Vor fünfzehn Jahren hatte ein Schatzsucher einen 15 Zentimeter kurzen mumifizierten Körper in der Atacama-Wüste gefunden. Viele hielten die Leiche für einen Alien. Nun beweist ein DNA-Test: Es ist ein Mensch.
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Der kleine Körper, den der Chilene Oscar Munoz im Jahre 2003 nahe der Kirche der Geisterstadt La Noria in der Atacama-Wüste gefunden hatte, ließ der Phantasie von abergläubischen Menschen keine Ruhe. Viele hielten ihn für einen Alien, einen Außerirdischen, zumal die winzige Körpergröße und die eigentümliche Kopfform für einen Menschen ungewöhnlich erschienen. Die Mumie, nach dem Fundort "Ata" genannt, lieferte auch Stoff für einen Dokumentarfilm.
Doch nun ist klar: Es handelt sich um einen Menschen, und zwar ein kleines, schwer missgebildetes, frühgeborenes Mädchen. Das konnte ein Forscherteam der Universität von Kalifornien, San Francisco und der Stanford Universität durch Gen-Analysen zeigen. Die Ergebnisse ihrer Studie haben sie in der Fachzeitschrift Genome Research veröffentlicht.
Todesumstände nicht geklärt
Unklar ist, ob das Kind tot geboren wurde oder erst nach der Geburt starb. Aber die Forscher kamen nach fünf Jahren Arbeit verschiedenen Erkrankungen des Mädchens auf die Spur: Sie fanden multiple genetische Mutationen. Diese führten zu den eigentümlichen Knochen- und Schädelmissbildungen, die typisch für Kleinwuchs, Skoliose (eine Verdrehung der Wirbelsäule) und Fehlbildungen an Muskeln und Knochen sind. So hatte der Leichnam neben einem verformten Schädel nur zehn anstelle der sonst üblichen zwölf Rippenpaare.
"Ich hatte über einen Freund von dem Körper gehört und mir ein Foto besorgt", erinnert sich der Mikrobiologe Garry Nolan vom Baxter-Labor für Stammzellenforschung in Stanford. "Man kann sich das nicht angucken und denken 'Das ist uninteressant'. Es ist ziemlich beeindruckend"
Fünf Jahre Forschungsarbeit
Für ihre Untersuchung nutzten die Forscher neben verschiedenen menschlichen Proben auch Referenzgenome von Schimpanse und Rhesusaffe zum Abgleich. So konnten sie andere Theorien über die Herkunft des Leichnams ausschließen.
Durch einen geografischen Populationsabgleich konnten sie dafür auf eine chilenische Herkunft des toten Kindes schließen. Das Verhältnis abgelesener X- und Y-Chromosomen verriet das weibliche Geschlecht. Das Erbgut für die Gen-Sequenzierung entnahmen die Forscher einer Rippe des Leichnams.
Ralph Lachman von der Abteilung für Kinder-Radiologie an der Universitätsklinik von Stanford fand zudem heraus, dass bestimmte Knochenteile des kleinen Mädchens überraschenderweise aussahen wie die eines sechs- oder siebenjährigen Kindes.
Dies konnten die Forscher dadurch erklären, dass Ata an einer seltenen Erkrankung litt, die Knochen schneller altern lässt. Den Forschern half die Tatsache, dass der Leichnam von der Wüstensonne mumifiziert war. Sie errechneten, dass die Kleine vor etwa 40 Jahren gestorben war.
War es Grabraub?
Nach wie vor ungelöst sind allerdings die genauen Umstände des Fundes. Der Finder Munoz gab weder zum genauen Zeitpunkt, noch zum Fundort präzise Angaben. Er sagte, der Leichnam habe sich in ein weißes Tuch eingewickelt in einem Lederbeutel befunden, der mit einem violetten Band verschnürt gewesen sei.
Das, sowie auch die Tatsache, dass der Fundort in der Nähe einer Kirche und eines Friedhofes lag, deutet darauf hin, dass die Entdeckung ein Ergebnis von Grabräuberei gewesen ist, die in der Region weit verbreitet sein soll. Vermutlich hatte die kleine Ata also ursprünglich eine rituelle Bestattung erfahren, bis die Totenruhe gestört wurde.
Munoz selbst war offenbar häufiger in der Gegend auf der Suche nach Antiquitäten, die er mit Hacke und Schaufel ausgrub.
Nach dem Fund verkaufte er die Mumie an einen Antiquitätenhändler. Sie wurde mehrfach weiterverkauft. Der letzte Besitzer war ein Sammler archäologischer Fundstücke in Spanien. Garry Nolan plädiert nun dafür, Ata zurück nach Chile zu bringen. "Ich denke sie sollte gemäß lokaler Bräuche dort bestattet werden," sagte Nolan.
fs/jv (dpa,afp)
Vom Fingerabdruck zum biometrischen Datensatz
Vor 125 Jahren wurde erstmals der Fingerabdruck als Beweismittel genutzt. Heute gibt es eine Vielzahl biometrischer Informationen, die Täter hinterlassen: DNA, Töne, Bilder, Daten. Kommen Sie mit uns auf Spurensuche!
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Seit 125 Jahren in der modernen Kriminalistik
1891 baute der in Kroatien geborene argentinische Kriminologe Ivan Vucetic das erste moderne Fingerabdruck-Archiv auf. Seitdem gelten die für jeden Menschen einzigartigen Abdrücke als guter Beweis zur Überführung von Tätern. Hier sichert ein Kriminalbeamter Spuren nach einem Hauseinbruch. Dazu trägt er ein feines Pulver auf die Oberfläche auf - der Fingerabdruck wird sichtbar.
