Bundesnachrichtendienst sorgt für Empörung
16. Dezember 2015Die Geheimdienstkontrolleure des Bundestages beklagen schwerwiegende Rechtsverstöße bei der Arbeit des Bundesnachrichtendienstes (BND) und fordern Konsequenzen. Untersuchungen hätten ergeben, dass der BND über Jahre zum Teil unrechtmäßig und nicht auftragskonform Ziele in EU- und NATO-Staaten ausgeforscht habe, sagte der Vorsitzende des Parlamentsgremiums zur Kontrolle der Geheimdienste (PKGr), André Hahn, nach einer Sitzung des Gremiums in Berlin. In Einzelfällen seien auch Daten deutscher Staatsbürger erfasst worden. Das Kontrollgremium habe von all dem viel zu spät erfahren, sagte der Linken-Politiker.
Hahn mahnte, die gesetzlichen Grundlagen für die Arbeit des BND müssten dringend strenger gefasst werden. Die Aufsicht über den deutschen Auslandsnachrichtendienst sei zu verbessern, die parlamentarische Kontrolle müsse ausgebaut werden.
Dubiose Selektoren
Die Bundesregierung hatte dem Kontrollgremium im Oktober mitgeteilt, dass es neben den umstrittenen Suchkriterien des US-Geheimdienstes NSA auch eigene problematische, sogenannte "BND-Selektoren" gegeben hat. Diese Kriterien seien bis Ende 2013 angewendet worden. Selektoren sind Suchmerkmale, etwa Telefonnummern oder Mail-Adressen, die genutzt werden, um weltweite Datenströme zu durchkämmen.
Nach der Information durch die Bundesregierung im Herbst hatte das Parlamentsgremium eine "Task Force" eingerichtet, um den Vorgängen nachzugehen. Die legte nun vorläufige Ergebnisse vor. Welche Konsequenzen tatsächlich gezogen werden, dürfte aber auch von der Bereitschaft der Koalition abhängen, dem Druck der Kontrolleure nachzugeben.
Erste Versetzungen beim BND?
Die "Süddeutschen Zeitung" berichtet in ihrer Donnerstagsausgabe, der BND habe bereits erste personelle Konsequenzen aus der Affäre gezogen. So sollen drei Mitarbeiter der Abteilung für technische Aufklärung versetzt worden sein. Zwei von ihnen würden in Zukunft mit anderen Aufgaben betraut. Der Leiter der Abteilung, ein Bundeswehr-General, wird nach diesen Informationen Anfang 2016 den BND verlassen und in die Bundeswehr zurückkehren. Von Seiten des Geheimdienstes hieß es dazu, man äußere sich zu Personalangelegenheiten nicht.
Für Verunsicherung sorgt auch ein Bericht des ARD-Hauptstadtstudios, in dem BND-Vizepräsident Guido Müller vorgeworfen wird, im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages die Unwahrheit gesagt zu haben. Müller soll demnach erklärt haben, das Bekanntwerden einer kritischen Stellungnahme des BND zur Politik Saudi-Arabiens sei auf Indiskretionen von Journalisten zurückzuführen. Tatsächlich habe der BND seine Einschätzung aber selbst per Presseerklärung verbreitet.
ml/djo (afp, dpa)