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Gebeutelte FDP will Trendwende einleiten

6. Januar 2011

Schon seit Wochen wird über eine Ablösung von Parteichef Guido Westerwelle spekuliert. Damit soll nun Schluss sein - bei ihrem Dreikönigstreffen an diesem Donnerstag will die FDP den künftigen Kurs klar abstecken.

Guido Westerwelle (Foto: dpa)
Unter Druck: WesterwelleBild: picture alliance/dpa

Die Parteiführung der Liberalen erhofft sich durch eine kämpferische Rede Westerwelles in Stuttgart einen Schlussstrich unter die Personaldebatte. Einen Rückzug aus der FDP-Spitze hat der deutsche Vizekanzler und Außenminister zuletzt jedenfalls ausgeschlossen. Mehrere Landesverbände der Freien Demokraten hatten gefordert, Westerwelle solle am Dreikönigstag (06.01.2011) seinen Verzicht auf eine erneute Kandidatur beim Parteitag im Mai ankündigen.

Bei der vergangenen Bundestagswahl hatte die FDP schließlich stolze 14,6 Prozent erzielt. Aktuelle Umfragen weisen nur noch magere drei bis fünf Prozent aus. Und 2011 könnte alles noch viel schlimmer werden. In diesem Jahr stehen sieben Landtagswahlen an, darunter die in den beiden liberalen Stammländern Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. In beiden Landtagen ist die FDP mit acht beziehungsweise knapp elf Prozent vertreten, in Baden-Württemberg stellt sie mit der CDU die Landesregierung.

"Spätrömische Dekadenz"

"Anstrengungsloser Wohlstand" durch Geld vom Amt?Bild: AP

Nach dem sehr guten Wahlergebnis bei der Bundestagswahl 2009 waren die Ansprüche hoch. Entsprechend motiviert ging die FDP-Ministerriege ans Werk. Aber der rasante Abstieg der Liberalen in der Wählergunst begann gleich mit dem ersten Projekt. Denn die Senkung des Mehrwerststeuersatzes für Hotelübernachtungen löste außerhalb der Hotelbranche nur Kopfschütteln aus.

Auch die Diskussion um den Sozialstaat führte zu Missverständnissen. Außenminister Westerwelle geißelte den so genannten "anstrengungslosen Wohlstand" und brandmarkte den "geistigen Sozialismus" ebenso wie die "spätrömische Dekadenz", die das Land überzogen habe. Zwar hatte er damit die Schlagzeilen der Presse sicher, in der Bevölkerung aber überwog das Unverständnis.

"Steuersenkungspartei"

Aus der versprochenen Steuersenkung wurde eine SteuervereinfachungBild: picture alliance/dpa

Gleichzeitig reduzierte sich die FDP immer mehr auf eine Einthemenpartei. Während des Wahlkampfs plakatierte sie den Slogan "Mehr Netto vom Brutto". Das Mantra der Steuersenkung und der Entlastung des Mittelstands überdeckte andere politische Themenfelder. Aber diese Versprechungen standen unter dem Vorbehalt der Steuerschätzung. Und als diese nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai 2010 kam, war von Steuersenkungen keine Rede mehr.

Das Versprechen, das der Parteivorsitzende Westerwelle zu Beginn des Bundestagswahlkampfs 2009 gemacht hatte, stand zwar im Koalitionsvertrag, wurde aber nicht umgesetzt: "Wir Liberale werden einen Koalitionsvertrag nur unterzeichnen, wenn darin ein niedrigeres, einfacheres und gerechteres Steuersystem aufgeschrieben worden ist." Und zur Begründung fügte er an, dass es ein "Ende haben muss mit der Abkassiererei in Deutschland".

"Gesundheitsreform" und Maulwurfaffäre

Schwerer Stand: RöslerBild: AP

Das Jahr der Pannen für die FDP wurde mit einer Gesundheitsreform durch Gesundheitsminister Philipp Rösler komplettiert, die in den Augen ihrer Kritiker den Namen nicht verdient hat. Arbeitnehmer beklagen, dass zukünftige Beitragserhöhungen allein von ihnen getragen werden müssten, während der Arbeitgeberanteil auf heutigem Niveau eingefroren bleibt.

Als im Dezember 2010 die Enthüllungsplattform Wikileaks pikante Details der internationalen Politik veröffentlichte, führte bald eine Informantenspur zum direkten Umfeld des Außenministers und FDP-Chefs. Zwar wurde die Existenz eines "Maulwurfs" erst vehement bestritten, nach einigen Tagen aber war der informationsfreudige Mitarbeiter gefunden. Es war Helmut Metzner, der Büroleiter von Guido Westerwelle, was die Angelegenheit pikanter und eine Entlassung unvermeidbar machte.

Parteiinterne Kritik

Partei"freunde": Westerwelle und sein Kritiker KubickiBild: picture-alliance/dpa

Aber zum Niedergang der Umfragwerte für die FDP trugen auch politische Großereignisse bei, für die die Liberalen zumindest nicht allein die Verantwortung haben. Trotzdem wurden sie abgestraft für die umstrittene Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken oder für das heiß diskutierte Bahn-Projekt "Stuttgart 21".

Wie immer in schwierigen politischen Zeiten meldeten sich parteininterne Kritiker, die über eine Abwahl des Parteivorsitzenden spekulierten und eine Schärfung des politischen Profils ebenso einforderten wie eine Verbreiterung der Themen, bei denen die Liberalen Kompetenz vorweisen könnten. Allen voran der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Kubicki.

In einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" verglich er Anfang Dezember 2010 die FDP mit der DDR-Regierung im Jahr 1989. Diese sei "implodiert" weil sie nicht mitbekommen habe, was um sie herum geschehen sei. Dann sei sie "auf einmal nicht da" gewesen. Dieses Schicksal - so fürchtete der umtriebige Liberale aus Kiel - könnte nun auch der FDP drohen.

Die Reaktionen...

...waren klar und deutlich. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle ließ via "Handelsblatt" wissen, dass sich "manche nur profilieren könnten, wenn sie sich gegen die eigene Partei positionierten." Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel räumte ein, dass man in der Koalition zu wenig von "eigenen Zielen durchsetzen" konnte. Gleichzeitig aber setze er auf den "besten Wahlkämpfer, den ich kennen gelernt habe: Guido Westerwelle".

Auch FDP-Generalsekretär Christian Lindner teilte gegen Wolfgang Kubicki aus. Seine Kritik sei "maßlos und wenig stilsicher gerade mit Blick auf die historische Analogie, die er gewählt hat". Und der FDP-Chef selber? Er denke nicht an einen Rückzug und wolle die Partei auch in die anstehenden Landtagswahlkämpfe führen, ließ er vor dem Dreikönigstreffen der Liberalen in Stuttgart wissen.

Autor: Matthias von Hellfeld

Redaktion: Christian Walz

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