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Politik

Gedämpfte Weihnachten in Bethlehem

21. Dezember 2021

Das Weihnachtsfest in der Geburtsstadt Jesu ist ein besonderes und zieht normalerweise Scharen von Touristen an. Doch wie schon 2020 fällt das Fest auch in diesem Jahr Corona-bedingt anders aus als vor der Pandemie.

Bethlehem vor Weihnachten 2021
Bild: Tania Kraemer

Dudelsack, Trompeten und Trommeln sind schon von weitem zu hören. Es ist früher Abend in Beit Sahour, einer Kleinstadt direkt neben Bethlehem im besetzten Westjordanland. Junge palästinensische Musikerinnen und Musiker der lokalen Pfadfindergruppe üben ihre Formation auf dem Sportplatz der lutherischen Gemeinde der mehrheitlich christlichen Kleinstadt. "Dieses Jahr haben wir sehr viel trainiert. Unsere Mitglieder haben hier fast täglich für die Parade geübt, um an den Weihnachtsfestlichkeiten teilzunehmen", sagt Dafer Kassis, Leiter der Shepherds-Pfadfinder der lutherischen Gemeinde.

Angeführt von den Dudelsackspielern werden hier verschiedene Weihnachtslieder geübt. Das Dudelsackspielen ist eine Tradition, die noch aus der britischen Mandatszeit von 1920 bis 1948 stammt. Bei der Parade muss jeder Schritt sitzen. Geprobt wird in Turnschuhen und Hoodies, die an Heiligabend gegen die festliche Pfadfinderuniform getauscht werden.

Proben in Turnschuhen: Die Shepherds Scouts von Beit SahourBild: Tania Kraemer

"Letztes Jahr konnten wir - wie so viele andere überall auf der Welt - nicht richtig Weihnachten feiern. Deshalb freuen wir uns jetzt erst recht darauf und hoffen, dass diesmal alles wie geplant am 24. Dezember stattfinden wird", sagt Kassis. Im vergangenen Jahr, sagt er, hatte seine Gruppe sich wegen der Corona-Pandemie gegen eine Teilnahme an der offiziellen Weihnachtsparade in Bethlehem entschieden.

Viele Weihnachtsfeste in Bethlehem

Die palästinensischen Pfadfinder und ihre Musikgruppen gehören fest zu Weihnachten in Bethlehem. An Heiligabend fangen die Feierlichkeiten schon morgens mit dem Umzug verschiedener Pfadfinder-Musikgruppen aus der Region an. Es geht zum Krippenplatz vor die Geburtskirche, dem Ort, an dem Jesus der Überlieferung nach zur Welt gekommen sein soll. Dort findet die Mitternachtsmesse statt. Ob es dabei dieses Jahr wieder COVID-19-Beschränkungen geben wird, ist noch unklar.

Schon 2020 fanden die Feierlichkeiten wegen Corona nur in begrenztem Rahmen stattBild: Tania Kraemer

Bethlehem feiert Weihnachten gleich mehrmals, wegen der verschiedenen Kalender der christlichen Gemeinden im Heiligen Land. In der Geburtsstadt Jesu beginnt am 24. Dezember das erste Weihnachtsfest nach dem gregorianischen Kalender für die katholischen und protestantischen Kirchen. Zwei Wochen später findet das orthodoxe Weihnachtsfest statt - gefolgt von dem der armenischen Gemeinde. Die Weihnachtssaison in Bethlehem ist lang und die Stimmung in der Stadt besonders festlich - doch auch dieses Jahr überschattet die Pandemie die Feiern.

Neue Beschränkungen durch Omikron

Die Impfkampagne in den palästinensischen Gebieten läuft auf Hochtouren, der Tourismussektor hoffte bereits auf ein einträgliches Geschäft - doch die Omikron-Virusvariante hat der Stadt Bethlehem einen Strich durch die Rechnung gemacht. Am 1. November hatte Israel die seit 2020 geltenden starken Einreisebeschränkungen aufgehoben. Doch um die Ausbreitung der Omikron-Variante zu verlangsamen, schloss das Land Anfang Dezember erneut die Grenzen für Ausländer - direkt vor dem jüdischen Chanukka-Fest und dem Beginn der Adventszeit in Bethlehem. Nur wenige Touristengruppen waren zuvor im Heiligen Land unterwegs.

