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PolitikAfrika

Südafrika: Präsident Ramaphosa in der Krise

Martina Schwikowski
2. Dezember 2022

Staatspräsident Cyril Ramaphosa droht das politische Aus. Was wird dem einstigen Hoffnungsträger vorgeworfen, und wie geht es weiter? Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum aktuellen Stand.

UK, London | Cyril Ramaphosa, Präsident von Südafrika
Präsident Cyril Ramaphosa steht unter Druck: Die Opposition fordert seinen Rücktritt wegen angeblicher KorruptionBild: Justin Tallis/AFP/Getty Images

Südafrika steckt in einer tiefen Regierungskrise: Staatspräsident Cyril Ramaphosa droht das politische Aus - die Opposition fordert seinen Rücktritt, voraussichtlich am Dienstag könnte das Parlament in einer Sondersitzung ein Amtsenthebungsverfahren einleiten.

Dem ohnehin krisengebeutelten Südafrika stehen wohl unsichere Zeiten bevor; die Landeswährung Rand ging zwischenzeitlich auf Talfahrt. Für die Regierungspartei ANC (Afrikanischer Nationalkongress) kommen die Vorwürfe gegen Ramaphosa zu einem höchst ungünstigen Zeitpunkt: In zwei Wochen kommt sie zum Parteitag zusammen, auf dem er eigentlich als Vorsitzender bestätigt werden und den Weg in Richtung einer zweiten Amtszeit als Präsident ebnen sollte.

Was wird Präsident Cyril Ramaphosa vorgeworfen?

Südafrikas ehemaliger Geheimdienstchef Arthur Fraser hatte Ramaphosa im Juni vorgeworfen, er habe vier Millionen US-Dollar in bar in seinem privaten Landsitz, der luxuriösen Phala-Phala-Wildfarm, versteckt. Nach einem Einbruch habe er die Täter entführen lassen, um sie zur Verschwiegenheit über die Geldvorräte zu verpflichten.

Ramaphosa selbst gab an, ihm seien aus einem Versteck in einem der Sofas 560.000 Dollar entwendet worden. Den Angaben des Präsidenten zufolge handelte es sich um den Verkaufserlös von auf der Farm gezüchteten Büffeln. Er bestritt jegliches Fehlverhalten und wurde nicht wegen einer Straftat angeklagt.

Selbstverteidigung im Parlament: Im Juni gab Ramaphosa an, er habe nichts falsch gemachtBild: Rodger Bosch/AFP

Nun gerät Ramaphosa in Bedrängnis, weil eine vom Parlament eingesetzte Untersuchungskommission zu einem anderen Ergebnis kommt: In ihrem Bericht schreibt die Kommission, man habe genügend Hinweise auf ein Fehlverhalten gefunden, um ein Amtsenthebungsverfahren zu rechtfertigen.

Steht der ANC hinter Ramaphosa?

Ramaphosas politische Zukunft hängt in diesem Moment entscheidend von der Gunst seiner Partei ab - die zumindest keine Anzeichen macht, von ihm abzurücken. Nach einer Krisensitzung am Freitag zitierte die Nachrichtenagentur AFP einen nicht namentlich genannten führenden Vertreter: "Die ANC-Spitze will nicht, dass er geht."

Hochrangige Persönlichkeiten, die als enge Verbündete Ramaphosas angesehen werden, schlossen am Freitag die Reihen um den Präsidenten. Finanzminister Enoch Godongwana forderte Ramaphosa auf, sein Amt weiter auszuüben und alles zu tun, um sich gegen den Bericht des Gremiums zu wehren, einschließlich rechtlicher Schritte. Er versicherte den Finanzmärkten, dass keine Änderung des finanzpolitischen Rahmens bevorstehe und er als Finanzminister bleiben wolle, selbst wenn Ramaphosa zurücktreten sollte.

