Geben und Nehmen am Rio de la Plata
15. Januar 2003Die Übergangsregierung unter Eduardo Duhalde stimmte jetzt einem Vorschlag des IWF zu, einige fällige Gelder an internationale Finanzorganisationen zurückzuzahlen. Im Gegenzug erhält Buenos Aires frisches Geld und kann mit einer Umschuldung rechnen. Der Kompromissentwurf des IWF müsse nun noch in der Zentrale in Washington geprüft werden, sagte ein Sprecher des argentinischen Wirtschaftsministeriums.
Im Gespräch mit DW-WORLD schildert Federico Foders vom Institut für Weltwirtschaft (IFW) an der Universität Kiel den Nutzen dieses Kompromisses: "Er verhindert, dass Argentinien seinen Schuldendienst gegenüber den multilateralen Finanzinstitutionen einstellen muss. Jetzt hat das Land die Möglichkeit, die mit diesen Institutionen wie etwa Weltbank und IWF in den vergangenen Jahren vereinbarten Kredite weiterhin in Anspruch zu nehmen. Neue Kredite sind nicht vereinbart worden."
Neues Geld für alte Schulden
Einem Bericht der argentinischen Tageszeitung "La Nación" zufolge will der IWF Argentinien vor einer Einigung zur Zahlung von fast drei Milliarden Dollar verpflichten. Die IWF-Delegation schlägt demnach zugleich die Verlängerung der Tilgungsfrist der Mitte des Jahres fälligen 7,3 Milliarden Dollar vor. Der argentinische Präsident Duhalde hatte zuvor angekündigt, erst Schulden zu begleichen, wenn man zu einer Einigung auf ein Umschuldungs-Abkommen mit dem Währungsfonds gekommen ist.
Ein Jahr lang dauerte der Streit zwischen IWF und Argentinien, weil die argentinische Politik mit sich selbst und den anstehenden Wahlen im April beschäftigt war. Unterdessen sterben in dem Land, dass für seinen Fleischexport und seine endlosen Getreidefelder berühmt ist, Kinder an Unterernährung.
Einigung sichert Kreditwürdigkeit
Nach Angaben eines Sprechers des Wirtschaftsministeriums in Buenos Aires, will der IWF am Freitag (17.1.2003) möglicherweise die Einigung bekannt geben. Argentinien, das sich seit 1998 in einer schweren Rezession befindet, braucht diese Einigung, um weltweit überhaupt noch kreditwürdig zu bleiben. Derzeit gibt niemand dem Land Geld - außer den multilateralen Finanzinstitutionen. Erst wenn die Umschuldung mit dem IWF unter Dach und Fach ist, will Argentinien seine Schulden in aller Welt begleichen. Von der Einigung mit dem IWF hängt also auch ab, ob Gläubiger weltweit noch mit Rückzahlungen, etwa aus argentinischen Staatsanleihen, rechnen können. "Private Anleger müssen sich auf langwierige und zähe Umschuldungsverhandlungen einstellen. Deutsche Anleger sollten sich den Organisationen von Bondholders anschließen, die sich in Deutschland gebildet haben", rät Wirtschaftswissenschaftler Foders.
Die Gläubiger brauchen einen langen Atem
Ein dauerhaftes Umschuldungsabkommen für Argentinien kann aber erst von der neugewählten Regierung ab Mai auf den Weg gebracht werden. Der kommende Freitag ist also für Argentinien wahrlich ein Schicksalstag, da dann die Rückzahlung von 1,065 Milliarden Dollar an den IWF fällig wird. Unklar ist derzeit noch, ob Argentinien angesichts seiner knappen Devisenreserven von zehn Milliarden Dollar eine am 17. Januar fällige Zahlung von einer Milliarde Dollar an den IWF leisten wird.
Nach der Umschuldung die Sanierung
Der IWF hatte Ende 2001 die Auszahlung eines Kredites an Argentinien in Höhe von rund 1,3 Milliarden Dollar gestoppt, weil die für 2001 vereinbarte Schuldengrenze weit überzogen worden war. Buenos Aires musste daraufhin die Zahlung seiner Auslandsschulden offiziell aussetzen.
Für den Weg aus der Krise schlägt IFW-Experte Foders eine internationale Argentinien-Konferenz vor, nach dem Muster bisheriger Geberkonferenzen. Finanzinstitutionen, private Anleger, Banken und die Gruppe der G-7-Länder sollten darin vertreten sein. "Die Argentinien-Konferenz sollte einen Zwei-Stufen-Plan vorlegen. Die erste Stufe könnte eine Umwandlung der gegenwärtigen Schulden in neue, von IWF und Weltbank garantierte Anleihen mit einer Laufzeit von 30 Jahren beinhalten." Dem Land könne gleichzeitig eine Schonfrist von fünf Jahren eingeräumt werden, dann sollte es die Schulden abtragen.
In einer zweiten Stufe könnten dann neue Gelder während der Schonzeit zur Verfügung gestellt werden. Damit könnte Argentinien die Devisenreserven stärken, Banken sanieren oder das Haushaltsdefizit verringern. Doch mit Geldspritzen allein ist es nicht getan, mahnt Foders. "Wichtig wäre zudem, dass Argentinien ein konsistentes Wirtschaftsprogramm vorlegt, den freien Wechselkurs des Peso beibehält und ein Inflationsziel als Orientierung für die Geldpolitik einführt." Auch werde das Land nicht umhin kommen, eine umfangreiche Steuerreform durchzuführen, den Außenhandel und Kapitalverkehr zu liberalisieren und den Arbeitsmarkt zu deregulieren.