilfslieferungen in den Gazastreifen ins Leben gerufen worden. Das US-Außenministerium hatte die Gründung Anfang Mai verkündet. International wurde der Plan wegen der vermeintlichen Umgehung der Vereinten Nationen kritisiert.
Die GHF nahm ihre Arbeit einen Tag nach dem Rücktritt ihres Geschäftsführers Jake Wood auf. Der ehemalige US-Soldat hatte den Schritt damit begründet, dass die Stiftung die Grundsätze von Menschlichkeit, Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit nicht einhalten könne. Bei der Organisation sind ehemalige Regierungsbeamte und Ex-Militärs beschäftigt. Die Verteilungszentren sollen von US-Sicherheitsfirmen bewacht werden.
Hamas ruft zum Boykott auf
Die Hamas erklärte, das Verteilsystem setze Lebensmittel als Waffe in Kriegszeiten ein und rief die Palästinenser im Gazastreifens dazu auf, den neuen Verteilmechanismus zu boykottieren.
Die GHF kritisierte den Boykottaufruf. Es sei "klar, dass sich die Hamas durch dieses neue Betriebsmodell bedroht" fühle, hieß es von der Stiftung. Die Islamisten würden "alles in ihrer Macht stehende tun, um es scheitern zu lassen". Die GHF versicherte, dass "alle Maßnahmen" ergriffen würden, um sichere Einsätze zu gewährleisten.
Merz kritisiert Vorgehen Israels
Auslöser des Kriegs im Gazastreifen war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das die Hamas und andere Terrorgruppen am 7. Oktober 2023 verübt hatten. Zuletzt hatte die israelische Regierung den palästinensischen Küstenstreifen über Wochen abgeriegelt. Damit sollte der Druck auf die Hamas erhöht werden, die letzten Geiseln freizulassen.
Beobachter befürchten, dass eine halbe Million Menschen in dem Küstengebiet vom Hungertod bedroht sind. An Israels Vorgehen im Gazastreifen gibt es daher international massive Kritik - auch von Staaten, welche die Hamas als Terrororganisation einstufen.
Auch Bundeskanzler Friedrich Merz kritisierte das Vorgehen Israels in den vergangenen Tagen als "nicht mehr zwingend notwendig zur Verteidigung des Existenzrechts Israels und zur Bekämpfung des Terrorismus der Hamas". Die Zivilbevölkerung werde in einem Übermaß in Mitleidenschaft gezogen.
Merz forderte Israel in scharfen Tönen auf, das militärische Vorgehen in dem palästinensischen Gebiet zurückzufahren. Ob Deutschland der Forderung einiger EU-Regierungen folgen wird, das EU-Israel-Assoziierungsabkommen auszusetzen, wollte der Kanzler nicht sagen.
ch/AR/wa (afp, dpa, rtr, AP)
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