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Politik

"Gelbwesten" und russische Trolle

Roman Goncharenko
15. Dezember 2018

Russische Internet-Trolle sollen die Protestbewegung der "Gelbwesten" in Frankreich im Visier haben. Doch nach DW-Recherchen richten sich die Social-Media-Angriffe gegen Präsident Macron, Europa und die Demokratie.

Frankreich Polizei und Gelbwesten
Bild: Reuters/P. van de Wouw

Russische Internet-Trolle sollen versucht haben, die französische Protestbewegung der "Gelbwesten" anzuheizen, berichteten Anfang Dezember US-amerikanische und britische Medien. Auch Desinformationen, wie etwa falsche Bilder von Protesten, sollen in Umlauf gebracht worden sein.

Als Beleg werden in Medien unter anderem Informationen von der Initiative "Alliance for Securing Democracy" genannt. Die Initiative der US-Nichtregierungsorganisation German Marshall Fund (GMF) beobachtet Twitter-Accounts, die online russischen Einfluss betreiben sollen.

Bei diesen Accounts waren die Proteste der "Gelbwesten" (#giletsjaunes) für rund eine Woche das beliebteste Thema. Herzstück ist ein Dashboard, auf dem man in Echtzeit Aktivitäten von rund 600 ausgewählten Twitter-Accounts beobachten kann, etwa Hashtags, Themen und Quellen.

Russlands Themen "verstärken"

Um welche Accounts es geht, bleibt geheim. Auf der Webseite des Projekts mit dem Namen "Hamilton 68" heißt es, es gebe drei Gruppen von Twitter-Accounts: solche, die offen pro-Russisch sind oder Verbindungen zur russischen Regierung pflegen; solche, die von sogenannten Troll-Fabriken in und außerhalb Russlands betrieben werden, und solche, hinter denen Menschen stecken, die russische Themen "verstärken". Unter den Quellen, die von diesen Accounts verbreitet werden, befinden sich fast immer russische Auslandsmedien wie RT und Sputniknews.

Frankreichs Präsident spricht, die "Gelbwesten" hören zuBild: Reuters/J-P. Pelissier

Normalerweise gehe es bei diesen Tweets um US-Politik, erklärt Bret Schafer gegenüber der DW. Der Experte für soziale Medien beim GMF stellt klar, dass die beobachteten Accounts für das English-sprachige Publikum twittern und ihr Einfluss auf die Proteste in Frankreich folglich gering sei. "Es geht eher darum, bestimmte Themen hoch zu halten, den Westen insgesamt zu diskreditieren und die liberale Demokratie im negativen Licht darzustellen", meint er.

Spaltung vorantreiben

Maxime Audinet, Russland-Experte beim Französischen Institut für Internationale Beziehungen (IFRI), bestätigt dies: "Russlands Informationsaktivitäten sollen nicht als ein Instrument wahrgenommen werden, neue Aktivisten bei den 'Gelbwesten' zu mobilisieren oder Gewalt zu schüren", meint Audinet. "Die russische Berichterstattung zielt darauf, die Polarisierung der öffentlichen Debatte zu verstärken und die Wahrnehmung dieser Bewegung in Frankreich und im Ausland so zu beeinflussen, dass dadurch das Bild eines tief gespaltenen Landes am Rande eines Bürgerkriegs entsteht."

Ähnlich sieht das die in Frankreich lebende Politik-Expertin Tatiana Stanowaja. Russland nutze die Schwäche des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, um "Thesen über Europas Niedergang, die Krise der Demokratie und wachsende Stimmung gegen das Establishment" zu verbreiten. "Ich würde nicht sagen, dass es einen großen Einfluss hat."

Macron im Visier

"Nicht die 'Gelbwesten', sondern Präsident Macron sind das primäre Ziel russischer Aktivitäten in sozialen Netzwerken", sagt Ben Nimmo, Experte für Informationssicherheit bei der US-Denkfabrik Atlantic Council. Nimmo hat Ende November eine "französische Operation" mutmaßlicher russischer Internet-Trolle in einem Bericht für das Digital Forensic Research Lab (DFRL), ein Projekt des Atlantic Councils, detailliert beschrieben.

Das wahre Ziel der russischen Trolle sei Emmanuel Macron, meinen ExpertenBild: Reuters/Y. Valat

Nimmo konnte zusammen mit Kollegen einige Details der gesperrten Accounts wiederherstellen. Die meisten waren auf Englisch, doch zwölf Instagram-Accounts waren auf Französisch. Sie hatten rund 76.000 Follower, davon 12.400 in Frankreich, so das Facebook. Die meisten seien Mitte 2017 geschaffen worden.

"Die französischen Accounts haben so getan, als wären es alle möglichen Menschentypen: einer schien Nationalist zu sein, ein anderer ein Ultrakommunist. Einige taten so, als wären es afrikanische Frauen", sagt Nimmo. Die meisten Aktionen seien "harmlos" gewesen, doch fünf der zwölf Accounts hätten verbale und visuelle Angriffe auf Frankreichs Präsident Macron verbreitet. So habe es Fotomontagen gegeben, die den französischen Präsidenten zum Beispiel als einen Antreiber von Sklaven darstellten.

Facebook sagt nicht, wer hinter den Accounts steckt. "Dieser Versuch könnte mit der "Internet Research Agency" verbunden sein (eine Firma in St. Petersburg, die in westlichen Medien "russische Troll-Fabrik" genannt wird - Anm.d.Red.), doch man könne es nicht definitiv sagen, so das Netzwerk.

Die überschaubare Zahl der Accounts erklärt Experte Ben Nimmo damit, dass die Möglichkeiten russischer Trolle in Französisch begrenzt seien und die "Operation" erst am Anfang gestanden haben könne. In den USA habe Russland seine Online-Aktivitäten rund zweieinhalb Jahre vor der Präsidentenwahl 2016 begonnen, erinnert der Experte des Atlantic Council. Man solle solche Fälle deshalb im größeren Kontext betrachten. "Es geht nicht um 'Gelbwesten', denn solche Operationen haben normalerweise ein langfristiges Ziel", sagt Nimmo. Das Ziel sei Macron.

Frankreich: Aufruhr gegen Macron

04:14

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