Südafrikas Finanzminister Enoch Godongwana im Juli mit seiner US-Kollegin Janet YellenBild: Sonny Tumbelaka/AP Photo/picture alliance

Auch Bergbauminister Gwede Mantashe unterstützte Ramaphosa öffentlich: Der Bericht weise "viele Lücken" auf, weshalb Ramaphosa ihn anfechten solle.

Am 16. Dezember steht der Parteitag des ANC ins Haus. Würde Ramaphosa dort als Parteivorsitzender bestätigt, dann stünde auch einer Kandidatur für eine zweite Amtszeit als Staatsoberhaupt ab 2024 nichts im Wege.

Wie gefährlich könnte Ramaphosa ein Amtsenthebungsverfahren werden?

Ramaphosa kann einem möglichen Amtsenthebungsverfahren wohl halbwegs gelassen entgegensehen: In einer ersten Abstimmung im Parlament bräuchte es eine einfache Mehrheit, um ein Verfahren einzuleiten. Für die letztendliche Abwahl wäre eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich.

Doch dazu wird es wohl kaum kommen: Ramaphosas ANC hält selbst ungefähr zwei Drittel der Mandate im südafrikanischen Parlament in Kapstadt.

Bedroht die Krise um Ramaphosa die Machtbasis des ANC?

Die einstige Untergrundorganisation im Kampf gegen das Apartheids-Regime zehrt zumindest im Ausland immer noch vom Glanz ihres einstigen Anführers Nelson Mandela. Der ANC regiert Südafrika seit 1994 ohne Unterbrechung - doch insbesondere unter Präsident Jacob Zuma (2009-2018) wandelte sie sich in den Augen von Kritikern zu einem korrupten Selbstbedienungsladen. Zuma selbst musste wegen massiver Korruptionsvorwürfe das Amt vorzeitig räumen; bis vor einem Monat saß er in Haft, weil er der Vorladung einer Untersuchungskommission zur Aufarbeitung dieser Vorwürfe nicht gefolgt war.

Die einstige Befreiungsbewegung Nelson Mandelas ist in Verruf geraten, der Einfluss des ANC sinkt dramatischBild: TREVOR SAMSON/AFP/Getty Images

Im Präsidentenamt folgte 2018 Cyril Ramaphosa und versprach, mit der grassierenden Korruption aufzuräumen. Der ehemalige Gewerkschaftsvorsitzende bildete nach seiner Wahl das Kabinett um, entfernte einige der korruptesten Minister und versetzte andere Zuma-Getreue auf weniger einflussreiche Posten. Er veranlasste Korruptionsuntersuchungen im Staatsapparat und strukturierte defizitäre Staatskonzerne um; aus Sicht vieler Südafrikaner ist das Problem Korruption jedoch noch lange nicht gelöst.

2023 muss sich Jacob Zuma auch wegen Korruptionsvorwürfen vor Gericht verantworten - ihm drohen 25 Jahre HaftBild: Jerome Delay/AP/picture alliance

Dass nun der als Korruptionsbekämpfer angetretene Ramaphosa selbst in Verruf gerät, könnte das Vertrauen in den ANC weiter erschüttern. Eine im Juli durchgeführte Umfrage der Social Research Foundation legte nahe, dass zuletzt 30-40 Prozent der Wählerstimmen für den ANC auf Ramaphosas Beliebtheit zurückzuführen waren. Dementsprechend könnte ein unrühmlicher Abgang des Präsidenten von der politischen Bühne auch eine größere Veränderung in der politischen Landschaft Südafrikas nach sich ziehen.

Stehen im Falle eines Rücktritts schon mögliche Nachfolger bereit?

Ramaphosas derzeitiger Stellvertreter und automatischer Nachfolger, Vizepräsident David Mabuza, gilt bei politischen Beobachtern nicht als der geeignete Mann für diese Rolle. Es scheint noch unklar, wer in der ANC-Führung - von denen so viele selbst von Korruptionsvorwürfen betroffen sind - die Nachfolge Ramaphosas antreten könnte.

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