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Waffenstillstand mit bitterem Nachgeschmack

Kate Shuttleworth, z. Zt. Gaza-Stadt/ pap28. August 2014

Nach der Freude über den Waffenstillstand ist in Gaza-Stadt Ernüchterung eingetreten. Angesichts der massiven Zerstörung nach sieben Wochen Krieg hoffen die Palästinenser jetzt auf den Wiederaufbau.

Ein fünfgeschossiges Haus ist bis auf die Grundmauern zerstört. (Foto: DW/K. Shuttleworth)
Bild: DW/K. Shuttleworth

"Mein Auto ist unter diesem ganzen Schutt begraben und meine gesamten Einkommensquellen sind weg, meine Bienenstöcke und die Kaninchen, die ich gezüchtet habe - sie sind alle weg", sagt Abrahim Mohammed Kafarma, dessen fünfstöckiges Zuhause in Beit Hanoun durch einen israelischen Luftangriff während des Konflikts zerstört wurde.

Er zeigt auf die Überreste sorgfältig weiß gestrichener Holzboxen, die verdrehten Metallkäfige und das Wrack, das tief unter den Trümmern seines Zuhauses versteckt ist. Seine Familie verbrachte vierzig Tage in den Schulgebäuden des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNWRA), die als Schutzräume dienen. Dort möchte Kafarma vorerst bleiben. Solange bis seine Familie irgendwo etwas anderes zur Miete gefunden hat.

"Als wir gingen, um uns in Sicherheit zu bringen, standen unsere Häuser noch. Wir gingen, weil wir aus allen Richtungen beschossen wurden." Kafarma und seine Familie will erst einmal abwarten. Sie hoffen, dass internationale Finanzhilfen über humanitäre Organisationen in den Gaza-Streifen gelangen, um Heimatlosen wie seiner Familie die Miete zu finanzieren. "Die Feuerpause ist eine gute Nachricht. Ich hoffe, dass es uns möglich sein wird, alles wieder aufzubauen", sagt er. "Wir werden sehen, was die Regierung oder die UNWRA für uns unternehmen wird. Wir werden aber so lange in der Schule bleiben, bis wir eine Unterkunft gefunden haben."

Schlimmer als ein Gefängnis

Das Leben in den Notunterkünften ist laut Kafarma schlimmer als in einem Gefängnis. "Selbst in Gefängniszellen sind weniger Menschen zusammengepfercht als in diesen Zufluchtsorten."

Trotz aller Zerstörung lächeln diese Kinder im Gazastreifen in die KameraBild: DW/K. Shuttleworth

Am Mittwoch (27.08.) kehrt eine lange Prozession von Autos nach Beit Hanoun zurück. Auf den Autodächern liegen Matratzen und die wenigen Besitztümer, die die Menschen auf die Schnelle einpacken konnten, als sie aus ihren Häusern flüchten mussten.

Der Sonderbeauftragte des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen, Frode Mauring, ist nach Beit Hanoun gekommen, um sich ein Bild von der Zerstörung zu machen. "Wir werden uns am Wiederaufbau beteiligen, um Gaza wieder bewohnbar zu machen", sagt er, als er auf ein Haus hinter sich zeigt. Das auf einen Trümmerhaufen reduzierte ehemalige Wohngebäude gehörte früher einem seiner Kollegen.

Mit dem gesamten Ausmaß konfrontiert

Ungefähr 16.000 Häuser sind nach Maurings Informationen entweder total zerstört oder in einem Zustand, dass sie kaum noch aufgebaut werden können. Weitere 58.000 Häuser sind beschädigt. "Die größte Herausforderung ist das Ausmaß. Es ist eine enorme Aufgabe, Gaza wieder aufzubauen. Und es ist eine große Herausforderung, Baumaterial nach Gaza hereinzubringen", sagt Mauring.

Suad Okasha aus Gaza hat die ganze Grausamkeit der 50 Tage andauernden Kämpfe zu spüren bekommen. Sie verlor ihre beiden 21 und 23 Jahre alten Söhne und steht im Eingang dessen, was früher ihr Haus war. "Ich hoffe, dass es für uns besser wird und dass die Feuerpause hält", sagt sie traurig.

Beit Hanoun, nur wenige Kilometer von der israelischen Stadt Sderot entfernt, ist eine der Städte, die am härtesten von den Angriffen der israelischen Armee getroffen wurde. Subhiya Abu Ouda und ihre drei Söhne Emad (43), Nehand (41) und Mohammed (31) und deren Kinder stehen vor ihrem Apartment-Haus, in dem früher sechs Familien und 52 Personen gewohnt haben.

"Ich genieße den unverbauten Blick" - Emad hat seinen schwarzen Humor behalten - die fehlende Außenwand gibt den Blick auf Israel freiBild: DW/K. Shuttleworth

Eine Rakete durchschlug die Decke der Küche im obersten Stockwerk und brachte dort eine Gasflasche zur Explosion. Das Haus brannte komplett aus.

Trotz der Zustörung in ihrem Haus, sagen sie, können sie immer noch auf einer der unteren Etagen leben, auch wenn die Wände durchlöchert sind. Sie haben anscheinend ihren - wenn auch tiefschwarzen - Humor noch nicht verloren. Einer der Jungen schläft im obersten Stockwerk neben einer weggesprengten Wand - mit direktem Blick auf Israel.

Immer wieder das Gleiche?

Für die Familie ist die Feuerpause kein Erfolg - eher die Rückkehr zu dem, was bereits im Waffenstillstand nach der "Operation Wolkensäule" im November 2012 vereinbart worden war. Damals hatte es acht Tage lang israelische Luftangriffe gegen militante Hamas-Mitglieder im Gazastreifen gegeben.

"Bislang haben wir nichts handfestes gesehen. Wir werden abwarten, ob die Grenzübergänge wieder geöffnet werden und ob es einen Seehafen geben wird", sagt Emad. "Wir haben all das durchgemacht, nur um wieder die alten Vereinbarungen zu bekommen. Es nutzt alles nichts, Israel wird jede Vereinbarung verletzen."

Für die palästinensische Bevölkerung in Gaza ist der Waffenstillstand, der einen Krieg mit mehr als 2000 Todesopfern beendet, trotz allem eine lang ersehnte Befreiung. Jetzt werden die kommenden Monate zeigen, ob sich die Bedingungen für die Menschen im Gaza-Streifen verbessern werden.

Im Waffenstillstands-Abkommen, das am Dienstag ausgehandelt wurde, wurden Verhandlungen über den Bau eines Hafens und eines Flughafens vereinbart. Die Vereinbarung stellt außerdem eine sofortige Lockerung der israelischen Grenzblockaden zwischen Gaza und Israel in Aussicht und eine schrittweise Freigabe der Seeblockade, damit vor der Küste des Gazastreifens wieder gefischt werden kann.

Die Restriktionen sollen auch an fünf Grenzübergängen gelockert werden, darunter am Refah-Übergang nach Ägypten, der humanitäre Hilfe und die Lieferung von Baumaterial nach Gaza möglich machen würde, um dort mit dem Wiederaufbau beginnen zu können. Sollte der Waffenstillstand halten, sieht der nächste Schritt der von Ägypten vermittelten Vereinbarung informelle Gespräche innerhalb des nächsten Monats vor. Die Erfahrungen aus der Vergangenheit haben aber gezeigt, dass bis dahin viel passieren kann.

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