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Musik

Deutschlandjahr in Russland ging zu Ende

13. November 2021

Ein feierliches Konzert mit jungen Musikern aus Deutschland, Russland und Frankreich setzte den Schlussakkord des Deutschlandjahres in Russland. Ein Kraftakt.

Junge Musiker auf der Bühne, Posaunist und Geigerin
Es war ein Konzert mit Hindernissen - doch es hat sich gelohntBild: Kai Bienert

Die Konstellation ist nicht selbsterklärend: Warum wird das Deutschlandjahr in Russland, ausgetragen von Herbst 2020 bis Herbst 2021, mit einem Konzert in Berlin feierlich beendet? Und das mit Musikerinnen und Musikern aus drei Nationen – aus Deutschland und Russland, aber auch Frankreich?

Berlin statt Sankt Petersburg: internationaler Kraftakt der besonderen Art

Die Antwort gibt, wie so einiges in den letzten 20 Monaten, die Pandemie, die gerade die Kulturbranche vor immer neue Herausforderungen stellt. So hätte das Konzert eines Orchesters, bestehend aus jungen Spitzenmusikern dreier europäischer Nationen, deren Beziehungen in den vergangenen Jahrhunderten von gegenseitigen Anfeindungen und Kriegen gekennzeichnet waren, symbolisch in Sankt Petersburg beim IX. Internationalen Kulturforum stattfinden sollen. Das Kulturforum setzt sich zum Ziel, in politisch schwierigen Zeiten wenigstens die kulturelle Anbindung Russlands an andere Nationen aufrechtzuerhalten.

Stilvolle Kulisse: das Konzert 12.11.2021 im Berliner KonzerthausBild: Kai Bienert

Nun ist die aktuelle Pandemielage in Russland derart dramatisch, dass eine Anreise zahlreicher junger Musiker aus dem Ausland nicht gerade vernünftig erschien. So wurde das Konzert von der Neva an die Spree und vom Mariinski-Theater ins Konzerthaus Gendarmenmarkt verlegt. Nur so konnte die geplante Schlussveranstaltung des Deutschlandjahres in Russland "gerettet" werden.

Endlich wieder zusammen spielen

Die Veranstaltung fand unter der Dachmarke des Festivals "Young Euro Classic" statt, das traditionell Jugendorchester der Spitzenklasse nach Berlin bringt. Mit von der Partie waren 60 junge Musikerinnen und Musiker führender Klangkörper der drei Länder: des Orchestre Français des Jeunes, des Jugendorchesters des Staatlichen Sankt Petersburger Konservatoriums "Rimski-Korsakow", das als eines der besten in Russland gilt - und schließlich des deutschen Bundesjugendorchesters (BJO).

Voll bei der Sache: Dirigentin Ariane MatiakhBild: Kai Bienert

Die junge französische Dirigentin Ariane Matiakh führte das "Young Euro Classic Orchester Deutschland-Frankreich-Russland" (so der etwas sperrige Name des eigens für das Projekt entstandenen Klangkörpers) zu strahlenden musikalischen Höhen. Zart und einfühlsam erklang Gabriel Faurés Suite aus "Pelléas et Mélisande", wuchtig und voller junger Begeisterung Beethovens 7. Sinfonie.

Die junge deutsche Stargeigerin Veronika Eberle brillierte als Solistin in Prokofjews 1. Violinkonzert. Der Schauspieler Jens Harzer rezitierte zwischen den Stücken Texte von Fjodor Dostojewski, dessen 200. Jubiläum am 11. November international gefeiert wurde. Wieder einmal regte Fjodor Michailowitsch zum Nachdenken an, etwa mit den Worten aus einer Rede von 1880: "Die Völker Europas wissen gar nicht, wie teuer und wertvoll sie uns Russen sind! In der Zukunft, ich glaube daran, werden wir - das heißt, nicht wir, sondern die zukünftigen russischen Menschen - alle ohne Ausnahme begreifen, dass echte Russen zu sein nichts anderes bedeutet als danach zu streben, die europäischen Widersprüche endgültig zu versöhnen, der europäischen Sehnsucht den Ausweg in der russischen allmenschlichen und allvereinenden Seele zu zeigen."

Deutschlandjahr in Russland: "Trotz Virus zu den Sternen"

Dieses Zitat, mit all der Kritik an dem Grundgedanken, hätte durchaus als eine Art Epigraph des Deutschland-Jahres in Russland (2020-2021) dienen können. In den 1990er und 2000er Jahren waren Kultur-Austauschjahre ein beliebtes Format für zahlreiche deutsch-russische Kulturprojekte. Nach der Phase der politischen Abkühlung und einer achtjährigen Pause wurde das Projekt für die Jahre 2020/21 wiederbelebt – und dann von der Pandemie überschattet.

Veronika Eberle: die VirtuosinBild: Kai Bienert

Dennoch konnten zahlreiche Projekte, maßgeblich entwickelt von den drei Organisatoren – der Deutschen Botschaft Moskau, des Goethe-Instituts Russland und der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer sowie zahlreichen Partnern aus Russland und Deutschland – umgesetzt werden. Dabei hat vor allem die Ausstellung "Träume von Freiheit" Maßstäbe gesetzt. Sie fand in der Moskauer Tretjakow-Galerie und in Dresden statt und führte erstmals Meisterwerke der Romantik aus Deutschland und Russland zusammen. Nicht nur wegen des Titels "Träume von Freiheit" sorgte sie für Aufregung und regte Diskussionen an.

Géza Andreas von Geyr, Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Russland, würdigte in einer Videobotschaft den Einsatz der Projektmacher des Deutschland-Jahres: Es habe sich gezeigt, so Geyr, "dass gerade auch in schwierigen, politischen, pandemischen Zeiten die Menschen sich zugewandt sind und großes Interesse aneinander haben." 

Auch Michail Schwydkoj, Sonderbeauftragter des russischen Präsidenten Putin und aus Moskau zugeschaltet, lobte das Projekt: "Das vergangene Jahr ist – wir wissen das ganz genau – schwierig gewesen. Aus verschiedenen Gründen, aber vor allem wegen der COVID-Pandemie. Trotzdem bleibt Kultur vielleicht der wichtigste Impfstoff gegen jedes Unheil!" Man freue sich auf ein Wiedersehen an der Spree, Neva oder Moskwa – und dann "möglichst live und in Präsenz".

Die DW übertrug das Konzert live, es ist demnächst auf dem Youtube-Kanal "DW Classical" zu sehen.

 

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