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Wieder Opfer bei illegalem Autorennen

Greta Hamann20. Juli 2015

Nach drei unbeteiligten Todesopfern in Köln wurde am Wochenende auch in Norddeutschland eine Frau Opfer zweier Raser, die sich offenbar ein Rennen lieferten. Die Raser sind oft junge Männer, die sich profilieren wollen.

Radfahrer stehen am Unfallort in Köln (Foto: Oliver Berg/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/O. Berg

Während viele Bewohner der westdeutschen Stadt Köln nach dem Tod des 26-jährigen Gianluca noch unter Schock stehen, ist die Polizei in Norddeutschland schon auf der Suche nach den nächsten Rasern. Am Wochenende wurde eine Frau Opfer eines mutmaßlichen Autorennens. Augenzeugen berichten, die beiden Autos hätten sich ein Rennen geliefert und dazu auch die Spur der Gegenfahrbahn genutzt. Als die 52-Jährige versuchte, dem Auto auszuweichen, kam sie von der Straße ab und fuhr gegen eine Laterne. Ihr Beifahrer überlebte leicht verletzt. Die mutmaßlichen Täter sind geflüchtet.

Köln hält derzeit den traurigen Rekord an unschuldigen Todesopfern von illegalen Autorennen. Dieses Jahr sind bereits ein 49-jähriger Taxifahrgast, eine 19-jährige Studentin auf einem Fahrrad sowie der am 10. Juli verunglückte Gianluca, der ebenfalls auf dem Fahrrad unterwegs war, derartigen Rennen zum Opfer gefallen. Alle Rennen haben in der Kölner Innenstadt stattgefunden - der letzte Unfall sogar unweit eines beliebten Studententreffpunkts, dem Aachener Weiher.

Bresges: "Raser haben keine Angst zu sterben"

"Niemand von den Rasern hat Angst zu sterben", sagt der Kölner Professor André Bresges. Er hat bereits mehrere wissenschaftliche Studien über die Raserszene in Deutschland verfasst. Dafür hat er sich mit vielen der Fahrer unterhalten: "Vielmehr achten sie sogar noch darauf, besonders schnell zu sein. Sie wollen lieber sterben als als Krüppel zu enden." Meist seien die Raser junge Männer, die sich profilieren wollten und dies in einem anderen Umfeld nicht schafften, sagt der Verkehrspsychologe Karl-Friedrich Voss.

Bei den illegalen Autorennen auf öffentlichen Straßen kann zwischen organisierten und spontanen Rennen unterschieden werden. Die auch im Internet eng vernetzte Raserszene treffe sich eher außerhalb größerer Städte, erklärt André Bresges und betont, dass auch bei diesen Rennen Menschenleben aufs Spiel gesetzt würden.

Viele Kölner trauern nach dem Tod des 26-jährigen Radfahrers GianlucaBild: picture-alliance/dpa/O. Berg

Raser wollen Aufmerksamkeit

Daneben ergäben sich zum Teil auch spontane Rennen, die oft an Ampeln beginnen: "Die Gefahr solcher Rennen ist oft ungleich höher, da sie sich, wie in Köln, mitten im städtischen Raum abspielen", sagt Bresges. Die Großstadt in Westdeutschland biete den nach Aufmerksamkeit suchenden jungen Fahrern dabei die besten Bedingungen: "Köln hat viele Alleenstraßen, an denen sich offen sichtbar Kneipen, Cafés und Eisdielen befinden." Da die soziale Anerkennung von außen ein wichtiger Grund für das Eingehen solcher hochgefährlichen Rennen sei, überraschten die gehäuften Unfälle im Kölner Stadtraum deswegen nur wenig, so Bresges.

Um gegen illegale Rennen vorzubeugen, hat Berges in Zusammenarbeit mit der Polizei im Bundesland Nordrhein-Westfalen das Programm #link:https://www.polizei.nrw.de/artikel__157.html:"Crash Kurs"# entwickelt. Dabei geht die Polizei in Schulen und spricht direkt mit den jungen Leuten, die kurz davor stehen, ihren Führerschein zu machen oder bereits einen haben. Unfallopfer oder Ersthelfer erzählen dabei von ihren oft traumatischen Erfahrungen. Beim dem Programm setze man vor allem auf das "schweigende Mittelfeld" sagt André Bresges: "Die Fahrer brauchen ihre Groupies, die sie bewundern. Wenn diese, oft auch Frauen, ihnen diese Bewunderung nicht mehr entgegenbringen und vorschlagen, lass uns lieber ins Kino gehen, dann ist schon viel gewonnen."

Köln ruft "Null Toleranz für Raser" aus

Bei den Fahrern selbst anzusetzen, sei oft schwierig, sagt Bresges. Auch sogenannte Schockvideos, die besonders schlimme Szenen zeigen, nützten wenig. Sowohl der Verkehrspsychologe Voss als auch Bresges sprechen sich gegen den Einsatz solcher Videos aus: "Die jungen Menschen sind das vom Kino gewohnt. Es entspricht der Sehgewohnheit der Raser", erklärt Bresges. "Es gibt sogar Studien, die belegen, dass solche Videos eher eine gegenteilige Wirkung haben. Die Raser denken nämlich, dass ihnen so etwas nicht passieren wird. Sie glauben, sich besser mit ihren Autos auszukennen, es besser im Griff zu haben."

In Köln riefen Stadt und Polizei nun "Null Toleranz für Raser" aus. Man werde alles dafür tun, Raser von der Straße zu holen, sagte Stadtdirektor Guido Kahlen. Auf zahlreichen bekannten Rennstrecken werden bereits vermehrt Geschwindigkeitskontrollen durchgeführt und auffällige Fahrer überprüft.

André Bresges schlägt vor, sogenannte Bodenschweller anzubringen. Diese zwingen die Autofahrer dazu, abzubremsen. Man habe beobachtet, dass Raser, die oft auch tiefer gelegte Autos besitzen, über solche sogar noch langsamer fahren als anderer Fahrer: "Die Raser haben zwar keine Angst um ihr Leben, aber um ihr Auto schon."

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