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Haltbar machen fürs Archiv
Mit einer Klebefolie wird der Abdruck nun auf ein Papier übertragen und für die Nachwelt erhalten. Früher war das Abgleichen von Fingerabdrücken eine mühsame Arbeit. Man musste die Merkmale auslesen und von Hand vergleichen. Heute übernehmen Computer diese Aufgabe.
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Keine Tinte mehr
Auch das Nehmen der Fingerabdrücke hat sich in den letzten Jahren verändert. Heutzutage setzt man dazu Scanner ein. Diese erzeugen sofort digitale biometrische Daten.
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Aus dem Abdruck wird eine Identität
Der Computer identifiziert auf dem Muster des Fingerabdrucks typische Stellen. Das sind etwa das Zentrum der Fingerlinien oder auch Gabelungen, Abstände und andere Besonderheiten. Die Lage dieser Merkmale ist bei keinen Menschen identisch - auch nicht bei eineiigen Zwillingen.
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Niemand soll zweimal Wählen
Nicht nur in der Kriminalistik kommen Fingerabdrücke zum Einsatz. Immer häufiger werden sie schlicht zur Identifikation eingesetzt - etwa hier bei Wahlen in Nigeria. So kann sichergestellt werden, dass niemand seine Stimme zweimal abgibt und dass auch nur diejenigen wählen können, die im Wählerregister eingetragen sind.
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Wer war schon mal wo?
Entscheidend für die Bearbeitung von Asylanträgen oder die Anerkennung eines Flüchtlingsstatus ist die Frage, wo der Betroffene erstmals die EU betreten hat. Durch eine Registrierung mit Fingerabdrücken lässt sich dies eindeutig nachvollziehen. Vorausgesetzt, alle Behörden sind mit Scannern ausgestattet und nutzen diese auch.
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Finger weg - das sind meine Daten!
Moderne Smartphones nutzen eine sogenannte "Touch ID"-Funktion. Der Eigentümer weist sich mit seinem Fingerabdruck aus. Wer nicht den richtigen Finger hat, kommt an die Daten nicht heran.
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Sicheres Banking
So sieht ein Geldautomat im schottischen Dundee aus: Der Besitzer der Bankkarte weist sich mit seinem Fingerabdruck aus. So soll sichergestellt werden, dass kein Taschendieb Geld abheben kann.
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Fingerabdruck im Pass
Deutsche und viele andere Reisepässe enthalten seit 2005 einen digital gespeicherten Fingerabdruck. Dieser ist in keiner anderen Datenbank hinterlegt, sondern nur auf dem Chip im Ausweis. Neben dem Fingerabdruck ist hier auch ein biometrisches Passfoto untergebracht. Auch dieses ist, ähnlich wie ein Fingerabdruck, nahezu niemals bei zwei Menschen gleich.
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Wenn Computer Gesichter erkennen
Gesichtserkennungssoftware, die solche biometrischen Daten verwendet, ist mittlerweile so gut, dass mit Überwachungskameras gesuchte Personen aus großen Menschenmengen heraus identifiziert werden können. Aber auch Privatleute oder Internetdienste nutzen immer häufiger Gesichtserkennung: zum Beispiel um Urlaubsbilder danach zu sortieren, wer darauf zu sehen ist.
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Der Erfinder des genetischen Fingerabdrucks
Alec Jeffreys kam 1984 bei Forschungsarbeiten an der Universität Leicester auf die Idee, DNA zur Identifizierung von Menschen einzusetzen. Er hatte durch Zufall auf DNA-Abschnitten ein für jeden Menschen einzigartiges Muster entdeckt. Daraus konnte er ein Bild erzeugen, das ein wenig aussah wie der Strichcode im Supermarkt.
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Ein Strichcode für jeden Menschen
In Deutschland werden solche genetischen Fingerabdrücke seit 1998 in einer Datenbank des Bundeskriminalamts gespeichert. Über 18.000 Taten konnten mittlerweile alleine in Deutschland durch DNA-Fingerabdrücke aufgeklärt werden.
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Rettung für Unschuldige
Nicht nur Schuldige konnten überführt werden. Auch viele unschuldig Verurteilte verdanken dem genetischen Fingerabdruck ihr Leben. Das "Innocence Project" in den USA konnte die Unschuld von über 100 Gefangenen nachweisen, die fälschlicherweise verurteilt worden waren. Darunter auch Todeskandidaten wie Kirk Bloodsworth, der acht Jahre, elf Monate und 19 Tage auf seine Hinrichtung wartete.
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Klarheit für die Opfer
Eine Bewährungsprobe bestand die DNA-Analysetechnik nach den Massenmorden von Srebrenica. Erstmals wurden die Opfer eines Massenmordes systematisch identifiziert und individuell bestattet. Hier nimmt die fünfjährige Ema Hasanovic Abschied von ihrem Onkel. Über 6000 Opfer von Srebrenica - fast alles Männer - konnten so identifiziert und von ihren Angehörigen bestattet werden.
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Biometrie - auch im Telefon oder im Computer
Biometrische Daten gibt es aber auch dort, wo Informationen scheinbar flüchtig sind - etwa in Schallwellen oder digitalen Daten. Spracherkennungssoftware kann aufdecken, wer jemanden durch Drohanrufe belästigt, denn jede Stimme ist individuell. Und im Internet hinterlassen wir jede Menge Spuren, die auch gut auf den Einzelnen zurückgeführt werden können, der sie hinterlassen hat.