"Die Leute hier hatten darauf gehofft, dass auch Touristen wiederkommen", sagt der junge palästinensische Fotograf Elias Halabi und schaut auf den großen Weihnachtsbaum auf dem Krippenplatz. "Die neue Reisesperre hat die Stimmung der Leute etwas gedrückt, trotzdem haben wir hier eine besondere Weihnachtsatmosphäre." Dieses Jahr gab es zumindest kaum noch Beschränkungen für einheimische Besucher, um am festlichen Erleuchten des Weihnachtsbaums Anfang Dezember teilzunehmen, dem Beginn der Weihnachtszeit. Jedes Jahr ist Halabi dabei, um den besonderen Moment mit der Kamera festzuhalten. "Wir haben vielleicht nicht immer den schönsten Weihnachtsbaum," fügt er lachend hinzu, "aber wir haben die Geburtskirche, das macht es sehr besonders."

Mitarbeiter der Tagesstätte Ma'an lil Hayat fertigen Nikolausfiguren zum Verkauf anBild: Tania Kraemer

Jetzt hofft man deshalb vor allem auf inländische palästinensische oder israelisch-arabische Besucher aus Israel und auch auf einige Christen aus dem Gazastreifen, die mit spezieller Erlaubnis ausreisen dürfen. Auch 2021 war für Bethlehem und seine Einwohner, die vor allem vom ausländischen Tourismus leben, ein schwieriges Jahr. "Es hat uns alle schwer getroffen, von den kleinen Handwerksbetrieben über die Pensionen bis zu den großen Hotels", sagt Mahera Nassar Ghareeb, Leiterin einer Tagesstätte für Menschen mit geistigen Behinderungen. Das Zentrum finanziert sich zum Teil durch den Verkauf von Filzartikeln, die die jungen Frauen und Männer in der Werkstatt anfertigen: Nikolausfiguren mit Zipfelmützen, Weihnachtskrippen und kleine Filzschafe gehören zum beliebten Weihnachtsrepertoire. "Wir wollen trotzdem optimistisch bleiben, irgendwann wird es mit dem Virus auch mal wieder vorbei sein", hofft Ghareeb.

Restaurierte Geburtskirche - wenige Besucher

Nur wenige Straßen entfernt liegt die Geburtskirche. Seit Jahrhunderten hat die Kirche ihre Pforten für Besucher geöffnet. "Trotz der schlechten Nachrichten über die neue COVID-Variante hoffen wir natürlich, dass es möglich ist, dass Pilger zurückkommen und gemeinsam mit den lokalen Christen feiern können", sagt Kustos Francesco Patton, der Oberste Hüter der katholischen Stätten im Heiligen Land. In den vergangenen zehn Jahren wurde die Kirche aufwendig restauriert. Doch durch die Pandemie ist der früher um diese Jahreszeit übliche Andrang verschwunden. Auch in der Grotte, in der ein silberner Stern den Ort kennzeichnet, an dem Jesus der Überlieferung nach geboren sein soll, stehen keine langen Schlangen mehr.

Die Geburtskirche in Bethlehem: Der Stern auf dem Boden markiert die Stelle, an der Jesus angeblich geboren wurdeBild: Tania Kraemer

Draußen auf dem Krippenplatz sind der Weihnachtsbaum und die Holzkrippe auch dieses Jahr wieder ein beliebtes Motiv für Selfies und Fotos - für Besucher und Einheimische. "Die Weihnachtszeit ist für mich eine Zeit der Hoffnung. Wenn man beiseite lässt, was uns allen dieses Jahr passiert ist, mit Corona. Es gibt hier seit Jahren so viele Probleme", sagt Photograph Elias Halabi und spricht damit den langjährigen Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern an, der die Region prägt. "Aber trotz all dem, was um uns herum passiert, ist es immer wieder etwas Besonderes: das Erleuchten des Weihnachtsbaums, die Geburtskirche, einfach nur in Bethlehem sein zu können. Das ist so einzigartig, das macht uns hoffnungsvoll und schenkt uns Zuversicht."

Gedämpfte Weihnachtsstimmung in Bethlehem

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