1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

"Gefährliche Situation" am Flughafen Kabul

21. August 2021

Nach fast einer Woche Taliban-Herrschaft läuft die dramatische Rettungsaktion für gefährdete Menschen in Kabul unter Hochdruck weiter. Tausende Menschen belagern noch immer die Airport-Eingänge.

Afghanistan I Evakuierung am Flughafen Hamid Karzai
Bild: Nicholas Guevara/US MARINE CORPS/AFP

Die Rettung von Menschen aus der afghanischen Hauptstadt Kabul ist angesichts chaotischer Verhältnisse zeitweilig ins Stocken geraten. Zwei Bundeswehr-Maschinen konnten nur sieben beziehungsweise acht Personen nach Usbekistan bringen. Später habe ein weiterer Transporter 205 Schutzbedürftige ausgeflogen, teilte das Verteidigungsministerium mit. Nach Angaben des Auswärtigen Amts wurden die Tore am Flughafen mehrfach geöffnet und dann wieder geschlossen.

Die Lage sei weiterhin äußerst unübersichtlich, heißt es in einem aktuellen Schreiben der deutschen Botschaft in Kabul mit Informationen zu den Evakuierungsflügen. So komme es immer häufiger zu gefährlichen Situationen und bewaffneten Auseinandersetzungen an den Gates. Der Zugang zum Airport sei nicht durchgehend gewährleistet und es sei wegen der unklaren Situation nicht möglich, vorab Informationen zu geben, wann die Tore geöffnet sein würden. Das US-Militär entscheide über Öffnung und Schließung der Tore - je nach Lage.

"An einem geschützten Ort bleiben"

"Derzeit ist es grundsätzlich sicherer, zu Hause oder an einem geschützten Ort zu bleiben", lautete zwischenzeitlich die Empfehlung. Ein Transport vom individuellen Aufenthaltsort im Kabuler Stadtgebiet zum Airport könne durch die deutsche Botschaft nicht geleistet werden. Es seien aber weiterhin Evakuierungsflüge der Bundeswehr geplant.

Für Spezialeinsätze geeignet: Bundeswehr-Hubschrauber vom Typ H145M (Archiv)Bild: Björn Trotzki/imago images

Die US-Botschaft in Kabul gab eine ähnliche Mitteilung aus: Aufgrund "potenzieller Sicherheitsbedrohungen vor den Toren des Flughafens" rate man eigenen Staatsbürgern, derzeit nicht zum Flughafen zu reisen und die Tore des Flughafens zu meiden. Zur genaueren Art der Bedrohung wurden keine Angaben gemacht.

Auch Hubschrauber im Einsatz

Wie gefährlich und chaotisch die Lage ist, zeigte sich auch daran, dass US-Soldaten mit Hubschraubern losfliegen mussten, um am Freitag 169 Menschen sicher zum Flughafen zu bringen. Pentagon-Sprecher John Kirby berichtete, die Menschen seien vom Baron Hotel in der Nähe des Airports von drei Chinook-Helikoptern abgeholt worden. Grund sei die "große Menschenmenge" vor dem Flughafen gewesen.

Viel Platz für Flüchtlinge: Boeing-Transporter "C-17" der US Air ForceBild: Senior Airman Taylor Crul/U.S. Air Force /AP/picture alliance

Auch die Bundeswehr schickte zwei Hubschrauber nach Kabul, die Evakuierungen unterstützen sollen. Es gehe um eine "Erweiterung der Handlungsmöglichkeiten", teilte das deutsche Verteidigungsministerium mit. Die Maschinen könnten für die Rettung einzelner Bundesbürger oder auch Ortskräfte aus Gefahrenlagen eingesetzt werden. Bisher flog die Bundeswehr etwa 2000 Menschen aus Kabul aus.

"Eine der schwierigsten Luftbrücken"

Die US-Armee brachte nach Angaben des Verteidigungsministeriums seit vergangenem Samstag rund 17.000 Menschen in Sicherheit. Zwischenzeitlich hatten die Vereinigten Staaten ihre Rettungsflüge von Kabul nach Katar unterbrechen müssen, weil dort die Kapazitäten zur Aufnahme von Menschen aus Afghanistan erschöpft waren. Nun soll auch die US-Luftwaffenbasis Ramstein in Rheinland-Pfalz als Drehscheibe für Evakuierungen genutzt werden.

Auf dem US-Luftwaffenstützpunkt in Ramstein treffen am Freitag Menschen aus Afghanistan einBild: Senior Airman Jan K. Valle/U.S. Air Force/AP/picture alliance

Biden sicherte die Rettung aller Amerikaner aus Afghanistan zu. "Wir werden Sie nach Hause bringen", sagte Biden im Weißen Haus. Eine ähnliche Zusage machte er Ortskräften. Es sei aber "eine der größten, schwierigsten Luftbrücken der Geschichte", räumte Biden ein.

Borrell: EU hat sich bei den USA beschwert

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell schließt aus, dass bis Ende August alle Ortskräfte der USA und anderer NATO-Staaten aus Afghanistan herausgebracht werden können. "Das ist mathematisch unmöglich", sagte Borrell der Nachrichtenagentur AFP. Er machte die strengen Sicherheitsvorkehrungen des US-Militärs am Kabuler Flughafen mitverantwortlich für die dramatische Situation.

"Mathematisch unmöglich": EU-Außenbeauftragter Josep Borrell (Archivbild)Bild: picture-alliance/AP Photo/V. Mayo

Der EU-Chefdiplomat sagte, die Europäische Union habe sich bei den Vereinigten Staaten über die strengen Sicherheitsvorkehrungen "beschwert". Afghanische Ortskräfte der EU, die das Land verlassen wollten, hätten Schwierigkeiten auf das Flughafengelände zu gelangen.

Vor einer Woche hatten die radikalislamischenTaliban die Macht in Afghanistan wieder an sich gerissen. Seitdem versuchen unzählige Menschen verzweifelt, das Land zu verlassen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen appellierte an alle Mitgliedsländer, schutzbedürftige Afghanen aufzunehmen.

wa/jj/nob (dpa, afp)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen