1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikAfrika

Zu dreckig für Deutschland, noch gut für Afrika?

Silja Fröhlich
6. November 2020

Das Gebrauchtwagengeschäft in Afrika blüht. Auch aus Deutschland werden Autos importiert, die hierzulande oft als zu unsicher und dreckig für die Straße gelten. Experten fordern von beiden Seiten bessere Regeln.

Afrika Gebrauchtwagen Autohandel Autoverkauf
Gebrauchtwagenhändler in Simbabwes Hauptstadt HarareBild: Jekesai Njikizana/Getty Images

Westafrikas Hauptstädte sind berühmt-berüchtigt für ihr Verkehrschaos: Taxen, Minibusse und Motorräder schlängeln sich auf der Suche nach dem schnellsten Weg durch vollgestopfte Straßen. Der eine oder andere deutsche Tourist könnte hier entdecken, was er möglicherweise nie in Accra, Lagos oder Abidjan vermutet hätte: sein altes Auto.

Fast alle afrikanischen Länder importieren Gebrauchtwagen aus dem Ausland – und die EU, angeführt von Deutschland, gehört neben den USA und Japan zu den größten Exporteuren. Nigeria ist dabei der größte Markt: 2018 importierte das Land laut einem im Oktober veröffentlichten Bericht des UN Umweltprogramms (UNEP) eine knappe Viertelmillion Gebrauchtwagen, gefolgt von Tansania, Guinea und Ghana.

Alt, dreckig und kaputt

Kofi Asamoah ist Autohändler in Ghanas Hauptstadt Accra. Er importiert seine Autos hauptsächlich aus Amerika, Asien und Europa. Doch die importierten Autos sind oft alt und in schlechtem Zustand. 

"Die Autos werden als Taxis, Uber und Minibusse, wir nennen sie Trotro, genutzt", erklärt der 45-jährige Gebrauchtwagenhändler. "Sie sind alle überaltert. Aber wenn man diese bestimmten Fahrzeuge nicht mehr importieren dürfte, hätten wir keine Autos mehr für Taxis, Uber und Trotro. Wir wäre gezwungen, nagelneue Autos zu kaufen, und das ist sehr teuer."

Deutschlands alte Autos 

Über die Hälfte der jährlich in Afrika neu registrierten Autos sind importierte Gebrauchtwagen. In manchen Ländern wie Kenia sind es sogar mehr als 96 Prozent. Doch es gehen Gefahren von den Autos aus, sagt der ghanaische Umweltschützer Kofi Agyapong. 

"Überalterte Autos sind schlecht für unsere Umwelt wegen ihrer starken Abgase. Sie verursachen Unfälle, weil die Metall- und Aufhängungssysteme sehr schwach sind." Das Problem laut Agyapong: "Unsere Vorschriften sind nicht stark genug, um diese Dinge zu regeln."

Keine Airbags, Filter oder Katalysatoren

Der Bericht des UN-Umweltprogramms zeigt, dass 80 Prozent der nach Afrika importierten Gebrauchtwagen die in den Exportländern geltenden Standards für Sicherheit und Schadstoffwerte nicht erfüllen, erklärt Co-Autor Rob de Jong im DW-Interview. "Schlüssel-Bestandteile wie Filter, Airbags oder Katalysatoren wurden entweder entfernt oder funktionieren nicht mehr." Fehlende Filter können den Schadstoffausstoß eines Autos um bis zu 80 Prozent steigern, so de Jong.

Wertvolle Autoteile werden oft vor dem Export ausgebaut, denn der Markt für Sensoren, Partikelfilter sowie darin enthaltene Rohstoffe wie etwa Platin ist lukrativ. Hinzu kommt, dass es für die Händler oft kostengünstiger ist, straßenuntaugliche Fahrzeuge nach Afrika zu exportieren, als sie zu verschrotten. Laut dem UNEP-Bericht kommt es immer wieder zum illegalen Export von Altfahrzeugen, die eigentlich zur Verschrottung bestimmt waren.

Viele Autos auf Afrikas Straßen kommen ursprünglich aus Europa, genauer: DeutschlandBild: DW/B. Darame

Gebrauchtwagenimport verbieten?

Umweltschützer Agyapong hilft potenziellen Autobesitzern, vor dem Import zu prüfen, wie sicher die Gebrauchtwagen sind. Dass seine Regierung die Einfuhr untauglicher Fahrzeuge verhindern könnte, glaubt er nicht.  "Den Import zu verbieten ist grundsätzlich der beste Weg. Unsere Gesetze, Vorschriften und Kontrollen sind zu schlecht, um zu garantieren, dass die Autos auch sicher sind."

So macht es auch Südafrika: Als eines von vier Ländern Afrikasverbietet es den Import von Gebrauchtfahrzeugen vollständig. Doch grundsätzlich seien Gebrauchtwagen eine günstige und gute Alternative zum Neuwagen, solange sie die minimalen Standards erfüllten, sagt UN-Experte de Jong. Allerdings schreibt die Hälfte aller Länder in Afrika keine oder sehr großzügige Altersgrenze für eingeführte Gebrauchtfahrzeuge vor, 46 Länder haben zudem keine Emissionsstandards. 

Junge Autos für Westafrika

Immerhin: Zumindest einige Länder wollen das Problem nun angehen. Im Februar 2020 hat die Wirtschaftskommission der westafrikanischen Staaten (ECOWAS) verbindliche Treibstoff- und Fahrzeugstandards verabschiedet. So müssen ab dem 1. Januar 2021 alle importierten Nutzfahrzeuge die Euro-4-Emissionsnormen erfüllen und dürfen maximal fünf Jahre alt sein. Dies soll innerhalb von zehn Jahren umgesetzt werden. 

Oft fehlen importierten Gebrauchtwagen wichtige Bestandteile wie Filter oder AirbagsBild: Yasuyoshi Chiba/Getty Images

Auch Ghana hat bereits im Mai ein Einfuhrverbot für Gebrauchtwagen erlassen, die älter als zehn Jahre sind. Doch die Regelung bedrohe die Existenz von Automechanikern, so Joseph Kusi, Mechaniker in Accra. "Der Präsident muss die Einfuhr gebrauchter und überalterter Autos zulassen. Wir brauchen sie für das Überleben unseres Unternehmens. Es gibt über 500.000 Mechaniker, die von diesem Sektor abhängig sind und jeder Versuch, die Gebrauchtwagenindustrie einzuschränken, wird den Menschen Arbeitsplätze wegnehmen."

Geteilte Verantwortung für sichere Autos

Eine Lösung für das Problem könnten Exporteure und Importeure nur gemeinsam finden, betont de Jong. "Westafrika muss Standards implementieren und sagen, was sie importieren wollen. Und Exporteure dürfen sich nicht hinter der Tatsache verstecken, dass Länder damit Probleme haben, Regulierungen einzuführen," so der UN-Experte. 

"Die Exporteure haben eine Verantwortung, dafür zu sorgen, dass die von ihnen exportierten Fahrzeuge die Mindestanforderungen erfüllen." Das führe nicht unbedingt zu einem Einbruch des Geschäfts, so de Jong, sondern zu einer Verschiebung zu kleineren, saubereren Fahrzeugen, die nicht automatisch teurer seien.

Mitarbeit: Isaac Kaledzi 

Keine Schrottautos für Afrika

01:27

This browser does not support the video element.

Silja Fröhlich Redakteurin, Reporterin und Moderatorin
Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen