1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Zumwinkel-Prozess

Karl Zawadzky26. Januar 2009

Der ehemalige Chef der Deutschen Post, Klaus Zumwinkel ist wegen Steuerhinterziehung zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Damit kommt er mit einem blauen Auge davon, meint Karl Zawadzky.

Themenbild Kommentar
Bild: DW
Karl Zawadzky, Leiter der Wirtschaftsredaktion der Deutschen WelleBild: DW

Der Staat ist an Geld und nicht an vollen Gefängnissen interessiert. Das kommt dem ehemaligen Vorstandschef der Deutschen Post, Klaus Zumwinkel, entgegen. Das Landgericht Bochum hat ihn wegen Steuerhinterziehung zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt, diese Strafe aber gleich zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem wurde Zumwinkel eine Geldstrafe in Höhe von einer Million Euro aufgebrummt. Das bedeutet: Der ehemalige Spitzenmanager kommt mit einem blauen Auge davon. Der Aufenthalt hinter Gefängnisgittern bleibt ihm erspart; die Geldstrafe tut dem Multimillionär nicht weh. Dennoch ist Urteil angemessen, wenn es mit dem Ausgang anderer Verfahren verglichen wird, in denen es um kriminelle Steuersparmodelle im Zusammenhang mit privaten Stiftungen im Steuerparadies Liechtenstein ging. Gleichwohl wird es das Rechtsempfinden vieler Bürger empfindlich stören, die endlich einmal einen hochkarätigen Manager im Gefängnis sehen möchten. Doch die herausragende Stellung in Wirtschaft und Gesellschaft ist kein Grund für ein Urteil, das über das übliche Strafmaß hinausgeht.

Geständnis und Reue

Zumwinkel wurde angerechnet, dass er nach seiner schmachvollen Festnahme – im Morgengrauen und vor laufenden Kameras – gleich in vollem Umfang gestanden und danach sehr schnell mit dem Finanzamt reinen Tisch gemacht hat. Per Blitzüberweisung hat er die hinterzogenen Steuern sowie die Säumniszuschläge an das zuständige Finanzamt überwiesen. Auch vor Gericht hat Zumwinkel ein umfassendes Geständnis abgelegt und Reue gezeigt. Die Steuerhinterziehung bezeichnete er als den größten Fehler seines Lebens; er übernehme dafür die volle Verantwortung. Zumwinkel hatte vor zwanzig Jahren mit 25 Millionen Mark - heute rund zwölf Millionen Euro - eine private Stiftung in der Alpenfestung Liechtenstein gegründet und den Zinsertrag dem heimischen Finanzamt vorenthalten. Gegenstand der juristischen Aufarbeitung war die Steuerhinterziehung zwischen 2002 und 2006 im Umfang von insgesamt knapp einer Million Euro; die Hinterziehung früherer Jahre ist verjährt.

Schlamperei hilft Zumwinkel

Im Fall Zumwinkel sowie in weiteren rund 700 Liechtenstein-Fällen, die noch folgen werden, kommt hinzu, dass ein Pilotverfahren gegen einen Multimillionär aus Bad Homburg bei einer Steuerhinterziehung im Umfang von 7,5 Millionen Euro mit einer Geldbuße in gleicher Höhe sowie mit einer Haftstrafe von zwei Jahren auf Bewährung ausgegangen ist. Da konnte gegen den ehemaligen Postchef nicht härter vorgegangen werden, zumal es bei ihm "nur" um einen Steuerbetrug von weniger als einer Million Euro ging. Schließlich hatte Zumwinkel auch noch Glück, denn die Staatsanwaltschaft Bochum hat einen Termin verschlampt, was dazu führte, dass die Steuerhinterziehung in einem weiteren Jahr unberücksichtigt blieb und somit die Millionengrenze knapp unterschritten wurde. Oberhalb dieser Grenze ist die Aussetzung der Haftstrafe auf Bewährung nicht mehr möglich.

Wichtige Frage bleibt offen

Die Geldbuße von einer Million Euro macht den Multimillionär Klaus Zumwinkel nicht arm. Entscheidend wird für ihn sein, dass ihm ein Aufenthalt hinter schwedischen Gardinen erspart bleibt. Schmerzhaft getroffen hat ihn vor einem Jahr die Abführung vor laufenden Kameras. Ebenso schmerzhaft war der vorzeitige Abgang von der Vorstandsspitze des weltgrößten Logistikkonzerns Deutsche Post, der Verlust zahlreicher Aufsichtsratsmandate und Ehrenämter sowie die gesellschaftliche Ächtung. Zumwinkel akzeptiert die Strafe und verzichtet auf längere juristische Scharmützel. Dabei wäre die Klärung der Frage durchaus von Interesse, ob der Staat über den Auslandsgeheimdienst BND in Liechtenstein gestohlene Daten kaufen und die Hehlerware zur Grundlage eines Strafverfahrens machen darf.